Atemlos - Toedliches Erbe
Herz. Selbst in diesem schlechten Licht. »Überprüf noch mal den Standort des Kerls, bevor du unter die Dusche gehst.« Er klang selbst in seinen Ohren gereizt.
Er war machtlos dagegen. Sein Körper erinnerte sich an jede Einzelheit. Obwohl ihm sein Verstand sagte, dass sie Gift für ihn war, fühlte er sich wie eine Motte in ihr Licht gezogen.
»Er rührt sich nicht von der Stelle«, teilte sie ihm entschlossen mit, hob ihre Umhängetasche auf und stellte den Koffer in ihrer anderen Hand auf dem kleinen Nachttisch ab; auf – wie sie vor langer Zeit entschieden hatten – ihrer Seite des Bettes. Offenbar war er nicht der Einzige mit einem motorischen Gedächtnis. »Ich werd mich beeilen.« Damit ging sie ins Bad und schloss sich darin ein. Die Tür ließ sich nicht ganz schließen, sodass ein schmaler Streifen helleren Lichts ins Zimmer fiel. Der ihm einen aufreizenden Blick auf Dakota gewährte.
Die sich soeben auszog.
Das Wasser wurde angestellt. Rand setzte sich auf das Fußende des Betts und rief Ham an. Das Klingeln am anderen Ende nahm kein Ende. Rand runzelte die Stirn. Ham hatte einen Vorsprung von mehreren Stunden. Eigentlich müsste er jetzt irgendwo in Paris sein und seinen Anruf erwarten.
Da sein Assistent Cole die verschiedenen Teams koordinierte, rief er ihn an, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Leicht verärgert lauschte er auf das Freizeichen. Seit mehreren Stunden hatte sich keiner seiner Leute mehr gemeldet. Nicht, dass er deswegen übermäßig besorgt gewesen wäre. Vermutlich hieß es nichts weiter, als dass es nichts Neues zu berichten gab.
Was ihn allerdings besorgte, war, dass Cole nicht, wie sonst üblich, gleich beim ersten Klingeln ans Telefon ging. Mit gerunzelter Stirn erhob sich Rand und trat ans Fenster, schob den Vorhang leicht zur Seite und sah hinaus. Coles Handy klickte, sprang aber nicht auf die Mailbox um, sondern unterbrach nur unvermittelt die Verbindung.
Was zum Teufel war da los?
Er presste sich den Nasenrücken. Es gab logische Gründe, weshalb sein Assistent nicht ans Telefon ging. Bevor er auf DEFCON 5 zurückgriff, musste er alles Offensichtliche ausschließen: eine schlechte Verbindung, fehlerhafte Geräte. Nicht zu erreichen.
Allerdings wusste Cole, wie er ihn trotz dieser Einschränkungen erreichen konnte.
Es sei denn, er war tot.
Verdammtescheißenochmal.
Seit Stunden schon hatte er die warnenden Vorzeichen in seiner Magengegend gespürt, er hatte es jedoch auf das Offensichtliche zurückgeführt. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Nacheinander tippte er die Nummern jedes seiner Teamleiter ein. Alle Telefone läuteten, schalteten dann abrupt um auf kein Signal.
Würde Ham auftauchen? Oder war auch er aus dem Rennen?
Nach allem, was er wusste, war Rand auf sich selbst gestellt.
Scheiße auch.
Aus dem Badezimmer hörte er es plätschern. Nein, ganz allein war er nicht. Sie war eine zusätzliche Bürde, und er würde bald eine Entscheidung treffen müssen, wie er mit ihr umzugehen gedachte.
Die Scheinwerfer und Rücklichter des Verkehrs unten auf der Straße durchbrachen das tiefe Blau des frühen Morgens, dessen Farben weich und gedeckt wirkten. Der Tag schien noch voller Möglichkeiten zu sein – allerdings wirkte keine davon im Augenblick sonderlich verheißungsvoll.
In dem Moment, als sie die Eingangshalle betreten hatten, war ihm klar geworden, dass Dakota ihre gemeinsame Vergangenheit noch intensiv in Erinnerung war. Der Schmerz und Verlust darüber war ihren peridotfarbenen Augen nur zu deutlich anzusehen, die Traurigkeit, die sie verströmte, mit den Händen greifbar. Oder aber er übertrug nur seine eigenen Gefühle auf sie, dachte Rand voller Selbstverachtung.
Er strich sich über sein stoppeliges Kinn.
Irgendetwas war da, das er übersah, er wollte jedoch verdammt sein, wenn er es hätte benennen sollen. Die Hälfte seiner Leute war abgetaucht, und er verstand einfach nicht, was Dakota tatsächlich bewog, sich an diese Geschichte dranzuhängen wie eine Fliege an den Honigtopf.
Seine Leute würden wieder auftauchen. Oder auch nicht. Vorübergehend war ihm die Kontrolle abhandengekommen. Wenn er das alles einfach unbesehen hinnahm, würde er zwangsläufig anfangen, Dinge zu bezweifeln, die er noch vor einer Woche für so unabänderlich gehalten hatte wie das Amen in der Kirche. Jetzt war er gar nicht mehr so sicher, dass alles stimmte, was man ihn über Dakota hatte glauben machen wollen.
Er hatte ihr nie die
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