Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
zusätzliche Felsbröckchen zu lösen, die er zu den anderen in die Brusttasche steckte, doch der Wurm kehrte nicht zurück. Um ehrlich zu sein, hatte der Funkoffizier auch nicht unbedingt damit gerechnet.
Ein tiefes Brummen unter ihm machte ihm schlagartig bewusst, dass er in seiner Begeisterung über seine Entdeckungen die Zeit vergessen hatte. Wie lange hielt er sich bereits an der Quelle auf? Erst jetzt hörte er das Rufen von Malinka Odonobe und William Palin. Die beiden Männer waren regelrecht außer sich, sprangen auf und ab und winkten wie von Sinnen.
Ein Zischen, gefolgt von einer mächtigen Dampfwolke, trieb Darko auf die Beine. Der Geysir konnte jeden Moment eruptieren, und der Hobbygeologe wusste sehr genau, was das für ihn bedeutete. Er hatte mehr als einen Bericht über Unfälle in Verbindung mit heißen Quellen gelesen, und keiner davon war besonders appetitlich gewesen. Schwere Verbrühungen waren dabei noch die harmloseren Folgen gewesen. Die aufgeheizte Luft konnte Lungen und Schleimhäute irreparabel schädigen; zudem produzierten einige Geysire giftige Gase.
Darko kam genau zwei Schritte weit. Der glitschige Untergrund schien auf einmal Wellen zu schlagen. Er rutschte aus und stürzte zu Boden. Der Hammer, den er bis dahin in der Hand gehalten hatte, entglitt ihm und schlitterte davon.
Auf allen Vieren krabbelte Darko weiter. Panik hatte die Kontrolle übernommen. Den Vorzeichen nach stand diesmal ein ganz besonders heftiger Ausbruch bevor. Er schalt sich selbst einen Narren. Wie hatte er nur so unvorsichtig sein können? Unvorsichtig und dumm! Schon in der Grundausbildung zum Dienst in der Explorerflotte bekam man eingehämmert, dass Besonnenheit und das Abwägen von Risiken zu den wichtigsten Eigenschaften eines guten Forschers gehörten. Er hatte diese Grundsätze sträflich missachtet.
Die Eruption war so stark, dass sie ein weiteres Beben auslöste. Darko schrie, doch das Brausen der aus dem Kanal schießenden Wassersäule übertönte jedes andere Geräusch. Der Funkoffizier versuchte auf die Beine zu kommen, doch er rutschte immer wieder aus. Das Atmen wurde zur Qual. Er glaubte gleichzeitig zu ertrinken und zu ersticken. Die Kombination klebte nass und heiß an seinem Körper.
Irgendwann spürte er eine Berührung an den Armen. Er schlug und trat um sich, begriff nicht, was geschah. Jemand gab ihm zwei kräftige Ohrfeigen, doch erst als aus dem Grau um ihn herum das dunkle Gesicht Malinka Odonobes auftauchte, beruhigte sich Darko. Die Lippen Odonobes bewegten sich, ohne dass der Ortungsoffizier verstehen konnte, was dieser sagte. In seinen Ohren klang immer noch das furchtbare Zischen und Rauschen des Geysirs.
»Bist du okay?« William Palins Stimme war nur ein schwaches Murmeln.
Darko Loevej nickte. Die Erleichterung erfasste ihn mit solcher Macht, dass er nicht anders konnte, als in hysterisches Gelächter auszubrechen. Die verdatterten Gesichter von Odonobe und Palin taten das übrige. Der Hobbygeologe lachte, bis er völlig außer Atem war. Einige Minuten später war alles vorbei. Darko war gerade noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen und schwor sich bei allem, was ihm heilig war, nie wieder derart fahrlässig zu handeln.
»Danke«, sagte er an Odonobe und Palin gewandt. »Ihr habt etwas gut bei mir.«
»Schon okay«, winkte Malinka ab. »Aber was hast du da drüben eigentlich so lange getrieben?«
»Steine geklopft«, antwortete Darko und dachte an seinen verlorenen Hammer. Im Moment verspürte er wenig Lust, nach ihm zu suchen.
»Ich bin auf ein ungewöhnliches Mineral gestoßen«, sagte er und griff in seine Brusttasche, um die gesammelten Proben herauszuholen. »Natürlich kann ich ohne vernünftige Analyse nicht sicher sein, aber es scheint sich um eine Art …«
Er brach mitten im Satz ab. Sprachlos starrte er auf das, was da in seiner rechten Handfläche lag. Seine beiden Begleiter waren herangetreten und taten es ihm gleich.
»Was hast du?« wollte William Palin wissen. »Für mich sieht das aus wie ein ganz gewöhnlicher Stein.«
Darko Loevej schwieg. Wie hätte er den Männern seine Bestürzung auch erklären sollen? Er wusste ja selber nicht, was hier passiert war. Vor nicht weniger als zehn Minuten hatte er mindestens fünf oder sechs erbsengroße Stücke des rötlich schimmernden Minerals in seine Tasche gesteckt. Das, was da nun jedoch auf seiner Handfläche lag, war ein einzelner, massiver und walnussgroßer Brocken.
Kapitel 8
2. Mai
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