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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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darf man nichts mit bloßen Händen anfassen, um so weniger ohne Erlaubnis. Der Vorfall hat mir zu denken gegeben. Gleich heute Abend wird Dauge Ihnen einen Spezialanzug verpassen und Sie in seinem Gebrauch unterweisen.«
    »Junge, war das eine Rauferei!«, wiederholte Dauge, sich die Lachtränen aus den Augen wischend.
    Bykow setzte sich rasch auf seinen Platz und schaltete die automatische Steuerung ab: Aus dem Nebel traten die Umrisse des flachen Garagendaches hervor.
    »Noch etwas«, sagte Krajuchin. »Bald werden wir Sie und den Knaben einer richtigen Prüfung unterziehen. Sind Sie bereit?«
    »Hier kann keine richtige Prüfung stattfinden«, murmelte Bykow. »Tundra weit und breit, das Land flach wie eine Tischplatte.«
    »Macht nichts, Freundchen! Ich werde schon eine geeignete Stelle für Sie finden.« Krajuchins Goldzähne blitzten im Halbdunkel.

Die Feuerprobe

    Als Krajuchin und die Geologen weggefahren waren – ein aus der Stadt herbeigerufener Wagen hatte sie abgeholt –, kratzte sich Bykow sorgenvoll am Hinterkopf und trat in die Garage. Der Knabe stand zwei Schritt vom Tor entfernt, dünne Regenrinnsale liefen über seine abfallenden Flanken.
    »Prüfung also!«, sagte Bykow laut. »Na gut, meinetwegen!«
    Er zog das zerknitterte, ölbeschmierte Handbuch aus der Tasche, blätterte darin herum, seufzte und kletterte in die Luke. Wie jeder Mensch liebte er keine Prüfungen, egal, in welcher Form sie auch stattfanden. Es erschien ihm sehr ungerecht, wenn Belanglosigkeiten, die in der Praxis ihrer völligen Unanwendbarkeit wegen kein Mensch beachtete, auf eine Stufe mit den wichtigsten und notwendigsten Kenntnissen gestellt wurden. Er selbst hielt sich beim Unterricht an sein eigenes System. »Wenn Sie auch noch so klug sind«, sagte er zu seinen Schülern, »es wird Ihnen nie gelingen, alles zu behalten, was in dem ganzen Wust von Büchern und Tabellen gedruckt ist. Darin steht ja außer dem Wesentlichen und teilweise Wesentlichen auch das Nebensächliche und schließlich das einfach Unnötige, was entweder schon veraltet ist, kaum dass es geboren wurde, oder in der heutigen Zeit an Bedeutung verloren hat. Selbstverständlich verlange ich von Ihnen nicht die Kenntnis alles dessen, was in Büchern und Tabellen steht. Sollte aber jemand von Ihnen nicht wissen, was er in erster Linie zu wissen verpflichtet ist – so bitte ich, es mir nicht zu verübeln.«
    Bykows Autorität schützte dieses System vor den Angriffen der pedantischsten Vorgesetzten. Aber so war es in der Gobi. Wie würde es hier sein? Diesmal war er selbst der Prüfling. Gewiss, Krajuchin machte nicht den Eindruck eines Buchstabengelehrten und Formalisten, doch wer konnte wissen, wohin seine kleinen, unter der riesigen dunklen Brille versteckten Äuglein blickten? Und Bykow blätterte immer von Neuem in dem zerlesenen Handbüchlein, besonders in jenem Teil, der alle möglichen Havarien und Reparaturen unterwegs behandelte. Dann zog er die Jacke aus, schlüpfte in die Kombination und stieg in den Turbinenraum.
    Es war schon spät, als er ins Hotel zurückkehrte – müde, aber zufrieden und fast beruhigt. Im Speisesaal war niemand mehr anwesend. Bykow nahm ohne besondere Eile das Abendbrot ein und begab sich dann in die zweite Etage, wo die Raumfahrer ihre Zimmer hatten. Er wollte Dauge besuchen. Vor einer halb geöffneten Tür blieb er stehen. Die klangvolle Stimme Jurkowskis, der ein Gedicht von Bagritzki deklamierte, drang an sein Ohr.
    Der Wind, wie er zischt
    Und pfeifend enteilt
    Wie tönend die Gischt
    Der Bugsteven teilt!
    Die Nägel soll’n klingen,
    Die Leinen soll’n singen:
    Die Sache ist gut,
    Die wir hier vollbringen!
    Bykow warf einen Blick in das Zimmer. Jurkowski lag, die Hände unter dem Kopf verschlungen, auf dem Sofa, das Gesicht zum Fenster gewandt. Neben ihm saß Krutikow und sog gedankenvoll an seiner kurzen leeren Pfeife. Am Tisch wiegte sich Bogdan Spizyn im Stuhl hin und her und lächelte irgendwelchen eigenen, nur ihn allein angehenden Gedanken nach. Weder Dauge noch Krajuchin noch Jermakow befanden sich in dem Zimmer.
    So schieß durch die Adern
    Nach draußen, nach vorn,
    Meine rastlose Jugend,
    Mein zielloser Zorn!
    Dass das Menschenblut sprüht
    Wie von Sternen ein Regen,
    Und dass ich hinausbrech,
    Dem Weltall entgegen.
    Das waren wunderbare Verse. Außerdem las der »Fant« erstaunlich gut. Etwas Unruhiges und Rufendes lag in seiner tiefen Stimme, voll beherrschter Kraft und Erregung, und Bykow dachte

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