Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
Schatten.
Altaïr, die Haut wie Papier und seine hagere Gestalt so in seine Kleidung gehüllt, dass nur sein Gesicht und seine langen, blassen Hände zu sehen waren, stand mit zwei kräftigen Venezianern beisammen, die beide Anfang dreißig sein mochten. Der ältere von ihnen trug ein Wappen auf dem Ärmel, einen blauen Schild mit einem gelben Krug darauf, darüber ein einzelner Winkel, über dem sich drei fünfzackige Sterne unter einem silbernen Helm reihten. Ein kleines Stück hinter ihnen stand eine große Zahl von Assassinenkriegern, die sich zum Kampf bereit machten.
Der Mentor berührte den Ärmel des Mannes in einer vertrauten, freundschaftlichen Geste. Seine Bewegungen waren behutsam und präzise, wie es seinem hohen Alter entsprach, aber er ließ nichts von der Schwäche erkennen, die man von einem Einundneunzigjährigen erwarten mochte, zumal von einem, der ein so anstrengendes Leben geführt hatte.
„Niccolò“, sagte Altaïr, „die Familie Polo, Ihr und Euer Bruder hier, habt seit Langem einen Platz in unseren Herzen, mag unsere gemeinsame Zeit auch kurz gewesen sein. Aber ich glaube, dass dieser Kodex, den ich nun in Eure Hände gebe, die vielen Fragen, die Ihr noch habt, beantworten wird.“
Altaïr winkte einem Helfer, der vortrat und ein in Leder gebundenes Buch in Niccolò Polos Hände legte.
„Altaïr“, sagte der Italiener, „dieses Geschenk ist … von unschätzbarem Wert. Grazie! “
Altaïr nickte nur. Der Helfer reichte ihm nun einen kleinen Beutel. „Und“, sagte er, als er sich wieder an den älteren der Brüder wandte, „wohin führt Euch Euer Weg als Nächstes?“
„Maffeo und ich werden für einige Zeit nach Konstantinopel zurückkehren. Wir wollen dort eine Gilde ins Leben rufen, bevor wir wieder nach Venedig gehen.“
Altaïr lächelte. „Euer Sohn Marco wird gespannt auf Eure abenteuerlichen Geschichten sein.“
„Mit drei Jahren ist er noch ein wenig jung für solche Geschichten. Aber ja, eines Tages werde ich sie ihm erzählen.“
Das Eintreffen Darims unterbrach sie. Er stürmte durch das Tor auf sie zu.
„Vater! Eine Vorhut von Hulagus Mongolen ist durchgebrochen! Das Dorf ist in Gefahr!“
„So schnell?“ Altaïr versteifte sich. Als er sich wieder an Niccolò wandte, war sein Ton drängend. „Niccolò, Eure Fracht und Euer Proviant stehen für Euch am Tor des Dorfes bereit. Wir werden Euch dorthin geleiten. Dann müsst Ihr Euch beeilen.“
„Danke, Mentor!“
Altaïr wandte sich an zwei Assassinen, die sich ein wenig von der größeren Gruppe entfernt hatten, die nun vollends bereit war für den bevorstehenden Kampf und bereits losritt.
„Macht die Katapulte bereit“, befahl er, „und wartet auf mein Zeichen!“
Sie verbeugten sich und liefen los, um den Befehl auszuführen.
„Bleibt dicht bei uns!“, wies Altaïr die beiden Brüder an.
„Wir müssen uns sofort auf den Weg ins Dorf machen, Vater“, sagte Darim. „Ich halte es für besser, wenn du bei Niccolò und Maffeo bleibst. Ich werde Euch den Weg frei machen.“
„Gib auf dich acht, Darim. Und behalte die Bliden im Auge.“ Altaïr schaute dorthin, wo die gewaltigen Schleuderkatapulte in Position gebracht wurden.
Darim lächelte. „Treffen sie mich, treffen sie zugleich ein Dutzend Mongolen.“
„Hulagu Khan ist kein Feind, der mit sich spaßen lässt.“
„Wir sind bereit für ihn.“
Altaïr wandte sich an seine Gäste. „Kommt!“
Sie stiegen auf die Pferde, die man für sie bereitgestellt hatte, und ritten im Trab aus der Festung. Draußen wählten sie eine Route, die weiträumig um das Schlachtgeschehen herumführte, das sich auf den Hängen des nahen Vorgebirges entsponnen hatte.
„Werdet Ihr die Vorberge halten können?“, fragte Niccolò, der die Nervosität in seiner Stimme nicht verbergen konnte.
„So lange wie nötig“, versicherte ihm Altaïr ruhig. „Ich beneide Euch um Eure Reise“, fuhr er fort. „Byzanz ist eine herrliche Stadt.“
Niccolò lächelte angespannt, denn ihm war sehr wohl bewusst, in welcher Gefahr sie sich befanden, ganz gleich, wie sehr Altaïr sie herunterspielte. Aber er machte das Spiel mit. „Ich sehe, Ihr bevorzugt den alten Namen. Wart Ihr schon einmal dort?“
„Vor langer Zeit. Als Ihr Venezianer die fränkischen Kreuzfahrer dazu brachtet, Byzanz anstelle von Jerusalem anzugreifen.“
„Konstantinopel war damals Venedigs ärgster Handelsrivale. Das war ein großes Bravourstück.“
„Damit wurde Europa in vielerlei
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