Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
sich die Anzahl der Einsätze unserer Spezialisten seit dem Aufstand auf Naskophar im Februar 2994 fast jährlich verdoppelt hat? Ähnliche Zuwachsraten gelten für die Zahl der im Dienst getöteten und vermissten Agenten. Wir können kaum schnell genug rekrutieren und ausbilden, um die entstehenden Lücken zu füllen. Die Galaxis ist zu einem Dschungel geworden.«
»Das war sie schon immer, Ms. Farou«, entgegnete Tekener. »Allerdings wird das zu überwachende Gebiet immer größer. Mehr und mehr Planeten spalten sich ab und glauben, ihr eigenes Süppchen kochen zu müssen. Dadurch entstehen beinahe täglich neue Konflikte, und in deren Schatten ist ein teuflischer Rüstungswettlauf im Gange. Selbst die USO wird irgendwann nicht mehr in der Lage sein, die überall lodernden Brände unter Kontrolle zu bekommen, zumal man sie ohnehin lediglich als verlängerten Arm des Solaren Imperiums wahrnimmt.«
»Ich bin nicht überrascht, dass sich unsere Einschätzungen der politischen Großwetterlage decken.«
»Und dennoch fragen Sie mich um Rat?« Tekener grinste frech. »Kommen Sie, Ms. Farou, Sie wissen doch längst, was zu tun ist, und Sie brauchen ganz bestimmt nicht mein Einverständnis, um einen stummen Alarm auszulösen.«
»Es geht mir auch weniger um Ihre Absolution als vielmehr um Ihre … Verbindungen«, sagte sie nach kurzem Zögern mit fester Stimme.
Der Smiler machte seinem Namen alle Ehre und setzte ein Lächeln auf, das einen Topf kochendes Wasser augenblicklich in Eis verwandelt hätte. Trotz ihrer psychologischen Ausbildung und den zahlreichen Schulungen in den USO-Trainingszentren spürte Decaree Farou die Gänsehaut auf Rücken und Armen. Dieser Mann besaß eine schier unglaubliche Aura – und er setzte sie ganz bewusst und zielgerichtet ein!
»Sie meinen«, sagte Tekener, »dass ich Quellen anzapfen kann, die der USO und dem Imperium nicht ohne weiteres zugänglich sind, richtig?«
»Mir käme es niemals in den Sinn, Ihnen Kontakte zu Organisationen oder Personen zu unterstellen, die die freiheitlich-demokratischen Prinzipien der USO und des Solaren Imperiums ablehnen oder diesen gar entgegenarbeiten.«
»Das haben Sie schön gesagt. Leider kann ich im Moment nichts für Sie tun.«
»Was?« Decaree glaubte sich verhört zu haben. Das konnte Tekener unmöglich ernst meinen. »Atlan ist Ihr Freund «, empörte sie sich und sprang von ihrem Stuhl auf. »Wollen Sie mir etwa sagen, dass Sie keinen Finger rühren, wenn …«
»Ms. Farou, bitte«, unterbrach er sie und wich in gespielter Furcht vor ihr zurück. »Bevor Sie mir die Augen auskratzen, hören Sie noch einen Moment zu. Ich kann Ihnen nicht helfen, weil ich die von Ihnen gewünschten Ermittlungen längst eingeleitet habe. Zwei Dutzend meiner Leute haben Satisfy bereits vor drei Tagen verlassen und sind ausgeschwärmt, um ein paar Gefallen einzufordern und Erkundigungen einzuziehen. Sobald sie etwas herausfinden, erfahre ich es – und ich verspreche Ihnen, dass ich mich dann sofort bei Ihnen melden werde.«
»Sie sind …«, begann Decaree ärgerlich.
»… ein Schatz?«, fragte Tekener ungeniert.
»… ein elender Heuchler«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Und Sie stehlen mir meine Zeit.«
»Ich muss Ihnen schon wieder zustimmen«, grinste der Unsterbliche. »Aber vielleicht mildert es Ihren Zorn, wenn ich Ihnen verrate, dass mir ein Raubzug selten so viel Spaß gemacht hat. Und nun entschuldigen Sie mich, ich habe noch einen Arzttermin.«
Mit diesen Worten stand er auf und wollte zur Tür gehen.
»Mr. Tekener!«
Der Angesprochene drehte sich noch einmal um. Decaree Farou zog ein schmales, in silberne Schmuckfolie gewickeltes Päckchen unter dem Konferenztisch hervor und warf es dem Terraner zu. Der fing es geschickt auf und musterte es verblüfft.
»Was ist das?«, wollte er wissen.
»Packen Sie es aus«, sagte Decaree.
Ronald Tekener entfernte die knisternde Folie und öffnete die darunter verborgene Pappschachtel. Dann hielt er die schmale weiße Tube mit dem altertümlichen Schraubverschluss in die Höhe und sah Decaree fragend an.
»Eine Salbe, die äußerst wirksam gegen Blutergüsse sein soll«, sagte sie mit einem süffisanten Lächeln. »Tragen Sie sie alle zwölf Stunden dünn auf die betroffene Stelle auf und lassen Sie sie ein paar Minuten einziehen. Bei dieser Gelegenheit: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mr. Tekener! Wenn ich mich nicht irre, werden Sie heute siebenhundertdreißig. In Ihrem Alter
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