Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
Mannes.
»Aiko«, sagte er. »Kannst du mich hören?«
Die Lippen des Angesprochenen zitterten. Dann nickte er schwach.
»Wenn du dich in der Lage fühlst, dann erzähl uns, was passiert ist. Weißt du, wo die anderen sind und wie es ihnen geht?«
Wieder ein Nicken. Adrian bedeutete einer der in der Nähe stehenden Frauen, ihm einen Becher mit Wasser zu bringen. Vorsichtig gab er Aiko zu trinken.
»Danke«, brachte dieser schließlich heraus. »Es geht schon.«
Zehn Minuten später war er soweit zu Kräften gekommen, dass er – stockend und immer wieder nach Atem ringend – berichten konnte. »Sie haben uns in eines der Raumschiffe gebracht und alle in einen großen Raum gesperrt. Wir hatten furchtbare Angst und haben um Hilfe gerufen, doch niemand ist gekommen. Niemand hat sich um uns gekümmert. Wir hatten kein Wasser, nichts zu essen, keine Toiletten, und das Licht … das Licht … es war so furchtbar grell und fremd und …«
Aiko Sanders’ Stimme versagte.
»Schon gut, mein Junge«, redete Adrian beruhigend auf ihn ein. »Lass dir Zeit.«
»Irgendwann haben sie dann angefangen, uns zu holen. Die Roboter nahmen immer nur ein paar von uns mit. Zunächst bloß die Männer, schließlich aber auch die Frauen und sogar die Kinder. Mein Gott, Adrian, die Kinder! Wer tut so etwas? Wer …?«
Wieder konnte Aiko nicht weitersprechen. Dicke Tränen rannen ihm über das Gesicht. Benjamin, der die ganze Zeit hinter Adrian gestanden hatte, legte dem Verletzten eine Hand auf die Stirn.
»Du musst jetzt stark sein, mein Freund«, sagte er leise. »Weißt du, wohin die Roboter unsere Leute gebracht haben? Hast du sie noch einmal gesehen?«
Aiko schüttelte heftig den Kopf. »Nein«, erwiderte er. »Aber ich habe die Schreie gehört … Es war … furchtbar. Als ich an der Reihe war, haben sie mich in einen großen, hellen Raum geschleppt. Dort waren noch mehr Maschinen, Maschinen mit kalten, blitzenden Augen und scharfen Messern. Ich wurde auf einen Tisch gefesselt und dann … und dann …«
Aiko Sanders schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Adrian erhob sich und zog Benjamin ein paar Meter weiter, sodass sie der Verletzte nicht mehr hören konnte. Calvin und die meisten der anderen Männer gesellten sich zu ihnen.
»Was nun?«, fragte Ben.
Adrian kannte seinen Sohn gut genug, um zu wissen, dass dieser am liebsten sofort losgestürmt wäre, um die Gefangenen zu befreien.
»Wir können hier nicht ewig herumsitzen und Däumchen drehen, während diese … Tiere unsere Freunde abschlachten.«
»Ich weiß«, entgegnete Adrian leise. »Ich weiß.« Er sah das Feuer in den Blicken der Umstehenden, und ihm war klar, dass er den Zorn und den Tatendrang der jungen Männer nicht ewig unter Kontrolle würde halten können. Für sie waren energetische Schutzschirme, Strahlwaffen, Fesselfelder und all die anderen Errungenschaften der modernen Technik nur abstrakte Begriffe, Worthülsen ohne echte Bedeutung. Sie hätten einen Roboter notfalls auch mit bloßen Händen angegriffen und dabei tatsächlich geglaubt, eine Chance zu besitzen.
»Wenn Aiko uns führen könnte«, überlegte Adrian laut, »und wenn ein Teil von uns die Fremden ablenkt und anderweitig beschäftigt, wäre ein kleiner Stoßtrupp womöglich in der Lage, in das entsprechende Schiff einzudringen und nach unseren Leuten zu suchen.«
»Du klingst nicht überzeugt«, stellte Benjamin fest.
»Das bin ich auch nicht«, sagte Adrian. »Dieser Plan, sofern man ihn denn überhaupt so nennen will, ist Wahnsinn. Allerdings ist mir bewusst, dass ein Abwarten nicht infrage kommt. Selbst wenn ich euch den Befehl erteilen würde, stillzuhalten – was mir als Ratsmitglied nicht zusteht – würdet ihr nicht gehorchen.«
Für einige Sekunden herrschte betretenes Schweigen.
»Geben wir Aiko und uns noch ein paar Tage Zeit«, fuhr Adrian schließlich fort. »Bevor wir etwas unternehmen, benötigen wir auch das letzte Quäntchen an Information, das er uns geben kann. Dann beraten wir in Ruhe die nächsten Schritte.«
Damit gaben sich die Männer zufrieden. Nach und nach zerstreute sich die Gruppe und widmete sich wieder ihren diversen Aufgaben und Pflichten. Am Schluss standen nur noch Adrian und Benjamin zusammen.
»Und jetzt sag mir, was du wirklich denkst, Vater«, sagte Ben leise. »Ich fühle, dass dich etwas bedrückt. Ich weiß ebenso wie du, dass unsere Erfolgsaussichten gegen Null tendieren, aber wir müssen es zumindest versuchen, oder?«
»Das
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