Assungas Liebesnest
rechnete damit, daß er jetzt bereit war und auch nicht danebenschoß.
Nichts tat der Gehängte. Sein Körper hatte sich ausgependelt. Er hing jetzt bewegungslos nach unten wie ein Stock, den jemand an den Ast gebunden hatte.
»Ich schaffe es!« flüsterte Blake. »Ich schaffe es. Ich muß es einfach schaffen!«
Er zielte genau.
Das Herz, nur das Herz!
Sein rechter Zeigefinger lag bereits am Abzug. Er brauchte ihn nur um eine Idee nach hinten zu ziehen. Wieder hatte er den Eindruck, eingefroren zu sein.
Es gab nur noch ihn und den Hängenden.
Dann schoß er!
Der Schuß hörte sich laut an. Lauter als gewöhnlich, wie Blake fand. Er war zu sehr sensibilisiert, deshalb nahmen seine Sinne alles doppelt so scharf wahr.
Auch visuell!
Die Kugel traf. In die rechte Brustseite jagte sie hinein, und sie stieß den Körper zurück, als hätte dieser einen urplötzlichen Fauststoß erhalten.
Der Gehängte pendelte wieder. Zurück, nach vorn, dann wieder zurück und nach vorn.
Der Förster hatte die Waffe sinken lassen. Vergessen war der Druck in seinem Leib, denn die Kugel hatte haargenau dort getroffen, wohin er auch gezielt hatte.
Sie mußte im Herz des Monstrums stecken. Es war geschafft. Blake wartete nur noch auf eine Reaktion der Gestalt. Daß sie noch schlaffer wurde oder ähnliches passierte.
Peter irrte sich. Die Gestalt blieb hängen, und sie hatte sich auch nicht verändert. Zumindest nicht in ihrer Haltung. Dafür passierte etwas anderes. Blake sah es deshalb so gut, weil er sich auf das Gesicht und besonders auf die Mundpartie konzentriert hatte. Die zuckte plötzlich, und er sah, wie sich der Mund zu einem breiten Grinsen verzog. Es war die Reaktion auf die Kugel, die im Körper des Vampirs steckte, aber nichts bewirkt hatte.
Er lacht mich aus! dachte der Förster. Dieser verdammte Unhold lacht mich aus!
Daß er mit geweihtem Silber hätte schießen müssen, wußte er nicht. Er wollte diese Gestalt aber endgültig vernichtet sehen, und der heiße Zorn überschwemmte bei ihm alles.
Er riß sein Gewehr hoch, er packte es am Lauf, der durch den einen Schuß nicht heiß geworden war, und rannte auf den Gehängten zu.
Dann schlug er zu.
Der Gewehrkolben krachte in das Gesicht. Er wollte die Zähne zerschlagen, aus dem Schädel Brei machen, und er dachte dabei auch an seine Familie, die er einem derartigen Grauen nicht aussetzen wollte.
Die Schläge trieben den Körper wieder zurück. Aber er schwang wieder auf Blake zu.
Noch einmal drosch er den Gewehrkolben gegen die Gestalt. Er hörte ein Splittern, was nichts mit dem Holz des Kolbens zu tun hatte. Das war bei dem Vampir passiert.
Plötzlich drehte er sich beim Schwingen. Der Förster starrte jetzt auf den Rücken und drehte fast durch, als er die Stimme des Blutsaugers vernahm. Der Vampir sprach und unterlegte seine Worte sogar noch mit einem kratzigen Lachen.
»Es hat keinen Sinn. So nicht...«
»Hör auf! Hör auf! Ich...«
Etwas warnte den Förster. Von ihm stammten die Geräusche nicht. Außerdem waren sie hinter seinem Rücken aufgeklungen. Er kannte sich aus. Da bewegte sich jemand über das gefrorene Laub des Waldbodens hinweg, und der andere lief auf ihn zu.
Blake fuhr herum.
Er drehte das Gewehr. Die Mündung zeigte wieder nach vorn und genau auf die beiden Männer, die auf ihn zueilten, wobei der eine ein Chinese sein mußte.
»Keinen Schritt weiter, sonst pumpe ich euch mit Blei voll!«
***
Wir hatten nicht gesehen, was passiert war, aber wir hatten beide den Befehl gehört und sahen auch, wie nervös der Mann da vor uns war. Daß hinter ihm eine Gestalt hing, stellten wir nur wie nebenbei fest. Wichtig war der Mann mit der Waffe. Als wir aus dem Lauf heraus stoppten, gerieten wir beide ins Rutschen, fingen uns jedoch und hoben die Hände.
Die Szene hatte etwas Comedyhaftes an sich, doch das war sie beileibe nicht.
Der Mann mit dem Gewehr war überfordert und deshalb auch so nervös. Sein Blick flackerte, das Gesicht war hochrot angelaufen. In seiner grün gehaltenen Kleidung und auch den Stiefeln kam er mir vor wie ein Waldarbeiter oder Förster.
Die Mündung pendelte zwischen Suko und mir hin und her.
Ich sah ihm an, daß er etwas sagen wollte, nur fehlten ihm die richtigen Worte. Statt dessen stieß er die Luft einige Male hart aus.
»Beruhigen Sie sich«, sagte ich mit halblauter Stimme. »Wir sind keine Feinde von Ihnen.«
Er lachte uns schrill an. »Sie gehören zu ihm, wie? Sie gehören zu dem verdammten
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