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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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eingesetzt werden. Das bedeutet: Jedes Jahr werden siebentausend neue Kamele benötigt. Die muß jemand züchten; Leute wie ich etwa, aber üblicherweise eher Leute wie Hamiada. Damit gehen aus dem Salzhandel von Bilma jedes Jahr drei Millionen Dollar an die Züchter. Und Bilma ist nicht der einzige Salzproduzent. Da gibt es noch Taoudenni in der Westsahara, das Timbuktu und das ganze Gebiet des Nigerbogens versorgt – mit einem Handelsvolumen, das viel größer als das von Bilma ist.« Er sah wieder zu mir hinauf. »Es ist verboten, Salz auf Lastwagen zu transportieren. Das würde das traditionelle Wirtschaftssystem ruinieren und die Struktur der Wüstenstämme zerstören.«
    »Das seh ich irgendwie ein«, sagte ich. »Das Humanitäre gegen das Wirtschaftliche.« Vernünftig war es schon, aber ob man das einem hartköpfigen Geschäftsmann aus der Londoner City beibringen könnte, wagte ich doch zu bezweifeln.
    »Schau«, sagte Byrne. »Der Kaouar.«
    In der blaudunstigen Ferne, quer über den Horizont gestreckt, war ein Gebirgswall mehr zu erahnen als zu sehen. »Bilma?«
    »Bilma«, sagte er zufrieden.
    Einen halben Tag später sollte ich Flecken von Grün vor die Augen bekommen, die erste Spur von Vegetation seit Fachi. Und bald konnte ich auch einzelne Dattelpalmen ausmachen. Byrne eilte an die Karawanenspitze, um sich mit Mokhtar zu besprechen, dann wartete er mich ab. »Wir gehen nicht mit nach Bilma hinein«, sagte er. »Kann sein, daß Kissack da ist. Wir müssen vorsichtig sein. Wir trennen uns an den Salzwerken von Kalala von der Karawane.«
    Kalala entpuppte sich als eine Ebene mit Haufen aufgeworfener Erde – die Salzwerke. Die Ebene war voll von Menschen und Kamelen, hier lagerten mehrere Karawanen. Von unseren Kamelen wurde alles abgeladen, und Byrne machte mich auf die Sehenswürdigkeiten aufmerksam. Er wies auf eine Gruppe von Männern, die um Mokhtar standen. »Tuareg aus der Air, die wahrscheinlich morgen heimgehen, allem Anschein nach schon reisefertig.« Er wies in eine andere Richtung. »Diese Burschen dort sind Kanuri aus dem Tschad. Salz ist in Afrika das Wichtigste. Salzmangel macht Tiere krank. Die Kanuri aus dem Tschad sind Viehzüchter, also brauchen sie Salz. Das gleiche gilt für die Haussa aus der Gegend von Kano in Nigerien.«
    »Wie lange läuft das schon so?«
    »Was weiß ich! Tausend Jahre – vielleicht länger. Du bleibst hier, Max. Paß auf, daß Paul sich nicht verläuft. Ich gehe morgen nach Bilma und versuche, mir einen Wagen zu borgen, damit ich mir meinen Toyota aus der Wüste holen kann. Außerdem hör ich mich mal nach Kissack um.«
    »Paß auf dich auf.«
    »Ich bin nur ein Targui wie tausend andere«, sagte er. »Der Schleier ist sehr nützlich.«
    Er ging, ich nahm mir Billson, dann schauten wir uns die Salzwerke an. Billson hatte sich gemacht. Im allgemeinen wird ein Kamelritt nicht als Erholungskur angesehen, aber mit einer Dünenwanderung gegen den Strich verglichen, ist es ein Genuß. Mokhtar hatte eine Salbe beschafft, von der auch Byrne viel hielt, und Pauls Wunde verheilte nun schnell.
    Paul war nun auch bei bester Laune, und für einen Mann, der sich normalerweise in schmollendes Schweigen hüllt, gab er sich ziemlich geschwätzig. Vielleicht lag es an der Wüste.
    Die Salzpfannen kamen mir vor wie aus einem der weniger bekömmlichen Kapitel aus Dantes Inferno. Aus Schächten wurde die salzhaltige Erde ausgegraben und auf Pfannen geschaufelt, wo sich dann, wenn das Wasser unter der heißen Sonne verdunstete, das Salz absetzte. Dieses unreine Salz wurde nun mühsam abgekratzt und in Formen zu Säulen von etwa einem Meter Höhe gepreßt.
    Paul sagte plötzlich: »Jetzt begreif ich auch den Bibelspruch über Lots Weib, die zur Salzsäule wurde – bis jetzt konnte ich mir unter einer Salzsäule nie etwas vorstellen.«
    Ich dachte an die Karawanenpisten, die die Sahara durchzogen, und fragte mich, ob Salz aus Bilma auch ins alte Israel gelangt sein konnte; das war unwahrscheinlich, denn das Tote Meer ist ja salzhaltiger als alle anderen Gewässer, aber die Gewinnungsmethode war wahrscheinlich die gleiche. Und sehr alt.
    Wir gingen zu unserer Karawane zurück und ruhten uns aus. Auch die Kamele ruhten sich aus; manche hatten sich, nachdem sie nun abgeladen waren, flach auf die Seite gelegt. Das hatte ich noch nie bei Kamelen gesehen. Ich schaute mir das gerade an, als Mokhtar vorbeikam. Er dachte angestrengt nach, dann fand er das Wort, das er suchte:

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