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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Peppercorn. Ich gebe dir hundert, aber das ist alles.«
    Aus Melissas Kehle kam ein leiser Laut des Abscheus.
    »Ist das okay, Melissa?«
    »Wunderbar«, sagte sie mit hoher, angespannter Stimme. »Absolut fabelhaft.«
    Julian stand auf und ging hinaus, und einen Augenblick später hörte man ihn in seinem Arbeitszimmer am anderen Ende des Korridors. Sally und Melissa waren allein im Zimmer. Melissa atmete geräuschvoll ein und aus, als wolle sie sich beruhigen, aber irgendwann konnte sie sich anscheinend nicht mehr beherrschen. Ihr Kopf fuhr herum.
    »Du hast gesagt, du würdest um nichts mehr bitten. Du hast Julian versprochen, um nichts mehr zu bitten. Er hat dir das Haus bezahlt, und dazu musste er eine gewaltige Hypothek auf dieses Haus aufnehmen. Und er hat Millies Schuldgeld für die nächsten drei Jahre bezahlt. Für drei Jahre. Das konnte er sich nicht leisten, aber er hat es trotzdem getan.«
    Sally antwortete nicht. Auf dem Weg zum Haus hatte sie mehrere leere Bollinger-Flaschen im Recycling-Container gesehen. Als sie mit Julian zusammen gewesen war, hatte er nur zu besonderen Gelegenheiten Champagner getrunken, auf keinen Fall jeden Abend. Und die beige Strickjacke, die Melissa trug, kostete dreihundert Pfund. Sie hatte sie Anfang der Woche bei Square im Schaufenster gesehen. Er hatte immer noch eine Wohnung auf Madeira, die er vermietete, und ein Cottage in Devon.
    »Ich meine, macht ihr denn die Schule überhaupt Spaß? Sind ihre Leistungen gut? Das hoffe ich natürlich, denn es wäre eine ziemliche Geldverschwendung, wenn es nicht so wäre. Ich bezweifle sehr, dass Julian in der Lage sein wird, zwei Kindern eine Privatschulausbildung zu ermöglichen. In Anbetracht dessen, was Millie kostet, hat Adelayde wahrscheinlich keine Chance.« Melissa sah aus, als werde sie jeden Moment anfangen zu weinen. »Deshalb hoffe ich um Julians willen sehr, dass das eine Kind, für das er all das aufbringt, auch erfolgreich ist.«
    Sally stand auf und ging zur Tür.
    »Droh uns nicht, Sally.«
    Sie drehte sich um. Melissa war aufgestanden, und in ihrem Blick lag blanker Hass. »Sei nicht bösartig. Das ist nicht nötig, denn so bösartig du auch bist, ich kann noch bösartiger werden.«
    Sally öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und klappte ihn wieder zu. Wortlos ging sie hinaus in den Flur, schloss die Tür hinter sich und blieb neben dem kostbaren Kinderwagen stehen. Nervös spielte sie mit ihrem Autoschlüssel. Einen Augenblick später kam Julian aus seinem Arbeitszimmer. Er hielt einen Scheck und ein bedrucktes Blatt in der Hand. Auf dem Blatt stand schlicht: »Ich bestätige den Empfang von einhundert Pfund von Mr. J. Cassidy.«
    »Unterschreib das, bitte.«
    Sie unterschrieb, ohne ihm in die Augen zu sehen. »Danke«, sagte sie leise. Sie nahm den Scheck, der in einem weißen Umschlag von erstklassiger Papierqualität steckte, und wandte sich zur Tür.
    »Sally?«
    Sie blieb mit einer Hand auf dem Türknauf stehen.
    »Bitte …« Julian kam sehr nah heran und flüsterte, damit Melissa ihn nicht hören konnte. »Bitte, sagst du Millie, dass ich sie liebhabe? Ja?«

20
    Zoë saß im Garten ihres Reihenhauses, die eine Hand auf dem Knie, und die andere hielt sie gewölbt den streunenden Katzen hin, die scheu an den Katzenkeksen knabberten. Drinnen brannte Licht, und die Vorhänge waren offen. Sie gab ein trauriges Bild ab, wie eine Illustration mit dem Titel: »Die einsame alte Jungfer mit ihren Katzen, den einzigen Gefährten, die sie hat …« Als sie nach der Besprechung zu Ben ins Büro gekommen war, hatte er am Schreibtisch gesessen und war damit beschäftigt gewesen, seine Notizen ins Reine zu schreiben. Sie wollte über das Meeting reden und ihm vielleicht von den Fotos erzählen. Aber sie hatte die Diskussionen satt, und sie hatte ihre einsame Position in der anderen Ecke des Rings satt. Also sagte sie nur: »Ich glaube, ich mache jetzt Feierabend. Sehen wir uns bei mir?«
    Erst nach einer kurzen Pause hatte er aufgeblickt. Er sah ein bisschen abgespannt aus. »Tut mir leid, Zoë. Ich muss hier wirklich fertig werden.«
    Nachher hatte sie sich gefragt, warum es ihr etwas ausmachte. Es war ja nicht so, als verbrächten sie jede Nacht zusammen. Es kümmerte sie nicht. Es kümmerte sie wirklich nicht. Trotzdem hatte sie, als sie zu ihrem leeren Haus zurückkam, halb gehofft, er werde wie durch Zauberei vor der Tür stehen. Aber das hatte er nicht getan. Sie war den Weg hinaufgestapft und hatte die Tür

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