Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
Pediküre kommen. Die Angestellten eines Wellnesszentrums sind ein bisschen wie die Priester, man kann ihnen während einer Anwendung alles erzählen, es ist wie bei einer Beichte. Sie dürfen es niemandem weitersagen, es ist eine Art emotionales Schutzgebiet, zumindest sollte es das sein. Ich bin versucht, die Fußpflegerin nach ihrer Meinung zu dem Thema zu fragen und abstimmen zu lassen, aber vielleicht sollte ich sie nicht von ihrer aktuellen Tätigkeit, die Hornhaut von meinen Füßen zu entfernen, ablenken.
Idealerweise würde ich Doug die Wahrheit erzählen, und wir würden über die ganze Situation lachen. Aber das Leben ist oft nicht ideal. Jane sagt mir die ganze Zeit, ich solle damit aufhören, vom Leben zu erwarten, dass es eine rosarote Traumwelt ist. Viele Frauen haben Geheimnisse vor ihren Ehemännern, zum Beispiel, wie viel Geld sie im Einkaufszentrum ausgeben, wie ihre Schwangerschaftsstreifen im hellen Licht aussehen und wie ihr letzter Freund im Vergleich zu ihm tatsächlich im Bett war. Sieh dir Nick an. Er hat Cathie als Geheimnis. Das Wahrsagen wird einfach eines der Dinge sein, die Doug und ich nicht teilen. Wir werden diese Fernsehshow machen, und ich werde Doug das Versprechen abnehmen, dass es die Letzte ist. Ich werde ihm sagen, dass ich eine Eingebung hatte, meine Fähigkeiten nicht länger zu nutzen. Es wird so eine dieser »Erinnerst du dich noch«-Geschichten werden, die wir uns erzählen werden, wenn wir alt und grau sind. Wir werden darüber lachen, wenn wir am Feuer sitzen und Tee trinken. Ich muss diese Show einfach als letzte Hürde auf dem Weg zu unserer Verlobungsfeier, der Hochzeit und dem glücklichen Restleben ansehen. Angesichts all dessen, was vorher schon passiert ist, kann das doch nicht so schlimm sein.
Einundvierzig
LÖWE
Es ist anstrengend, das Berufsleben mit dem
Privatleben zu vereinbaren. Wenn man die Prob
leme der Vergangenheit durchkaut, kommt man
nicht weiter. Suchen Sie in der Zukunft nach
mutigen Veränderungen. Eine unerwartete Über
raschung wird heute auftauchen.
Der Fernsehsender befindet sich im Stadtzentrum von Victoria, im obersten Stockwerk eines Gebäudes am Rand des Hafens. Wenn man die Lobby betritt, steht man einer Wand komplett aus Glas gegenüber, die einen Blick auf den gesamten inneren Hafen gewährt. Man kann die Künstler sehen, die Tische auf dem Bürgersteig aufgestellt haben und Gemälde, handgemachten Schmuck und Keramik verkaufen. Dann sind da die üblichen Straßenkünstler, Tänzer, Gitarristen, Geiger und diejenigen, die ich am wenigsten mag: Clowns. Ich hasse Clowns. Es gibt dafür sogar einen Begriff, Coulrophobie, Clownphobie. Ich denke, meine Großmutter ist schuld daran, weil sie einen Clown für meinen sechsten Geburtstag engagiert hatte. Der Typ hat mir Angst gemacht, auf jedem Foto schreie ich. Ich glaube nicht, dass das eine irrationale Angst ist. Ich finde, man sollte Leuten nicht trauen, die sich in zu weiten Kleidern und hinter Schminke verstecken. Was verbergen sie? Dann sind da diese merkwürdigen Luftballontiere. Was sagt es über eine Person aus, wenn sie so viel Zeit damit verbringen will, Latex zu streicheln? Sie müssen ja üben. Bei diesem Quietschgeräusch, das sie machen, während sie deformierte Luftballontiere basteln, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Ich bemühe mich sehr, den Anblick der Clowns draußen nicht als böses Omen zu werten.
Ich sehe aus dem Fenster, während Doug in der Lobby hin und her läuft. Er überprüft immer wieder seine Zähne im Spiegel, für den Fall, dass ein terroristisches Stückchen Spinat über seine sorgfältig gebügelte Polo-Leinenhose und sein weiches, blaues Baumwollhemd gekrochen ist und sich auf seine gebleichten Zähne gelegt hat. Meiner Meinung nach ist er ein bisschen paranoid. Ich hebe mir die Sorgen für die Frage auf, ob ich mich komplett zum Affen machen werde. Es ist wohl ein Fall von unterschiedlichen Prioritäten.
Wir werden nach hinten geschickt, wo eine Maskenbildnerin noch eine Schicht auf mein Gesicht legt und Doug mit einem Schwämmchen braunes Make-up aufträgt. Er sieht wie George Hamilton aus, zu braun und gebügelt.
»Denkst du, sie lassen mich mit der rechten Seite nach vorn sitzen?«
»Was?«
»Ich hoffe, dass sie mich mit der rechten Seite nach vorn sitzen lassen, ich finde, das ist meine Schokoladenseite, du nicht?« Doug dreht sich zu einer Seite und wirbelt dann herum und zeigt mir sein Profil von der anderen Seite.
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