Attentage
dessen unaussprechlichen Nachnamen Leconte sich absichtlich nicht merken will, meldet sich zu Wort: „Wenn es keine Warnung gewesen ist, dann ergibt es keinen Sinn, dass das korrekte Datum genannt wird. Der Zweck der Nachricht war offensichtlich, die Attentate zu verhindern.“ Er blickt um sich und scheint Zustimmung zu erwarten.
Der Deutsche Matthias Seeger nickt: „Die europäische Stadt der Drogen ist als Amsterdam erkennbar. Und der Tempel der Kinder Isaaks ist nicht allzu schwer als jüdische Synagoge zu identifizieren. Wenn man sich ernsthaft mit der Nachricht beschäftigt hätte, wäre auch bald klar gewesen, dass mit der königlichen Insel natürlich Großbritannien gemeint ist und die Nabelschnurverbindung zur Stadt der Sünde den Ärmelkanaltunnel nach Paris bedeutet.“
„In der deutschen Botschaft im Jemen hat man die Nachricht nicht einmal ernst genug genommen, um sie übersetzenzu lassen“, knurrt Leconte, der wie viele Franzosen grundsätzlich jedem Deutschen misstraut, „und jetzt halten Sie uns einen Vortrag, dass Sie sogar die Bedeutung der Nabelschnur verstanden hätten.“
„Das Trennen der Nabelschnur wird bei der Geburt mit einem Messer vollzogen. Man gibt einem toten Muslim in manchen Kulturen ein Messer mit ins Grab. Es symbolisiert also Leben und Tod“, meldet sich Purront zu Wort und freut sich über einige interessierte Blicke. „Der Schreiber dieser Zeilen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Muslim mit arabischem Hintergrund.“
Heather nickt zustimmend: „Es weiß immer nur eine Handvoll Eingeweihter über ein Attentat Bescheid. Da unser Schreiber sogar Details von beiden Attentaten wusste, muss er zum inneren Führungskreis der al-Qaida gehören. Sie haben also einen Verräter in ihrer Mitte und wir haben einen Verbündeten. Diese einzigartige Chance müssen wir nutzen. Das gab es noch nie und es ist unwahrscheinlich, dass es nochmals geschieht. Wir müssen …“ Die englische Kühle ist während des Redens von ihr abgefallen und sie wirkt euphorisch, während die Worte aus ihr heraussprudeln. Die aristokratische Blässe auf ihren Wangen weicht einer leichten Röte. Als ihr bewusst wird, wie emotional ihre Rede wirkt, ist es ihr unangenehm, und das zuerst zaghafte, dann immer energischere Klopfen an der Tür ist eine willkommene Unterbrechung.
Allen im Raum ist klar, dass etwas Wichtiges vorgefallen sein muss, denn ein FISA-Treffen darf nur in Notfällen gestört werden und wurde bis jetzt auch noch nie unterbrochen. Drei bewaffnete Männer bewachen auf dem Flur die Tür zum Konferenzraum, auf der zur Tarnung das Schild „Fischereirechtskommission“ angebracht ist.
Niemand aus der Gruppe fühlt sich dafür verantwortlich oder autorisiert, die Tür zu öffnen, bis es Erik als Gastgeber übernimmt. Er spricht kurz mit einer jungen rothaarigen Frau, die ihm zuerst ihren Ausweis zeigt und dann unter den wachsamen Augen der Türwächter einen Zettel in die Hand drückt. Als Erik wieder in der Runde der FISA-Leute Platz nimmt, wird es still, ohne dass er um das Wort ersuchen muss.
„Sieben Botschaften im Jemen haben vor einer halben Stunde eine E-Mail-Nachricht auf Arabisch von“, Erik stockt kurz, „unserem Verbündeten erhalten. Es ist eine Warnung vor zwei weiteren Attentaten, diesmal deutlicher.“ Er hält wiederum kurz inne und ergänzt: „Aber noch immer ein Rätsel.“ Die Spannung ist greifbar, als Erik das übersetzte E-Mail vorliest.
„Am 4. April wird den Berühmten in Wien zum Tanz der süße Tod serviert. In London bekommen am nächsten Tag ihre bleichen Kopien unheilbringenden Besuch.“
„Am 4. April findet der Filmball im Wiener Rathaus statt“, sagt Richard Kreuter, der Leiter der österreichischen Antiterroreinheit. „Dort werden bekannte amerikanische Schauspieler und Regisseure aus Hollywood erwartet. Es gibt das Gerücht, dass auch Jamie Boone und Aaron Dutcher kommen.“
„Das ergibt definitiv Sinn“, sagt Leconte und bis auf die noch etwas skeptisch wirkende Amber Derpuse aus Belgien nicken alle. Sie ist neben Heather die einzige Frau in der elitären Runde.
Zum ersten Mal meldet sich der bis jetzt schweigsame Italiener Giovanni Garetta zu Wort. Er wendet sich direkt an Heather: „Und welche Veranstaltung ist am 5. April in London?”
Heather dämmert als Engländerin die Lösung des Rätsels zuerst. „Die bleichen Kopien der Stars? Unser Informant scheint einen sehr britischen Humor zu besitzen“, wendet sie sich an die
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