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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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mit schnellen Schritten über den Rasen zum Haus, schloss die Haustür auf und ging, ohne die Gummistiefel auszuziehen oder das Licht einzuschalten, in die Küche und klappte den Laptop auf. Der Monitor erwachte zum Leben, und all die mittsommerlichen Felder leuchteten grün und kraftvoll. Sie zoomte zurück und zog das Bild nach links und nach Norden, und sie stoppte bei der matten, verschwommenen Linie des Caterpillar gegenüber von Hanging Hill.
    »Da«, hauchte sie und ließ sich auf den Stuhl sinken. »Da.«
    Die Satellitenaufnahme war gegen Ende Juni entstanden, schätzte sie. Ein rosa Dunst von Mohnblüten schwebte über den Feldern. Und mittendrin Lightpil House – ein großer gelber Klecks mit Springbrunnen und Terrassen, die in der Sonne blitzten. Nördlich davon der nahezu dreieckige Keil des Parkplatzes, auf dem David Goldrab gestorben war. Im Süden, unweit der Grundstücksgrenze, halb verborgen hinter turmhohen Pappeln, das Dach eines Cottages.
    Wer immer diese Mitteilung hinterlassen hatte, wusste nichts von Peppercorn Cottage: Man hatte sie bei David gesehen. Sie hatte nicht gedacht, dass jemand sie sehen konnte, als die Sache passierte, allerdings hatte sie nicht an die Gärten der Häuser am oberen Ende der Lightpil Lane gedacht. Der untere Teil des Grundstücks, das zu dem Cottage auf dem Bildschirm gehörte, zog sich an der seitlichen Mauer von Lightpil House entlang und unten löffelförmig herum, umgrenzt von einer niedrigen Hecke. Wenn jemand im richtigen Moment dort gestanden und herübergeschaut hatte …
    Das Telefon in ihrer Tasche klingelte und ließ sie zusammenfahren. Mit zitternden Händen zerrte sie es heraus.
    »Steve. Steve ?«
    »Mein Gott, Sally, was ist denn los, verdammt?«
    »Es ist alles schiefgegangen. Ich hab dir gesagt, es geht schief, und es ist passiert.«
    »Okay, okay, ganz ruhig. Zuallererst – wir sprechen auf einer internationalen Mobilfunkverbindung. Du weißt, was ich damit meine – hörst du es summen?«
    Sie atmete tief durch und starrte immer noch das Dach des Cottages an. »Ja«, sagte sie zittrig und dachte an die riesigen kuppelförmigen Lauschstationen. Cheltenham mit der Zentrale des staatlichen Kommunikationsüberwachungsdienstes war nicht weit entfernt. Wurden Telefongespräche wirklich abgehört? In Steves Job vielleicht schon. »Ich glaube, ich weiß, was du meinst, ja.«
    »Dann erzähl mir sehr sorgfältig, was passiert ist.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe eine Nachricht gefunden, als ich wieder ins Auto kam. Der Lippenstift, an den ich da geraten war – das war eine Nachricht. Sie lautete …« Sally schluckte. »Sie lautete, ich würde damit nicht davonkommen.«
    Am anderen Ende war es lange still, während Steve diese Neuigkeit verdaute. »Okay«, sagte er, und es klang, als wäre er nicht ein paar tausend Meilen weit weg, sondern Millionen. »Okay.«
    »Aber wenn jemand … du weißt schon … etwas gesehen hat, dann nicht hier bei Pepp… – nicht bei mir. Deshalb glaube ich nicht, dass sie wissen, wo ich bin. Es muss bei …« Sie zögerte wieder. »Es muss am ersten Ort gewesen sein. Ich glaube, sie haben mein Auto gesehen – und dann haben sie es bei dir wiedergesehen und die Nachricht auf den Sitz geschrieben. Ich habe bei Google Earth nachgesehen, und ich glaube, ich weiß, wo sie gestanden haben …«
    »Okay. Ich komme sofort zurück. Ich werde den Flughafen gar nicht erst verlassen. Ich mache sofort kehrt und nehme den nächsten Flug zurück. Okay?«
    »Nein«, sagte sie. »Nein, das kannst du nicht.«
    »Doch, das kann ich.«
    »Ja. Aber ich will es nicht.«
    »Sei nicht albern.«
    »Ich mein’s ernst. Ich komme schon klar.«
    »Na, du kannst sagen, was du willst. Ich komme zurück.«
    »Nein.« Jetzt klang ihre Stimme so fest, dass Steve verstummte. »Ich muss das wirklich, wirklich allein schaffen. Und, Steve, bitte fang nicht noch einmal davon an.«

24
    Jetzt, nach Mitternacht, war die Luft kälter, und die Straßen waren fast leer. Als sie auf den Überführungen im Westen nach London hineinglitt, war es fast, als schwebe sie auf einem fliegenden Teppich über einer verzauberten Stadt. Alle Gebäude waren erleuchtet wie Paläste. Auf der rechten Seite wölbte sich The Ark, das prägnante Bürohochhaus, über die Straße, und zur Linken erhob sich die blau gekachelte Zwiebelkuppel einer Moschee. In Paddington musste sie einen einspurigen Stau hinter sich bringen; zwei Polizeiwagen standen mit

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