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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Geräusch, wenn die Klimaanlage einsetzt, aber ich höre nicht, daß der Kompressor läuft. Dann merke ich, daß meine Tür offen steht. Und in der Öffnung zeichnet sich als Silhouette eine weibliche Gestalt ab, die zu schlank und dunkel ist, als daß es sich um meine Frau handeln könnte. Die mit einem weißen Nachthemd bekleidete Erscheinung gleitet über den Boden und bleibt neben meinem Bett stehen.
    Erin.
    Ohne Zögern setzt die Schwester meiner Frau sich neben mir auf das Doppelbett und sieht mir in die Augen. Das ist die rücksichtslose Direktheit der Frau, die keine künstlichen Grenzen beachtet und sich benimmt, als sei zwischen unserer Vereinigung in Chicago vor drei Jahren und dem heutigen Tag keine Zeit verstrichen. Ich bin mir deutlich meiner Frau bewußt, die keine zehn Meter entfernt schläft. Bei Erin scheint das nicht der Fall zu sein. Sie drückt ihre linke Seite gegen meinen Körper, um sich mehr Platz zu verschaffen. Ihr Gesicht nimmt in der Dunkelheit langsam Gestalt an, ovale Ebenen aus wie gemeißelt aussehenden Knochen und gebräunter Haut, die Augen einen Ton dunkler als ihr langes, schönes Haar. Sie riecht, wie sie immer gerochen hat, unwiderstehlich weiblich.
    Dann sehe ich im Dunkeln Tränen funkeln. Sie vergräbt das Gesicht in ihre Hände und erstickt ein Schluchzen. Ich will die Arme um sie legen und sie trösten, vertraue mir selbst aber nicht. Nach drei Jahren der selbst auferlegten Schuld sollte ich keinen Drang verspüren, etwas Verrücktes zu tun, aber die Begierde, die mich beim erstenmal in Erins Arme getrieben hatte, hat nichts mit Vernunft zu tun und bleibt weiterhin bestehen.
    »Was ist los?« frage ich leise.
    »Alles fällt auseinander«, sagt sie viel zu laut.
    »Was meinst du?«
    »Es war ein Fehler, Harper. Alles war ein Fehler.«
    »Meinst du dich und mich? Daß du Holly behalten hast? Oder was?«
    Keine Antwort.
    »Hast du Patrick verlassen?«
    Sie sagt nichts. Ich nehme ihre Hände von ihren Augen.
    »Ich habe es versucht«, flüstert sie. »Eine gute Ehefrau zu sein, eine gute Mutter. All das, was ich einmal war, zurückzulassen.«
    Ich drücke ihr Handgelenk und zwinge sie, mir in die Augenzu sehen. »Das ist das Problem, Erin. Du kannst deine Vergangenheit nicht zurücklassen. Das ist reiner Quatsch, den man in Talkshows im Fernsehen verzapft. Ich habe es versucht, man muß mit dem, was auch immer man getan hat, ins reine kommen und dann weitermachen.«
    Ihre Augen weiten sich, und die Blicke bohren sich in meine Seele. »Als ob du damit ins reine gekommen wärst. Du lebst mit derselben Lüge wie ich.«
    Ich schaue beiseite. »Ich weiß. Hör mal ... Kennt Patrick die Hintergründe?«
    Sie hebt die Hände vors Gesicht und schluchzt wieder los.
    »Erin ... ich muß es dir sagen. Er ist draußen. Patrick. Er sitzt da draußen in seinem Jeep.«
    Ihre Hand umfaßt mein Gelenk wie eine Klaue. » Jetzt? Er wartet draußen?«
    Ich nicke. »Und er sieht ziemlich schlecht aus.«
    »O Gott. O ... Gott. «
    Ich richte mich soweit auf, daß ich die Arme um sie legen und ihren zitternden Körper an den meinen ziehen kann. Als ihr nasses Gesicht sich in meine Halsgrube vergräbt, schließen ihre Arme sich um meinen Rücken. Bei mir stellt sich das Gefühl ein, ich würde fallen, aber eher durch die Zeit als durch den Raum, und noch während ich sie festhalte, fühle ich, wie sie sich unter die Decke wühlt und sich an mich drückt. Furcht und Schuld und Erregung durchströmen mich gleichzeitig.«
    »Erin«, flüstere ich. »Erin ...«
    »Psst«, sagt sie, und ihr Gewicht legt sich auf mich, gegen mich, und die Wärme ihrer langen Beine elektrisiert meine Haut. »Ich will, daß alles verschwindet. Laß ihn verschwinden.«
    »Erin ...«
    »Ich hasse es!«
    Ich atme tief ein und versuche, ruhig zu bleiben. Ich habe sie seit Chicago nicht mehr so gehalten, sie nicht mal bei Familientreffen umarmt. Nun, nur ein paar Stunden nachdemich vergeblich versucht habe, Lenz ihre einzigartige Sinnlichkeit zu beschreiben, ist das Flüchtige allzu greifbar geworden. Erin weint leise, das Gesicht noch immer in meiner Halsgrube vergraben. Mit zitternder Hand streichle ich das seidige Haar über ihrem Ohr, wie ich es auch bei einem Kind täte. »Alles wird gut«, murmele ich, obwohl eine straffe Saite der Angst in meiner Brust zu schwingen beginnt.
    Sie schluchzt, und ihre Brust hebt sich mit unregelmäßigen Atemzügen. Unter den Laken ist es bereits so warm, daß ich schwitze. Ich will gerade

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