Atevi 1 - Fremdling
kehrte ihm den Rücken zu und machte deutlich, daß sie nicht mit ihm zu sprechen wünschte. Er hütete sich vor jedem weiteren Wort, zumal nicht nur sie, sondern auch alle anderen sehr gereizt wirkten.
Der Mann, der sich um Banichi kümmerte, schien zu wissen, was er tat; vielleicht war er Arzt oder Sanitäter. Tabini hatte stets einen Arzt in seiner Nähe, und bestimmt würde auch die Aiji-Mutter auf ständige medizinische Betreuung Wert legen, bedachte man ihre waghalsigen Ausritte, ganz zu schweigen von den riskanten politischen Manövern.
»Der Stiefel bleibt dran«, sagte Banichi zur Antwort auf den Vorschlag, das Leder aufzuschneiden. »Der stützt das Gelenk, und damit kann ich wenigstens…«
Der Mann hatte mit den Fingern zugedrückt, worauf Banichi vor Schmerzen den Kopf zurückwarf und zwischen zusammengebissenen Zähnen zischend Luft abließ.
»Entschuldigung«, sagte der Mann; und zu einem der Gardisten neben ihm gewandt: »Ich brauche zwei oder drei geeignete Holzschienen.«
Mit schmatzenden Schritten im tiefen Boden näherte sich ein weiterer Mann. Jago ging neben Banichi in die Hocke und hauchte Wärme in die klammen Hände. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen behagte Banichi wenig. Er legte sich rücklings auf den Stein, starrte nach oben und ignorierte alles um sich herum. Der Boden war kühl, und leider hatte die Umsicht der Diener nicht gereicht, um Decken oder Zelte mit einzupacken.
Auf ihren Stock gestützt und von Cenedi begleitet, hinkte Ilisidi herbei. Auch sie wollte wissen, ob der Fuß gebrochen sei. Banichi richtete sich auf und erklärte, daß er, als der Wagen in die Luft geflogen sei, einen Schlag aufs Bein verspürt und sich dann beim Wegspringen den Fuß umgeknickt habe.
»Können Sie auftreten?« fragte Cenedi.
»Im Notfall«, antwortete Banichi, was keinerlei Aufschluß über die Schwere der Verletzung gab. Bren glaubte erkennen zu können, daß der Knöchel gebrochen war; der Fuß schien verdreht zu sein. »Aber lieber nicht. Oder was haben Sie vor?«
»Das wäre jetzt zu klären. Uns bleiben zwei, bestenfalls drei Fluchtwege offen.« Cenedi legte eine Pause ein, um den Donner abklingen zu lassen. »Wigairiin hat ein kleines Flugfeld. Um davon abzulenken, haben wir ein Boot auf den See hinausgeschickt mit Kurs auf Südwest. Wir sind aber nicht mehr im Zeitplan. Die Rebellen in Maidingi werden inzwischen kapiert haben, daß wir uns ihnen nicht anschließen. Und daß wir mit Wigairiin verbündet sind, haben sie mit Sicherheit nicht vergessen.«
».Das liegt im Norden, oder?« erkundigte sich Banichi.
»Im Nordwesten. Jenseits der Hügel da hinten. Es ist allerdings damit zu rechnen, daß die Rebellen das Flugfeld einzunehmen versuchen.«
»Dann hätten sie’s sich auch mit Wigairiin verscherzt«, sagte Ilisidi. »So dumm können sie eigentlich gar nicht sein. Und daß wir ihnen unsere Unterstützung aufgekündigt haben, kann ihnen erst wirklich klar geworden sein, als wir zum Stalltor hinausgeritten sind.«
»Wie dem auch sei, das Flugfeld aus der Luft anzugreifen, wäre ziemlich kostspielig«, meinte Cenedi.
»Vielleicht sind Landtruppen in Marsch gesetzt worden, und zwar ehe Malguris Weigerung feststand.«
»Kann sein«, sagte Cenedi. »Aber kommen wir zu den anderen Optionen. Wir könnten über die Grenze zur Provinz von Fagioni; die ist nicht weit. Falls aber Wigairiin fallen sollte, wären wir da auch nicht sicher. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, ins Reservat zu fliehen. Da ist weit und breit nur Wildnis, jede Menge Wild. Aber wenig Deckung.«
»Und da würden sie uns mit ihren Bomben mächtig einheizen«, sagte Ilisidi.
»Auf dem Weg könnten wir uns gleich geschlagen geben.« Banichi ächzte vor Schmerzen, als er sich weiter aufzurichten und mit dem Ellbogen abzustützen versuchte. »Fagioni ist ans Eisenbahnnetz angeschlossen und schnell zu erreichen, auch bei schlechtestem Wetter. Die Rebellen könnten mit schweren Truppen in kürzester Zeit zur Stelle sein, wenn sie’s nicht schon sind, jetzt, da die Fronten geklärt sind. Und sie wissen inzwischen längst, daß wir nicht den Seeweg genommen haben.«
»Dann also auf nach Wigairiin«, schlug Cenedi vor.
»Oder nach Süden«, sagte Banichi. »Nach Maidingi.«
»Das wäre Selbstmord. Wir sind nur zu zwölft. Die hätten uns dort im Handumdrehen erledigt. Ich bin für Wigairiin. Dem Wetterbericht nach wird das Unwetter bis zur Dunkelheit andauern. Solange sind wir geschützt. Wir
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