Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
Realität zurück. Der Extra in der Mitte des Meditationskreises saß still da und beobachtete.
»Was wollt ihr hier?«, fragte einer der Meditierenden, ein junger Mann mit unnatürlich großen Ohren. »Was habt ihr hier verloren?«
»Der da ...«, sagte Voorn Mekher und deutete auf den Extra, »... gehört mir.«
»Du wolltest ihn töten«, sagte Jon Tengor leise. »Du wolltest ein wehrloses Lebewesen umbringen. Da, wo ich herkomme, nennt man so etwas einen feigen Mord.«
»Was geht dich das an?«, fragte Mekher zornig. »Es ist mein Extra, ich habe ihn aufgestöbert.«
»Wir möchten ihn behalten«, sagte eine junge Frau aus der Gruppe der Meditierenden. »Er tut niemandem etwas, und er hilft uns bei unseren Übungen. Du würdest uns eine große Freude machen, wenn du ihn uns überlassen würdest.«
»Warum sollte ich das tun?«, fragte der stämmige Pyrride. »Ich bin weder euer persönlicher Lakai noch der Wohltäter für irgendwelche esoterischen Spinner. Wenn ihr einen Extra haben wollt, dann jagt ihn euch selber.«
Es war Jon Tengor, der die Unterhaltung beendete. Er trat vor und gab Voorn Mekher seine Neuropeitsche zurück.
»Warum gehen wir nicht einfach irgendwohin, wo wir uns in Ruhe unterhalten können?«, fragte er. Mekher holte instinktiv zu einem Hieb aus, aber der fremde Pyrride hielt seinen Arm fest. Es fühlte sich an, als steckte er in einer Stahlklammer.
»Denk nach«, flüsterte Tengor. »Ich gebe dir die Chance, dein Gesicht zu wahren. Du solltest sie nicht verstreichen lassen, denn andernfalls werde ich dir vor den Augen aller eine Tracht Prügel verpassen, die du nie mehr vergessen wirst.«
Mekher barst förmlich vor Wut. Die Frechheiten, die sich dieser arrogante Kerl herausnahm, waren unerhört. Wahrscheinlich glaubte er sich durch den schleimigen Ahlnaten gedeckt.
»Dafür wirst du bezahlen«, zischte Mekher gerade laut genug, dass auch Wort Danyl ihn hören konnte. Jon Tengor nickte und ließ den Arm des Pyrriden los.
»Vielleicht werde ich das«, sagte er. »Aber nicht hier und nicht heute.« Der Ahlnate schüttelte nur traurig den Kopf. Nach Ansicht Danyls war Jon Tengor ein äußerst vielversprechender Mann. Er besaß Tatkraft und Durchsetzungsvermögen. Obwohl er körperlich dem bulligen Pyrriden klar unterlegen war, hatte er sich nicht beeindrucken lassen und seinen Willen durchgesetzt. Offenbar eine Führernatur – und damit für die erlesene Kaste der Ahlnaten wie geschaffen, selbstverständlich unter kundiger Anleitung eines altgedienten Mitglieds dieses Standes.
Man konnte nie wissen, was aus einem ehrgeizigen Mann wie Tengor einmal wurde. Es ging sogar in gewissen Kreisen das Gerücht um, der High Sideryt habe, von Brauch und Gewohnheit abweichend, den Namen eines SOLAG-Mitglieds als Nachfolger in SENECA gespeichert, das nicht zum Zirkel der Magniden gehörte ... eines Ahlnaten oder Vystiden. Dieser Name war natürlich streng geheim und konnte jederzeit geändert werden, doch Wort Danyl hatte eine ausgeprägte Phantasie – und noch ausgeprägtere Ambitionen.
»Vorsicht!«
Der Ahlnate schrak auf. Er wäre beinahe in einen nicht funktionierenden Antigravschacht gestürzt.
»Vielen Dank, Bruder«, sagte Danyl zu Jon Tengor. Dann drehte er sich um und musterte Voorn Mekher. »Doch nun zu uns«, fuhr er fort. »Ich bringe dir einen neuen Rekruten. Von seinen Qualitäten konntest du dich ja bereits überzeugen.«
»Was? Der da?«, fragte Mekher mit einem verächtlichen Seitenblick auf den schmächtigen Pyrriden. Selbst Wort Danyl musste zugeben, dass Tengor körperlich nicht gerade übermäßig belastbar aussah.
»Du kennst die Regeln, Voorn Mekher«, sagte der Ahlnate. Wie immer bemühte er sich dabei, sanft und freundlich zu bleiben, eben wie es sich für einen Ahlnaten ziemte. Auch durch ihr Verhalten – so wurde es in den Seminaren gelehrt – sollten die Ahlnaten als die geistige Führungskaste der SOLAG erkennbar sein und sich von den anderen Gruppen unterscheiden.
»Heißt das, dass wir bald wieder einen Auftrag bekommen?«, fragte der Pyrride.
»Warum sollte es das?«
»Wir können ihn erst aufnehmen, wenn er seine Planetentaufe hinter sich hat«, erklärte Mekher. »Er war doch früher ein Ferrate, nicht wahr?«
»Allerdings«, bestätigte der Ahlnate.
»Na, dann hat er doch sicher Angst, das Schiff zu verlassen. Ich bin sogar davon überzeugt, dass er ganz fürchterliche Angst hat – und wenn nicht, dann wird er sie garantiert noch bekommen.«
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