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Atlan TH 0003 – Der Katzer

Atlan TH 0003 – Der Katzer

Titel: Atlan TH 0003 – Der Katzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlev G. Winter & Hubert Haensel
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hatte nicht wissen wollen, ob sie Perg in die Verbannung folgen und die SOL endgültig verlassen würde. Nach dem, was sich zwischen ihnen in den letzten Tagen entwickelt hatte, schien er vorauszusetzen, dass sie den Gedanken, bei ihrem Vater zu bleiben, gar nicht ernsthaft erwog.
    Nein, Bjo wollte lediglich erfahren, was sie vorhatte, um ihr in einer ihrer schwersten Stunden zur Seite zu stehen, bei ihr zu sein, ihr zu helfen und sie zu stützen.
    Lange sah sie ihm schweigend in die Augen – in diese katzenhaften Augen, die längst jede Fremdartigkeit für sie verloren hatten. In diesem Moment strahlten sie nichts als Fürsorge und Zuneigung aus. Dieser Mann, begriff sie, würde für sie da sein, wann immer sie ihn brauchte.
    Als Bjo lächelte und mit den Fingerspitzen ihre Wange berührte, war ihr, als würde eine gläserne Wand in ihr zerbrechen, eine unsichtbare Barriere, die sie bislang daran gehindert hatte, den intensiven Kontakt zu ihm und seinem Körper zu suchen. Plötzlich waren alle Bedenken, war alles instinktive Zurückweichen vergessen.
    Etwas in ihr drängte sie zu ihm – zu dem Mann, dessen Gegenwart sie brauchte und den sie liebte.
    Sie schloss die Augen und neigte den Kopf zur Seite, um die Berührung seiner Hand intensiver zu spüren. Es war, als tauche sie in eine Wolke, in eine warme, weiche Welt aus Glück und Zuneigung. Nichts sonst existierte mehr, alles andere versank in Bedeutungslosigkeit.
    Es gab nur noch Bjo und sie – und in diesem Augenblick wollte sie alles geben, was sie zu geben vermochte. Sie wollte eins werden mit ihm.
    Fast ohne eigenes Zutun öffneten sich ihre Lippen. Sein Kuss war vorsichtig und verhalten, keineswegs fordernd und gerade deshalb so ungemein liebevoll. Sie spürte die Wärme, die er in ihr entfachte, das Feuer, das sich in ihr ausbreitete und jede Faser ihres Körpers in Brand setzte ...

8.
     
    Ohne Übertreibung bin ich geneigt, diesen Tag als den schwärzesten in der Geschichte der SOL seit der Übergabe durch die Terraner zu bezeichnen. Er legt Zeugnis ab von einer allgemeinen Stimmung, die abweichende Meinungen oder auch nur den Wunsch nach Selbstverwirklichung einzelner Personen nicht mehr zu tolerieren vermag. In meinen Augen ist dies ein Rückschritt in der menschlichen Entwicklung, wie er drastischer nicht sein könnte.
    Die Verhandlung gegen Perg Ivory ist vorüber.
    Das Urteil ist verkündet.
    Gavro Yaal und die große Masse seiner Anhänger haben diesen Prozess gewonnen. Meine Meinung wurde zwar gehört, aber sie besaß keine Bedeutung mehr. Perg Ivory wurde verurteilt, fünf Jahre seines Lebens in der Verbannung auf einem Planeten zu verbringen.
    Obwohl ich nicht ernsthaft damit rechnen durfte, habe ich bis zuletzt gehofft, dass sich der Richter von der tendenziösen Stimmungsmache gegen den Piloten nicht beeinflussen lassen würde. Ich will an dieser Stelle niemandem Befangenheit oder Voreingenommenheit vorwerfen, aber einige Umstände, die mit der Verhandlung einhergingen, müssen zumindest als zweifelhaft bezeichnet werden.
    Allein die Tatsache, dass das Gericht schon nach weniger als zwei Tagen zusammengetreten ist, gibt mir zu denken. Üblich ist das nicht, und wenn man eine Verbindung damit herstellt, dass die SOL sich im Orbit eines Planeten befindet, der optimale Bedingungen für menschliches Überleben bietet, regt sich der Verdacht, die Eile könnte ein Vorwand gewesen sein, um nicht später die langwierige Suche nach einer anderen geeigneten Welt aufnehmen zu müssen.
    Dafür spricht auch der Umstand, dass man dem Verurteilten den Rechtsweg verwehrt hat. Natürlich steht es dem Gericht frei, eine Revision zuzulassen oder das Urteil für unmittelbar rechtskräftig zu erklären. Dennoch bleibt der schale Verdacht, dass das sofortige Inkrafttreten noch am Verkündigungstag ebenfalls mit dem oben Geschilderten zusammenhängt.
    Natürlich ist das alles Theorie, und ich will mir nicht anmaßen, die Unabhängigkeit des Gerichts in Zweifel zu ziehen. Tatsache bleibt, dass Perg Ivory die SOL verlassen muss. Eine besonders feine Form der bitteren Ironie besteht darin, dass ihm außer einer Überlebensausrüstung eine Lightning-Jet zur Verfügung gestellt wird. Damit erlangt er auf dem Planeten zwar einen nahezu unbegrenzten Bewegungsspielraum, ansonsten wird ihm die Maschine jedoch wenig nützen. Bestenfalls wird er täglich daran erinnert, warum er sein Dasein allein und einsam auf einer fremden Welt fristen muss – und so war es wohl auch

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