Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
eine Handvoll panischer Seeleute beiseite und trippelte über den Bugspriet, um von dort aus auf das dritte Schiff überzusetzen, das weniger beschädigt war als die ersten beiden und wo die Mannschaft im Begriff war, die Schiffskanone auf die rote Dau zu richten, die jetzt nur noch zwanzig Meter entfernt war. Zu seinem Schrecken sah Ezio, wie Piri Befehl gab, Segel zu setzen. Seine Matrosen leisteten der Aufforderung hastig Folge, um aus der Reichweite der Kanone zu kommen.
Ezio hob die Stimme und rief die Bruderschaft um Hilfe an. Als er sich umschaute, sah er, dass eine Anzahl von Assassinen bereits seinem gefährlichen Weg gefolgt war und sich unmittelbar hinter ihm befand, bereit, sich auf den Feind zu stürzen. Sie griffen an, und es entspann sich ein blutiges Gemetzel, dem ein paar Assassinen und sämtliche Matrosen auf dem Blockadeschiff zum Opfer fielen. Auf der roten Dau hatte Piri seinen Männern mit erhobenem Arm das Zeichen zum Einhalten gegeben. Er brüllte zu Ezio herüber, er solle sich beeilen, doch seine Stimme ging im Tumult um die Kanone unter.
Schließlich stand Ezio auf dem Schandeck des Blockadeschiffs. Er benutzte seine Armbrust, um ein Seil zur Dau hinüberzuschießen, das Piri dort befestigte, und dann flog Ezio auch schon über die kabbelige Wasseroberfläche hinweg. Hinter ihm winkten die überlebenden Assassinen zum Abschied, bevor sie sich in die Beiboote der brennenden Schiffe retteten und zum Ufer ruderten.
Ezio grüßte zurück, während er keuchend um Atem rang. Er bewegte seine Gelenke, die etwas steif geworden waren. Dann wurde er auch schon von einer Handvoll von Piris Leuten umringt, die ihn nach Wunden untersuchten und dann zum Ruderhaus geleiteten, wo Piri vor dem nun vollends entfalteten Focksegel stand.
„Ihr habt Euch ganz schön Zeit gelassen“, meinte Piri Reis mit einem breiten Grinsen, das nicht völlig frei von Sorge war.
„Ja. Entschuldigt die Verzögerung!“
Die Männer am Bug holten bereits die Anker ein, und kurz darauf nahm die Dau im Wind Geschwindigkeit auf und fuhr vorsichtig, aber ungehindert an Reihen brennender Blockadeschiffe vorbei. Der Wind, der sie vorantrug, hatte das Seine dazu beigetragen, dass sich das Feuer, das Ezio gelegt hatte, ausbreiten konnte, ebenso wie die Tatsache, dass die Schiffe zu nah beieinander gelegen hatten.
„Ein Glück, dass ich den Wind im Rücken hatte“, sagte Piri. „Aber ich vermute, dass Ihr das von Anfang an bedacht hattet.“
„Natürlich.“ Ezio nickte.
„Nun“, sagte Piri, als die rote Dau auf südlichem Kurs aus dem Horn hinaus und in den Bosporus segelte, „das verspricht eine interessante Reise zu werden.“
TEIL ZWEI
Denn das, was jetzt zu meinen Ohren drang,
War, wie wenn zu Gesängen Orgeln gehen,
Und wir vor ihrem vollen hellen Klang
Die Worte halb verstehn, bald nicht verstehn.
– DANTE , PURGATORIO
58
In Mersin verabschiedete sich Ezio von dem türkischen Admiral. Die Sonne ließ das Meer funkeln.
„Möge Allah Euch schützen, mein Freund!“, sagte der Seefahrer.
„Ich danke Euch, Piri Reis.“
„Ich werde hier auf Eure Rückkehr warten. Aber ich kann nicht ewig bleiben.“
„Ich weiß.“
„Wollt Ihr nicht ein paar meiner Männer mit Euch nehmen?“
„Nein. Es ist am besten, wenn ich allein reise.“
„Dann erlaubt mir wenigstens, Euch ein Pferd zu besorgen. Das beschleunigt Eure Reise und macht sie sicherer.“
„Dafür wäre ich Euch sehr dankbar.“
„Ihr seid ein tapferer Mann, Ezio Auditore, und ein würdiger Nachfolger des großen Mentors Altaïr.“
„Ihr erweist mir zu viel der Ehre.“ Ezio blickte mit starrer Miene landeinwärts. „Wenn ich nicht innerhalb von zwei Mondumläufen zurück bin … “
Piri Reis nickte ernst. „Geht hin mit Eurem Gott“, sagte er, als sie sich zum Abschied die Hand gaben.
Auf die zweiwöchige Reise folgte ein wiederum zweiwöchiger Ritt nach Norden, erst über den Taurus, dann – nach einer Unterbrechung der Reise in Nigde, zwischen dem Taurus und dem Melendizgebirge – weiter nach Norden, durch die niedrigen braunen Hügel nach Derinkuyu, wo sich Ezios Wissen nach Manuel Palaiologos’ Armee sammelte.
In dem kleinen Dorf Nadarim, in Sichtweite der Stadt, die sein Ziel war, unterbrach er seine Reise ein weiteres Mal. Der Schmutz dieses Ortes stand in krassem Gegensatz zu der Schönheit der Landschaft, inmitten derer er lag. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, da die Sonne noch nicht aufgegangen war, und die
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