Atevi 3 - Erbe
Algini hielten sich im Bereitschaftszimmer auf.
Damit war Bren nun allein mit Banichi und Jago, und, o ja, er freute sich sehr über ihren Besuch. Banichi gab ihm ein Gefühl vollkommener Sicherheit; und Jago – sonst immer so proper und förmlich – vergaß, wenn sie mit ihm sprach, alle protokollarischen Regeln und versuchte alles mögliche mindestens einmal, sogar den intimen Austausch mit einen Menschen. Dazu war es allerdings noch nicht gekommen; es hafte sich nie eine passende Gelegenheit ergeben. Doch es könnte passieren, und das vergaß er nicht.
Ihm schien es, als wären sie nie getrennt gewesen; sofort fanden sie zum gewohnten Umgang miteinander zurück. Dabei hatten sie tatsächlich nur die fünf kritischen Wochen vor Jasons Landung zusammen verbracht, eine Zeit, die für Bren dennoch von entscheidender Bedeutung für sein Leben auf dem Festland gewesen war. Dann waren die beiden wieder verschwunden, im Auftrag unterwegs, wie man ihm gesagt hatte, worüber er sehr traurig gewesen war. Als ihre Vertretung hatte man ihm Tano und Algini an die Seite gestellt, wunderbare Personen, aber eben nicht diejenigen, die er am meisten… Liebte.
Er hatte sich klarmachen müssen: Banichi und Jago waren dem Aiji zu wertvoll, als daß er sie dem Paidhi überließ. Er durfte sich überaus glücklich schätzen, Tano und Algini zu haben, die er auch… Sehr gern hatte.
Vielleicht waren sie nur kurz zu Besuch, vielleicht nur vorübergehend zu seinem Schutz bestellt worden. Vielleicht mußten sie bald wieder abreisen. Er wagte es nicht, sie danach zu fragen. Dabei drängte es ihn dazu, so wie es ihn dazu drängte, Tabini zu fragen, ob es nicht möglich wäre, daß sie ständig bei ihm blieben, was ihm dann aber so unbescheiden vorkam wie die Bitte, mit Reichtümern überhäuft zu werden, und Tabini würde ihn wahrscheinlich zurechtstutzen, weil er davon ausgehen müßte, daß seinem Paidhi in jüngster Zeit irgendwas zu Kopf gestiegen sei.
Sie saßen im Salon beieinander und tranken Shibei. Durch die sperrangelweit geöffneten Fenster wehte kühle Frühlingsluft, und gleichzeitig bullerte der Ofen – eine Extravaganz und Vergeudung von Ressourcen, die bei Bren nach wie vor ungute Gefühle auslösten. Früher hätte er dagegen protestiert und dem Aiji Meldung gemacht.
Aber es gab so vieles, womit er sich nie würde einverstanden erklären können.
»Darf ich fragen, wo Sie gewesen sind?«
»Man darf fragen, nand’ Paidhi, aber wir sagen’s nicht«, entgegnete Jago. »Wir dürfen es nicht sagen.«
Daran, daß sie einmal drauf und dran gewesen waren, miteinander ins Bett zu gehen, hatte er im vergangenen Halbjahr nicht selten denken müssen, vor allem in den vielen Stunden langer W’internächte. Und dann war sie in seiner Vorstellung immer nahe bei ihm gewesen.
Hatte er sie mit seiner Frage nun brüskiert oder zum Lachen gebracht. Letzteres hielt er für wahrscheinlicher, und er riskierte einen direkten Blick, um sich zu vergewissern.
Eine Rückmeldung blieb aus. Atevische Reserviertheit, sagte er sich. Gildendisziplin und – sie war eben ein Ateva.
Das zu vergessen konnte großen Ärger heraufbeschwören.
Vielleicht war sie gar nicht mehr interessiert. Vielleicht hatte sie mittlerweile ein neues Hobby.
»Man hört«, sagte Banichi, »daß Jason-Paidhi eine unglückliche Nachricht erhalten hat, und dann noch aus den falschen Kanälen.«
»So ist es«, bestätigte Bren. Banichi verstand es meisterlich, Probleme auf den Punkt zu bringen. Bren konzentrierte allen Verstand, der ihm zu so später Stunde noch zu Gebote stand, verwarf alle Fragen zu Jagos Reaktion und versuchte, so präzise wie möglich zu sein: »Dreierlei macht mir Sorgen; erstens, seine Gefühle als Mensch, zweitens, seine Isolation, und drittens, die atevischen Erwartungen, wie er sich denn nun verhalten mag. Ich habe Tano und Algini gefragt, wie ein Ateva normalerweise auf den Verlust eines Familienmitgliedes reagiert, und die Antwort schien mir nicht allzuweit entfernt von dem, was Menschen in solchen Fällen bewegt.« Er ließ diese Wort für einen kurzen Moment im Geiste widerhallen, rechnete nach, erinnerte sich und fügte – revidierend und unter dem für ihn schon merklichen Einfluß von Shibei – hinzu: »Viertens, wundert mich der in mancher Hinsicht recht geringe Unterschied zwischen Mospheiranern und den Menschen an Bord des Schiffes. Und schließlich und glücklich fünftens: Was alles zusätzlich kompliziert, sind Jasons
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