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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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blitzendem Blaulicht am Straßenrand, aber davon abgesehen wurde sie nirgends aufgehalten, und sie war bald in Finchley.
    Sie hielt an, stellte die Maschine ab und stand auf Zehenspitzen an der Ziegelmauer am Ende der Straße. Das Haus der Mooneys war strahlend hell erleuchtet. Jedes Fenster schien offen zu stehen, und Stimmen und Musik wehten durch die Nacht. Die Musik war so laut, dass Zoë das Gefühl hatte, sie durch die Fußsohlen zu spüren. In der Einfahrt ließ jemand ein Motorrad aufbrüllen. Es wunderte sie, dass die Polizei noch nicht hier war, denn es war ausgeschlossen, dass die Nachbarn sich diesen Lärm gefallen ließen, aber dann sah sie sich nach den stillen Häusern um: Vor dem einen oder anderen brannte eine Kutschenlaterne, überall waren die Tore geschlossen, und sie begriff, dass hier niemand wohnte. Es war eine der Straßen, deren Hauseigentümer in Dubai oder in Hongkong wohnten und eine Londoner Adresse nur unterhielten, um ihre Geschäftsfreunde zu beeindrucken. Womöglich war das Haus der Mooneys das einzige in der Straße, das wirklich bewohnt war. Kein Wunder, dass Jason hier eine Party feierte.
    Vorsichtig stieg sie wieder auf das Motorrad und startete den Motor. Sie fuhr langsam die Straße hinunter, das Gesicht nach vorn, den Blick nach links gewandt. Das Tor vor dem Haus der Mooneys stand offen, und sieben schwere West-Coast-Chopper parkten in der ziegelgepflasterten Einfahrt. Dahinter in der Garage, beleuchtet wie ein Tableau mit einer Weihnachtsszene, standen zwei Männer in ärmellosen T-Shirts, tranken Bier aus der Dose und begutachteten Jasons Harley. Sie hörten nicht auf zu reden, als Zoë vorbeifuhr, aber einer der beiden hob den Kopf und verfolgte sie mit seinen Blicken, bis sie außer Sicht war.
    Sie fuhr hundert Meter weit die Straße hinunter, dann wendete sie die Shovelhead, kam zurück zum Haus und rollte neben die Chopper in die Einfahrt. Sie parkte bei dem Wasserschlauch, der ganz unübersehbar vorn an der Hauswand hing, schwang das Bein über die Maschine und nahm den Helm ab, als sie in die Garage spazierte.
    »Alles klar?«, fragte das größere der beiden T-Shirts. »Du findest dich zurecht?«
    »Denk schon.« Müde fuhr sie sich mit den Fingern durch das Haar und ging an den beiden vorbei. Sie hielten sie nicht auf, und sie ging durch die Tür, durch die sie schon einmal gegangen war, ins Haus. Dort sah alles ganz anders aus. Dominic Mooneys nobles Heim wurde systematisch verschandelt. Auf jedem Möbelstück lagen Ledermonturen und Helme. Die Küche war voll von biertrinkenden Leuten. Mädchen mit Stacheldrahttattoos an den Armen und Stilettoabsätzen unter hautengen Jeans saßen auf den Arbeitsplatten. Jemand trommelte mit Mrs. Mooneys Holzlöffeln den Takt zu einem imaginären Song. Zoë spazierte umher, schaute in die Zimmer und zählte Nasenringe und Augenbrauenpiercings und ölbeschmierte Stiefel auf den hübschen Sofas der Mooneys. Ihre Eltern hatten sie nicht eine einzige Party feiern lassen, nicht nach dem, was sie mit Sally gemacht hatte, und schon gar nicht hatten sie ihr vertrauensvoll das Haus überlassen, wenn sie verreisten.
    Jason fand sie in einem Badezimmer im ersten Stock; er lag vollbekleidet in der Wanne und hatte eine Dose Cider in der einen und ein iPhone in der anderen Hand. Sein Kopf rollte schlaff auf der Schulter, und sein Mund stand offen. Er war völlig betrunken.
    »Hallo, Jason.«
    Seine Augen klappten auf. Er schoss in der Wanne hoch und spritzte Cider überallhin. Als er sah, wer es war, fasste er sich wieder und unternahm einen halbherzigen Versuch, den Cider abzuwischen und sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen. »Hallo«, sagte er mit wackliger Stimme. »Warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Ich musste. Ich hab meine Rohrzange in der Garage vergessen.«
    »Ich weiß. Ich hab sie gefunden.«
    »Ich wusste nicht, ob ich mich hier wieder blicken lassen dürfte.«
    Er sah sie an, als mache sie ihn ratlos. »Was wollten Sie hier? Warum sind Sie in unserem Garten herumgeschlichen?«
    »Ich musste pinkeln, Jason. Darum war ich hinten. Und es tut mir leid.«
    »Okay, okay«, brummte er und bewegte dabei den Mund, als müsse er diese Erklärung probeweise auf der Zunge kosten. Aber er war zu besoffen, um zu begreifen, dass sie das Klo im Haus hätte benutzen können, wo sie sich die Hände gewaschen hatte. Er zuckte die Achseln. »Ja – na ja, ist wohl alles cool, nehm ’ch an.«
    »Aber, Jason, auf die Rosen deiner Mum zu pinkeln

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