Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
Minuten.
Unter anderen Umständen hätte Darko Wochen auf der Ebene verbringen können. Sie erinnerte ihn an das obere Geysirbecken im Yellowstone Nationalpark auf der Erde, das er als Kind oft mit seinem Vater besucht hatte. Dort konzentrierten sich rund ein Viertel aller auf Terra bekannten heißen Quellen, unter anderem Old Faithful , einer, wenn nicht gar der bekannteste irdische Geysir überhaupt. Seine Ausbrüche konnten bis zu fünf Minuten andauern. In dieser Zeit schleuderte er mehrere zehntausend Liter Wasser bis zu 55 Meter in die Höhe. Für einen kleinen Jungen war das ein beeindruckendes Schauspiel, doch auch später, als Erwachsener, hatte Darko manchmal stundenlang vor der mächtigen Fontäne gestanden und sich an ihrer Erhabenheit erfreut.
Normalerweise erloschen Geysire früher oder später. Die ständige Aktivität weitete den Eruptionskanal so lange, bis der von unten wirkende Druck irgendwann nicht mehr ausreichte, um einen Ausbruch auszulösen. Im Falle von Old Faithful hatte der Mensch mit moderner Technik eingegriffen. Bereits im Jahr 2341 war sein 11 Meter tiefer und im Durchschnitt neunzehn Zentimeter durchmessender Kanal mit einer hauchdünnen Stahlplastschicht ausgegossen worden, um weiterer Ausdehnung und Erosion vorzubeugen. 2411 hatte man schließlich zwei positronisch gesteuerte Antigravprojektoren installiert, um Höhe und Dichte der Fontäne sowie die Ausbruchsintervalle regulieren zu können.
Darko schüttelte die Erinnerungen ab und konzentrierte sich wieder auf das, was vor ihm lag. Schon auf hundert Meter Entfernung spürte er den feinen Nebel aus Wassertröpfchen, den der Wind ihm entgegenwehte. Er schaute kurz über die Schulter. Odonobe und Palin waren zurückgeblieben, was ihm ganz recht war. Er wäre ohnehin am liebsten allein losgezogen, doch Adrian hatte aus Sicherheitsgründen auf eine Begleitung bestanden.
Nach Darkos Schätzung musste der nächste Ausbruch unmittelbar bevorstehen. Danach würde er sich der Quelle relativ gefahrlos nähern können. Er blieb stehen und lauschte aufmerksam. Manchmal, wenn die Magmakammer nicht zu tief lag, konnte man die Dampfbildung im Erdinneren als fernes Grummeln wahrnehmen. In seltenen Fällen kündigte sich die Eruption sogar mit einem kaum merklichen Beben an.
Doch er hörte nichts. Nur das Heulen des Windes, der über die wenigen Erhebungen der Ebene strich und ihm das Haar zauste. Sie würden das Geysirfeld ohne Gefahr überqueren können, davon war Darko Loevej schon kurz nach seinem Aufbruch überzeugt gewesen, doch die Gelegenheit, eines der größten Vorkommen an heißen Quellen in der Milchstraße näher in Augenschein zu nehmen, wollte sich der Hobbygeologe auf keinen Fall entgehen lassen. Im Yellowstone Nationalpark waren rund fünfhundert Geysire registriert; hier auf der Ebene mochten es mehrere tausend sein.
Die Wassersäule schien mit einem Mal senkrecht vor ihm in der Luft zu stehen. Ein ohrenbetäubendes Zischen begleitete den Ausbruch. Heißer Dampf breitete sich nach allen Seiten aus. Darko legte den Kopf in den Nacken, um die Fontäne, die schnell ausfaserte und vom Wind abgetrieben wurde, in ihrer ganzen Pracht erfassen zu können. Je nach Wasserdruck konnte der Dampf eine Temperatur von bis zu 130 Grad Celsius erreichen. Natürlich kühlte er während des Aufstiegs im Eruptionskanal ab, doch die Hitze, die ein solcher Ausbruch freisetzte, war auch mit einigem Abstand noch deutlich spürbar. Darko hätte viel darum gegeben, wenn er jetzt ein paar seiner Messgeräte von Bord der EX-856 zur Verfügung gehabt hätte.
Reflexartig hob er den Arm und sah auf den Chronometer am linken Handgelenk. Wie alle anderen technischen Geräte hatte auch dieser längst aufgehört zu funktionieren. Langsam zählte Darko die Sekunden mit. Als er bei 164 angelangt war, fiel die Fontäne in sich zusammen. Dennoch wartete er noch ein paar Minuten ab. Ein Geysir war kein Uhrwerk, und nach einer Eruption konnte es durchaus zu weiteren, wenn auch weniger heftigen Ausbrüchen kommen. In Fachkreisen wurde so etwas Nachspacken genannt.
Darko 1, wie der Ortungsoffizier die Quelle für sich getauft hatte, verzichtete auf solcherlei Mätzchen und blieb brav. Je näher Loevej seinem Ziel kam, desto überzeugter war er, es hier mit einem sogenannten düsenartigen Geysir zu tun zu haben. Diese zeichneten sich durch einen sehr langen und schmalen Eruptionskanal und eine kaum vorhandene Teichbildung aus. Letzteres hieß nichts anderes, als
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