Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
Wrackteilen und zwischen den Felsen aufgespannten Folien. Kaum einer hatte sich große Mühe gegeben, denn nach wie vor gingen die Frauen und Männer davon aus, dass sie diesem ungemütlichen Planeten in absehbarer Zeit den Rücken kehren und an Bord eines Rettungsschiffs zur Erde zurückfliegen würden. Die ersten begannen bereits zu ahnen, dass diese Hoffnung eine ebensolche bleiben würde, und Adrian fürchtete sich vor dem Zeitpunkt, an dem auch der große Rest seiner Mannschaft die bittere Wahrheit nicht mehr länger würde ignorieren können.
Elvia daHuck hatte ihn kommen sehen und ging ihm die letzten Meter entgegen. Sie sah abgezehrt aus; die fleckige Kombination war ihr mindestens zwei Nummern zu groß.
»Wo warst du?«, fragte sie mit unüberhörbarem Vorwurf.
»Ich habe mich umgesehen«, gab er zur Antwort. »Ich wusste nicht, dass ich mich dazu bei dir abmelden muss.«
Noch bevor er den letzten Satz zu Ende gesprochen hatte, bedauerte er ihn. Elvia war diejenige gewesen, die ihn in den vergangenen vier Wochen ohne jeden Vorbehalt unterstützt hatte.
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er eingestehen, dass er es ohne sie wahrscheinlich nicht geschafft hätte. Von allen Menschen auf diesem verfluchten Planeten verdiente sie es am wenigsten, dass er sie auf diese Weise abkanzelte.
»Es tut mir leid«, sagte er leise und rieb sich die pochenden Schläfen. »Ich bin ein Idiot, aber das weißt du ja längst.«
»Allerdings«, erwiderte die Pilotin und lächelte kraftlos. Sie ging auf ihn zu und nahm ihn in die Arme. Adrian schloss die Augen und für einen kurzen Moment war die erdrückende Last auf seinen Schultern verschwunden. Er strich über die nassen Haare der Frau, über ihren schlanken Hals und den sanft nach innen gekrümmten Rücken. Sie fühlte sich so furchtbar zerbrechlich an.
»Der Generator arbeitet nur noch mit zwanzig Prozent seiner ursprünglichen Leistung«, verkündete Elvia, als sie sich voneinander gelöst hatten.
»Ich fürchte, er wird spätestens in ein paar Stunden endgültig versagen. Ich habe zwei Gruppen auf die Suche nach Feuerholz geschickt. Ohne den Generator dürfte es eine verdammt kalte Nacht werden.«
»Hat Thuram inzwischen etwas entdeckt?«, wollte Adrian wissen. Es war eine rein rhetorische Frage. Thuram Rydberg versuchte seit dem ersten Tag ihrer Havarie herauszufinden, warum nach und nach sämtliche technischen Geräte ausgefallen waren. Ob Energiewaffen oder mobile Stromerzeuger, ob Handlampen oder Heizstrahler, selbst die robust ausgelegten Mikromeiler der Raumanzüge hatten ihre Arbeit nach einigen Tagen eingestellt.
Das Phänomen faszinierte den terranischen Cheftechniker ebenso, wie es seine Geduld auf eine harte Probe stellte. Es war keineswegs so, dass die Technik ihre Arbeit von einem Moment auf den anderen einfach einstellte. Es verlief vielmehr als schleichender Prozess.
»Physikalisch ist die Sache einfach zu erklären«, wurde Thuram Rydberg nicht müde zu versichern. »Irgendetwas erhöht den elektrischen Widerstand. Es wird immer mehr Energie benötigt, um die gleiche Leistung zu erzielen. Mit einer geeigneten Messausrüstung hätte ich die entsprechende Ursache vermutlich in kürzester Zeit identifiziert, aber die steht mir nun einmal nicht zur Verfügung.«
»Es hat keinen Sinn, sich etwas vorzumachen, Ad«, sagte Elvia daHuck. »Wenn Terra nach uns suchen würde, hätte man uns längst gefunden und spätestens in ein paar Tagen sind unsere Energievorräte endgültig aufgebraucht. Die Nahrungskonzentrate gehen ebenfalls zur Neige und es sind kaum noch Medikamente übrig. Das einzige, das wir im Überfluss haben, ist Wasser. Du musst eine Entscheidung treffen, und du musst es tun, so lange die Frauen und Männer den körperlichen Strapazen noch gewachsen sind!«
Adrian Deubtar nickte und betrachtete dabei das schmale Gesicht der Pilotin. Der Regen lief ihr aus den Haaren und über die Wangen. Es sah aus, als ob sie weinte und vielleicht tat sie das ja auch.
»Du hast recht«, seufzte er. »Gib bitte bekannt, dass ich in zwei Stunden eine wichtige Ankündigung machen werde. Es sollen sich alle versammeln. Ich …«
Er unterbrach sich und versuchte, den Kloß in seinem Hals hinunter zu schlucken. Möglicherweise hatte er das Unvermeidliche schon viel zu lange hinausgezögert, aber wer wollte ihm das verdenken? Was er seinen Leuten in zwei Stunden verkünden musste, kam für viele einem Todesurteil gleich. Der einzige Grund, warum sie
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