Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill
zehn an, und keine zwanzig Minuten später fiel das Licht seiner Scheinwerfer durch das Küchenfenster herein und strich an der Wand hinauf. Auf dem Tisch vor ihr lag ein Haufen Papiere: Hypothekenauszüge, Strom- und Wasserrechnungen, ihre Lohnstreifen und die Kostenvoranschläge für alles, was am Haus repariert werden musste. Sie hatte während der letzten Stunde darüber gebrütet und eine Möglichkeit gesucht, irgendwo noch viertausend Pfund lockerzumachen. Jetzt raffte sie sie hastig zusammen und schob sie hinter ein paar Bücher, bevor er in der Tür stand. Er trug knielange Chino-Shorts, Sandalen und ein verblichenes T-Shirt mit ein paar Regentropfen auf den Schultern. Er war unrasiert und sah müde aus.
»Hey«, flüsterte er und schloss die Tür. »Alles okay, meine Schöne?«
Sally winkte ihn weiter. »Schon gut, sie schläft. Wenn sie einmal weg ist, schläft sie wie ein Stein.«
Er warf seinen Schlüssel auf den Tisch. »Und? Was ist los?«
Sie ging zum Kühlschrank und nahm die Flasche Wein heraus, die sie am Abend zuvor aufgemacht hatten. »Entschuldige, aber ich glaube, ich brauche etwas zu trinken.« Sie goss ein Glas für ihn und eins für sich ein und stellte sie auf den Tisch. Dann saß sie mit hängenden Schultern da und starrte in ihren Wein.
»Was ist denn?«
»Nichts. Ich brauchte nur ein freundliches Gesicht.«
»Da steckt doch mehr dahinter.«
Sie trank einen Schluck Wein.
»Na los. Was drückt dich?«
»Entschuldige, ich bin nur – es war ein schlechter Tag. Mit Millie, und bei der Arbeit.« Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Warum ging das immer so weiter? Wie konnte sie immer wieder so dumm sein? Die ganze Zeit. Wirklich die ganze Zeit. Es wurde einfach nicht besser. »Das Haus bricht um mich herum zusammen, Steve. Das Fallrohr hinten ist abgebrochen, und überall ist Feuchtigkeit. Das Rieddach verrottet, ich habe Ratten in der Decke, und sie haben die Rigipsplatten durchgenagt. Am Montag habe ich in der Waschküche Eichhörnchenkacke gefunden. Es würde mich zehntausend Pfund kosten, das alles in Ordnung zu bringen – und ich? Ich blöde Nuss? Ich weiß nicht mal, wie ich diesen Monat die Gemeindesteuer aufbringen soll. Und dann … heute …«
»Heute?«
Sie ließ die Hände vom Gesicht sinken und sah ihn ernsthaft an. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
»Komisch – das hat noch nie jemand von mir verlangt.«
Sie lächelte kläglich. »Im Ernst. Es geht um Millie. Ich hab ihr versprochen, nichts zu erzählen, aber ich kann nicht anders. Es ist so bizarr … ich kann es nicht für mich behalten. Ich muss darüber reden.«
Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Na los. Ich höre.«
»Sie … sie hat Geld gebraucht. Sie wusste, dass sie nicht zu mir kommen konnte, und sie ist zu jemandem gegangen, zu dem sie nicht hätte gehen sollen. Zu jemandem, der das Geld jetzt zurückhaben will. Und er gehört nicht zu den Leuten, mit denen ich umgehen kann. Er ist ein Drogenhändler.«
»O Gott.«
»Ich weiß. Ich bin ja so blöd .« Sie klopfte sich mit den Fingerknöcheln an die Stirn und wünschte, sie könnte die dumpfe, verschlafene Masse dahinter aufwecken. »Ich krieg einfach nie was mit. Ich habe nichts davon kommen sehen, so wie ich meine Scheidung nicht habe kommen sehen, und wenn ich mich über Wasser halten will, muss ich für einen Kriminellen arbeiten. Der ist ein Flegel, und du sagst, er ist gefährlich, aber mir bleibt nichts anderes übrig, weil meine Tochter immer noch meint, sie könnte leben wie alle ihre reichen Freundinnen, und deshalb alle möglichen dummen Entscheidungen trifft, und jetzt bin ich …«
»Hey hey hey.« Steve langte über den Tisch und nahm ihre Hand. » Hey . Langsam. Wir finden einen Weg. Ich meine – willst du, dass ich mit diesem Typen rede? Weißt du, wie man ihn erreicht?«
»Das geht nicht. Wenn du das tust, wird Millie es erfahren, und ich habe ihr versprochen, kein Wort weiterzuerzählen. Außerdem – der Himmel weiß, was er mit ihr macht, wenn er glaubt, er kriegt sein Geld nicht. Ich habe darüber nachgedacht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zurückzuzahlen, was er ihr geliehen hat.«
»Dann leihe ich dir das Geld. Ich musste bei meiner Scheidung zwar ziemlich bluten, das weißt du ja, aber ich kann das Geld auftreiben. Das ist kein Problem.«
Sie biss sich auf die Lippe und hob den Kopf. Sein offenes Gesicht, sein geradliniges Lächeln erschien ihr wie ein sanfter, freundlicher Abhang, den
Weitere Kostenlose Bücher