Atevi 2 - Eroberer
Doch Bren hatte noch nie davon gehört, daß versucht worden wäre, kosmologisches Wissen einem breiteren Publikum verständlich zu machen.
Klar. Atevi hatten einen ausgeprägten Sinn für das Naheliegende, für überschaubare Systeme. Aber es war schon zuviel für sie, den Planeten in seiner Ganzheit zu begreifen, und selbst ihr Wort für Universum bezeichnete vornehmlich die unmittelbare Sphäre des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Hauptsache, das individuelle Umfeld stimmte; alles weitere interessierte kaum. Den Philosophen blieb es überlassen, einen theoretischen Überbau zu konstruieren, der alle Einzelphänomene sinnvoll, das heißt widerspruchsfrei zu integrieren vermochte.
Die eher pragmatisch gesinnte Mehrheit der Atevi – und dazu zählten auch Banichi und Tabini – kümmerten sich um solche Fragen allenfalls am Rande, nicht grundsätzlich, sondern höchstens unter dem Aspekt möglicher politischer oder persönlicher Konsequenzen. Darüber aufgeklärt zu werden, daß die Sonne ein Stern ist, konnte Banichi kaum erschüttern. Um den Schlaf wäre er deshalb sicherlich nicht gebracht.
Ganz anders aber diejenigen, die sich – wie Lord Geigi – als Hüter eines kohärenten Weltbildes und der althergebrachten Weisheiten verstanden. Sie würden Alarm schlagen und damit auch die Menge derer aufschrecken, die sich in ihren Geschäften für viel Geld von Numerologen beraten ließen. Sagte man denen nun, daß ihre Investitionen schlecht angelegt seien, würden sie gewiß ein lautes Geschrei anstimmen.
Das war jedenfalls zu befürchten. Brens Vorgänger hatten es – wahrscheinlich aus zaghafter Zurückhaltung – bislang versäumt, Untersuchungen darüber anzustellen, wie die atevische Öffentlichkeit auf astronomische und kosmologische Informationen reagierte. Jedenfalls war zu erwarten, daß sie gänzlich anders reagieren würde als die Menschen, deren Geschichte aufs engste mit den Sternen verknüpft war. Es wäre nur einer von unzähligen Unterschieden, über die ein Paidhi stolperte und Berichte erstattete, Berichte, mit deren Hilfe Mospheira die Einführung neuer Technologien planen konnte.
Normalerweise waren solche Unterschiede nicht allzu brisant. Normalerweise hielten sich die eingeleiteten Veränderungen in Grenzen. Normalerweise hatten technologische Innovationen einen Vorlauf von zehn bis fünfzehn Jahren.
Aber jetzt schien alles, was bislang unberücksichtigt geblieben war, von heute auf morgen nachgeholt werden zu müssen.
»Vielen Dank für Ihren Rat, Banichi. Ich werde mich daran halten. Um so wichtiger ist es, der Einladung des Professors zu folgen.«
»Der Einladung seiner Assistenten. Ich fürchte, der Professor interessiert sich nur für Sterne. Oder Sonnen, wie auch immer. Wenn ich heute nacht in den Himmel schaue, wird mir bestimmt mulmig bei dem Gedanken daran, daß dort überall fremde Lebewesen herumwimmeln könnten.«
»Wenn ich richtig informiert bin, sind bewohnte Planeten die Ausnahme.«
»Das hoffe ich, Bren-ji. Denn noch mehr Geschenke aus dem All würde unsereins wohl kaum verkraften.«
Tano berichtete telefonisch: »Ich habe ein Büro gefunden, Nadi Bren. Das Personal wäre auch schon soweit zusammengestellt: siebenundzwanzig diskrete, erfahrene Schreibkräfte, die sich in ihrem Man’chi zu Tabini-Aiji bekennen. Als Büroleiter empfehle ich einen pensionierten Beamten, der sich glücklich schätzt, wieder für das Bu-javid arbeiten zu können; er kommt aus Magisiri und heißt Dasibi. Ich habe allen erklärt, daß die Arbeit befristet ist und nach Tarif vergütet wird, und der liegt bei sechstausend im Jahr, zuzüglich der Sonderleistungen für Krankenvorsorge, Wohn- und Fahrkosten sowie Rentenzuschüsse von insgesamt neuneinhalbtausend. Nadi Dasibi würde sechstausend mehr bekommen.«
Fünfzehneinhalbtausend pro Jahr für siebenundzwanzig Personen. Und einundzwanzigeinhalbtausend für den Leiter. Lohnkosten. Dazu die Anschaffungskosten für Faxe, Telefone, Computer…
»Das ist viel zu viel«, sagte Bren. »Ich hatte mit einem oder zwei Assistenten gerechnet, die ich aus eigener Tasche bezahlen könnte. Meine Regierung wird diese Mittel bestimmt nicht bereitstellen. Eher würde sie mich erschießen.«
»Es ist noch nichts festgemacht, nand’ Paidhi. Aber wir könnten bei der Verwaltung die nötigen Gelder locker machen. Ich bin sicher, der Aiji würde sich persönlich dafür starkmachen.«
»Wahrscheinlich.« Das Büro vom Bu-javid finanzieren zu lassen war
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