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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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deiner Hintertür.«
    Zoë saß am Tisch vor den Fotos von Lornes Obduktion und rieb sich gedankenverloren den schmerzenden Kiefer, als Ben voll bekleidet ins Wohnzimmer kam und sich die Manschetten am Hemd zuknöpfte. Sie hatte nicht gehört, wie er aufgestanden oder die Treppe heruntergekommen war. Obwohl er weniger als fünf Stunden geschlafen hatte, sah er makellos aus. Er legte die Stirn an die Glastür und spähte hinunter zu den Katzen. »Die fressen.«
    Zoë packte die Fotos in ihre Kuriertasche und stellte sie neben die Haustür. Sie schaltete den Wasserkocher ein. »Kaffee?«
    »Du hast sie gefüttert«, stellte er verwundert fest. »Sie haben Schälchen da draußen.«
    »Und?«
    »Das ist lieb von dir.«
    »Das ist nicht lieb , Ben. Ich bin nicht lieb zu ihnen. Ich füttere sie, damit sie nicht die ganze Nachbarschaft wecken. Jetzt lass uns deswegen mal keine Preisverleihung veranstalten, ja?«
    Er drehte sich um und sah sie lange an, als habe sie ihn enttäuscht und als sei sie allein dafür verantwortlich, den Spaß und das Licht aus seinem Leben vertrieben zu haben. Sie schüttelte den Kopf, halb wütend auf sich selbst. Als sie gestern Abend ins Bett gekommen war, hatte er schon geschlafen. Oder er hatte sich schlafend gestellt – das hatte sie nicht erkennen können. Aber das Gespräch über Kinder hatte etwas Dünnes, Kaltes, Tückisches aus der Dunkelheit hereinkommen und lautlos zwischen sie gleiten lassen. Das wusste sie, das wusste er. Sie machte Kaffee, klapperte herum, löffelte Instantkörner in zwei Becher und goss ein bisschen Milch dazu.
    »Hier«, sagte sie und reichte ihm einen Becher. »Möchtest du noch etwas anderes?«
    Ben schwieg eine Zeitlang. Er schaute den Kaffeebecher an, dann sie.
    »Was?«, fragte sie. »Was ist los?«
    »Zoë, ich hab nachgedacht …«
    O Gott . Beklommen setzte sie sich an den Tisch. Jetzt geht’s los . »Nachgedacht? Worüber?«
    Er schwieg eine Weile. Wollte etwas sagen, tat es dann doch nicht.
    »Was ist denn, Ben? Spuck’s schon aus – worüber hast du nachgedacht?«
    Aus seinen Augen verschwand das Glänzen. Er zuckte die Achseln und wandte sich zum Fenster. »Über das Telefongespräch.«
    »Das Telefongespräch ? Welches Telefongespräch?«
    »Das Lorne mit Alice geführt hat. Es enthält etwas Wichtiges. Etwas, das nicht herausgekommen ist, als Lorne vermisst gemeldet worden ist.«
    Zoë rührte sich nicht. Er war ausgewichen. Er hatte sich davor gedrückt, es zu sagen, was immer »es« sein mochte. Sie stand auf, kippte ihren Kaffee in die Spüle und wühlte ihren Autoschlüssel aus der Tasche. »Ich nehme heute den Wagen«, sagte sie. »Soll ich dich in die Stadt mitnehmen, oder fährst du selbst?«

13
    Der Police Superintendent von Bath war Ende fünfzig. Er hatte lockiges blondes Haar, das er sehr kurz hielt, und eine Haut, die leicht verbrannte. Er hatte das Leben als Polizist in der Schusswaffenabteilung begonnen, war dann zur Kriminalpolizei gegangen und bereute den Wechsel bis auf den heutigen Tag. Er trug immer noch das blaugelbe Abzeichen der National Rifle Association an seinem Revers, hatte eine ganze Wand voll Fotos von sich selbst auf dem Schießstand und schien jedes einzelne Mitglied des Teams für den größten Fehler seines Lebens verantwortlich zu machen. An diesem Morgen sah er aus, als wäre er viel lieber draußen im Club, um dort einem »vorrückenden Hunnen« die Rübe wegzuballern, statt bei der größten Mordfallermittlung, die es in dieser Stadt seit Jahren gegeben hatte, auf der Kommandobrücke zu stehen.
    »Das ist ein scheußliches, scheußliches Verbrechen. Sehr, sehr ernst. Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen – Sie haben alle die Obduktionsfotos gesehen. Aber ich möchte Sie ermahnen, einen klaren Kopf zu behalten. Es gibt vieles zu bedenken. Die meisten von Ihnen kennen die Details, aber lassen Sie uns trotzdem die einzelnen Punkte nochmals zusammenfassen, damit nichts übersehen wird.« Er hob seinen Kaffeebecher und deutete damit auf die Punkte, die er auf dem Whiteboard umrissen hatte. »Also: Lorne, ein beliebtes Mädchen, sehr hübsch, wie Sie sehen können. Ein großer Freundeskreis, obwohl bis jetzt noch niemand etwas von einem festen Freund erwähnt hat. Als Erstes möchte ich die Liste der Gegenstände durchgehen, die für die Suchteams wichtig sind. Kleinigkeiten hier und da, aber hauptsächlich Gegenstände aus Lornes persönlichem Besitz, die abhandengekommen sind.«
    Er zeigte auf das Foto, auf dem

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