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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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verblasst ja wohl zur Bedeutungslosigkeit, wenn man die Leute sieht, die in eurer Küche Bier trinken.«
    Jason starrte zu ihr herauf. »Was machen die denn? Ich hab ihnen gesagt, ein, zwei Bier, und dann ist Schluss.«
    »Ein, zwei Bier … Jason? Weißt du, wie viele Leute da unten sind?«
    »Fünf?«
    »Fünf? Versuch’s mal mit fünfzig.«
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst? Äh, jaaa … ich meine, es ist so ernst, dass du lieber angestrengt über ein Studentenwohnheim nachdenken und dir einen Job suchen solltest, um dein Klugscheißerexamen zu finanzieren. Ich kenne nämlich keine Mummy und keinen Daddy, die eine solche Sauerei nicht scheren würde. Das müssten schon echte Heilige sein. Hast du dich mal unten umgesehen? Hast du die Brandlöcher im Teppich gesehen?«
    »Brandlöcher? Scheiße .« Er kletterte aus der Wanne. »Haben sie die Gästehandtücher genommen?«
    »Die Gästehandtücher sind deine geringste Sorge. Da unten sieht’s aus wie in der Happy Hour im Pub.«
    Jason stand einen Moment lang da, und seine Beine in der engen Jeans vollführten ein panisches Tänzchen. Er war mit Cider durchtränkt. »Ist es so schlimm?« Er legte die Hände ans Gesicht und sah sie an wie die Gestalt auf dem Munch-Gemälde, das man überall sah. Der Schrei . Entsetzt. Wirklich entsetzt. »Was mach ich denn jetzt? Ich hab nicht um Erlaubnis gefragt. Hab ich einfach nicht.«
    »Soll ich sie verjagen? Dass sie in zwanzig verschiedene Richtungen abhauen?«
    »Können Sie das?«
    Sie zuckte die Achseln. »Nur, wenn du es möchtest.«
    »Kann ich hierbleiben? Kann ich die Tür abschließen und hierbleiben?«
    »Wenn du willst?«
    »Dann ja. Machen Sie’s.«
    Zoë zog die Hose hoch, schnallte den Gürtel um ein Loch enger und tastete in ihrer Tasche nach dem Dienstausweis. »Bist du bereit, die Tür zuzumachen?«
    »Ja.«
    »Dann geht’s jetzt los.«
    Der Himmel wusste, Zoë hatte im Laufe ihres Lebens schon genug Wohnungen geräumt, und auf einer Skala von eins bis zehn rangierten die Biker ziemlich niedrig. Sie stoben zwar nicht gerade in alle vier Winde auseinander, die Hände voller Scham vor die Gesichter gelegt, aber sie sprangen doch auch nicht auf, machten sie an und reckten ihr die Mittelfinger entgegen, wie manche Leute es taten. Die Biker waren alte Hasen in solchen Dingen; sie wussten, wie weit der Zirkus gehen durfte und wann sie besser klein beigaben. Als sie also im Haus herumging, den Stecker von Lampen und CD -Playern herauszog, das Haus in Stille tauchte und aus voller Lunge »Polizei!« brüllte, taten sie das Richtige. Sie hoben ihre Helme, Handschuhe und Tabakdosen auf und schlichen sich murrend zur Tür. Sie stand in der Einfahrt und beobachtete sie, sprach höflich mit ihnen und half einem sogar, seinen trägen Chopper in Gang zu bringen.
    Als sie wieder ins Haus kam, saß Jason oben auf der Treppe. Er hatte die nasse Jeans ausgezogen und sich in ein flauschiges weißes Badelaken gewickelt. Mit der Gänsehaut an seinen nackten Beinen und dem Badetuch, das seinen Kopf wie eine spitze Kapuze bedeckte, sah er so elend aus wie ein Flüchtling. Seine Augen waren wie Löcher in seinem Gesicht. Zoë musste sich bremsen, um sich nicht neben ihn zu setzen und ihm einen Arm um die Schultern zu legen.
    »Alles okay?«
    »Sie haben nicht gesagt, dass Sie von der Polizei sind.«
    »Weil ich es auch nicht bin. Ich bin Tierarzthelferin.«
    »Tierarzt…« Er klappte den Mund so schnell zu, dass seine Zähne klapperten, und runzelte die Stirn. »Aber wie haben Sie denen vormachen können, Sie wären …«
    »Ich hab ihnen meinen Führerschein gezeigt und so getan, als wäre es mein Dienstausweis.«
    »Was? Und das haben sie geglaubt?«
    »Yep.« Sie zog ihren Führerschein aus der Brieftasche und wedelte ihn so schnell vor seinem Gesicht hin und her, dass er den Namen nicht lesen konnte. »Du glaubst nicht, auf was die Leute so alles reinfallen. Du musst es nur richtig anstellen.«
    Jason schluckte und legte die Hand an die Schläfen. »O Mann. Das geht alles so schnell.«
    »Ich weiß. Hast du die Sauerei schon gesehen?«
    »Das überleb ich nicht. Was mach ich bloß?«
    »Du wirst jetzt eine Tasse Kaffee trinken. Davon wirst du nicht weniger betrunken, aber vielleicht ein bisschen wacher. Wir werden die Hütte saubermachen.« Sie half ihm die Treppe hinunter und fasste mit einer Hand unter seinen Ellenbogen. Ein oder zwei Mal verlor er das Gleichgewicht und beinahe auch sein Badelaken. Sie erhaschte einen kurzen Blick

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