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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Lornes blutiges linkes Ohr zu sehen war. Der Mörder hatte ihr den Ohrring herausgerissen, und das Ohrläppchen war von der Mitte bis zum unteren Rand aufgeschlitzt. Ein Foto des anderen Ohrs zeigte, dass der Ohrring dort intakt war. »Nummer eins: ein Ohrring. Ziemlich ungewöhnliches Design. Anscheinend hat ihr Vater ihn in Tanger für sie gekauft. Sehen Sie diese Filigranarbeit? Also …« Er nickte zu den Corporals hinüber, die hinten im Raum standen, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie kamen teils vom Revier in Bath, teils von der Major Crimes Investigation Unit, der Abteilung für Schwerverbrechen. »Sorgen Sie dafür, dass der Ohrring auf die Suchliste kommt.«
    Zoë stand weit vorn und hatte die Hände in den Taschen ihrer schwarzen Jeans. Ihre Zunge war schwer vom Wein des vergangenen Abends, ihre Muskeln zuckten von all dem Kaffee, den sie getrunken hatte, um den Tag per Kickstart in Gang zu bringen, und ihr Kiefer tat noch weh von dem Tennisball, den sie sich in den Mund geschoben hatte. Ben lehnte mit verschränkten Armen neben ihr am Schreibtisch. Auf der Fahrt zum Dienst blieb sie normalerweise auf ihrem Bike direkt hinter seinem Wagen und schlängelte sich dann im dichten Verkehr an ihm vorbei. Heute hatte sie Abstand gehalten; nicht nur, weil sie das Auto genommen, sondern auch weil sie das Gefühl hatte, plötzlich kein Recht mehr auf Spaß und Spiele und kleine Flirts zu haben.
    »Ihr Telefon ist verschwunden. Abgeschaltet. Aber es beruhigt mich zu wissen, dass die Telefonieüberwachung ein Auge darauf hat. Stimmt’s?«
    Der Sergeant, der im Team für die Netzdatenauswertung verantwortlich war, nickte. »Vodafone ist ein prima Netz«, sagte er. »Das einzige in Großbritannien, in dem man eine Zellenstandortanalyse in Echtzeit machen kann. Sobald er das Telefon einschaltet, haben sie es.«
    »Bloß«, sagte der Superintendent, »sind die Chancen, dass er es tut, gleich null, wenn wir realistisch sind. Wahrscheinlicher ist, dass er es weggeworfen hat. Ich hoffe also, es ist bei den Suchteam-Briefings erwähnt worden. Es handelt sich um ein iPhone in Weiß.«
    Er stellte seinen Becher hin und nahm eine pinkfarbene Fleeceweste. Er schob den Finger durch den Aufhänger und ließ das Teil vor den Polizisten baumeln. »Ihre Mum schwört Stein und Bein, dass sie so etwas getragen hat, als sie das Haus verließ. Es war nicht bei den Sachen, die wir am Tatort gefunden haben; also machen Sie für die Suchteams ein Sternchen. Und als Letztes ist da die Plane, die Sie auf den Fotos gesehen haben. Wir haben die Bootseigentümer da unten abgeklappert, und sie sagen alle das Gleiche. So etwas gehört zur Standardausrüstung der Kähne; sie decken damit Holz und Kohle ab und was weiß ich. Aber niemand vermisst so eine Plane. Auf dem Kanalabschnitt gibt es viele Boote, die über Nacht da festmachen, ganz formlos, weil man für die ersten vierundzwanzig Stunden nichts bezahlen muss. Sprechen Sie mit allen Bootshäusern, und jemand soll auch mit British Waterways sprechen und nachfragen, ob der Gewässerwart jemanden gesehen hat, der über Nacht dort gelegen hat. Jemand soll Fotos der Plane verteilen – und von der Fleece-Weste. Lassen Sie entweder von der Asservatenkammer noch ein Foto von dem Ohrring machen oder bearbeiten Sie das hier mit Photoshop, damit das tote Ohr nicht mehr dranhängt, und dann geben Sie es der Presseabteilung, damit die Medien es bekommen. Ben? Zoë? Kann ich Ihnen beiden die Entscheidung überlassen, wie das alles am besten aufzuteilen ist?«
    Zoë nickte. Ben streckte den Daumen hoch.
    »Gut. Dann …« Der Superintendent rieb sich die Hände, als habe er noch ein unerwartetes Bonbon auf Lager. »Wie Sie sehen, haben wir einiges zu tun und so manchen routinemäßigen Weg zu gehen. Aber ich möchte noch etwas in Ihre Pipeline einleiten. Wir haben heute einen Gast.«
    Alle Augen im Raum richteten sich automatisch auf die junge Frau, die während der ganzen Besprechung geduldig in der Ecke gesessen hatte. Mit ihrem langen, gepflegten dunklen Haar wirkte sie adrett und ruhig; sie trug eine weiße Bluse und eine sehr enge flaschengrüne Hose zu hochhackigen Sandalen, die unter den Säumen hervorschauten. Ihre Haut hatte eine leichte Sonnenbräune, und ihre Nägel waren lackiert und sauber manikürt. Zoë hatte schon bemerkt, dass viele Männer sie anschauten.
    »Das ist Debbie Harry. Nicht verwandt, wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, mit der anderen Debbie Harry, der von Blondie

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