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Attentage

Attentage

Titel: Attentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartl
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al-Houthi schien nicht im Geringsten überrascht, als Abdul am nächsten Freitag mit einem Plastikbeutel mit Kleidung in seiner Linken und dem Koran in der Rechten vor dem Moscheeeingang auf ihn wartete.
    Das Camp lag in einem Nebental des Wadi Hadramaut im Osten des Jemen. Eigentlich hatte Abdul es in den Bergen im Norden erwartet, wo die Stammesfürsten des schiitischen Houthi-Clans sich mit der al-Qaida verbündet hatten und wohin sich die amerikanischen Sondereinheiten nicht wagten. An der nördlichen Grenze des Jemen zu Saudi-Arabien kam es nach Angriffen der Privatarmee der Houthis, die sich danach in ihre Verstecke in den verborgenen Wüstentälern und Höhlen der zerklüfteten Bergregion um al-Jawf, Marib und Shabua zurückzog, regelmäßig zu Bombardierungen durch die saudische Luftwaffe. Manche Zufluchtsorte waren nur über bröckelnde Steinbrücken erreichbar, die sich über mehrere hundert Meter tiefe Schluchten spannten.
    Bereits nach kurzer Zeit ist Abdul klar, dass er bleiben will. Die Gemeinschaft mit gleich gesinnten Brüdern und die tägliche Koranschule geben ihm neue Lebenskraft und Mut. Es beeindruckt ihn, dass auch ein schwarzer Bruder aus Somalia mit großem Respekt behandelt wird. Abdul wird hier ebenfalls geachtet und auch die Älteren hören sich bei Diskussionen wohlwollend seine Meinung an. Erstaunt stellt Abdul fest, wie wenig er zuvor tatsächlich vom wahren Islam gewusst hat. Nun hat sein Leben ein Ziel. Der sinnlose Tod seines Vaters gibt ihm auch den nötigen Hass, um dieFeinde des Islam überall und jederzeit töten zu können. Er hat sich fest vorgenommen: Für jede der neun Kugeln im Körper meines Vaters muss ein Ungläubiger sterben. Als ihm Sheik Ali al-Houthi nach einem Koranstudium die Teilnahme an einer militärischen Ausbildung anbietet, stimmt Abdul sofort freudig zu.
    Schon am nächsten Morgen wird er abgeholt. Der Fahrer stellt sich als Ziad vor, schweigt ansonsten. Aber auch aus seinen wenigen Worten hört Abdul heraus, dass er nicht aus dem Jemen, sondern aus Saudi-Arabien stammt. Als sie die dünn besiedelte Region Marib mit den Häusern aus Stampflehm erreichen, hält Ziad abseits der Hauptstraße an und legt Abdul eine Augenbinde an. Als sie weiterfahren, entschuldigt er sich: „Es ist zu unserer Sicherheit, Bruder. Nein, nicht wie du denkst, wir vertrauen dir. Wenn du nicht weißt, wo Camp Intiquam ist, kannst du nichts erzählen, falls dich die Schweine einmal erwischen und foltern oder dir Drogen spritzen. Verstehst du?“ Als Abdul die Augenbinde einige Stunden später entfernen darf, wird er von der Helligkeit geblendet. Die Wüstenlandschaft, die er sieht, fasziniert ihn. Der Wind hat den Sand zu einem Wellental geformt und die roten Felswände glattgeschmirgelt. Ein alter Karawanenweg ist zwischen den bis 100 Meter hohen Dünen erkennbar. Nur wenige Fahrspuren im Sand verraten, dass sich hinter Buschwerk der Weg zum Ausbildungslager hinunterschlängelt.
    Die kurze Begrüßung bei der Ankunft durch Said al-Mutallab ist nicht mehr so herzlich wie im Lager bei Hadramaut. Fayez und Umar sind nicht unfreundlich, aber es ist klar, dass sie keinen Widerspruch auf ihre Anordnungen erwarten. Nach dem gemeinsamen Morgengebet laufen sietäglich zwei Stunden durch die Wüste, robben unter Stacheldrahtzäunen durch und in Gräben, um danach erschöpft und schweißgebadet zurückzukommen. Der grausamen Hitze der Mittagssonne entfliehen sie in das große Gemeinschaftszelt zum Mittagsgebet. Dort lernt Abdul auch, wie man Sprengstoff verwendet und zündet. Zwischendurch erzählt Said von Brüdern, die Bomben nach Kenia brachten, um dort amerikanische Einrichtungen in die Luft zu jagen. Oder von jenen Kämpfern unter ihnen, die westliche Spione entführten, um Lösegeld zu erpressen. Empört und gespannt hören sie die Geschichte, als die Amerikaner 2002 mit einer unbemannten Drohne sechs mutige al-Qaida-Brüder im Jeep in der Wüste in die Luft jagten. Doch die Überlegenheit des großen Satans durch seine Waffen könne ihn nicht vor Allahs Zorn und Rache schützen, sagt Said bestimmt.
    Abdul begreift, dass er durch das Erlernte bereits Teil des islamischen Jihad ist. Wenn Allah das möchte, wird er auch sein Wissen und Können benutzen. Es erscheint Abdul selbstverständlich und logisch, dass es einen göttlichen Plan für sein Leben gibt, den er noch nicht kennt, aber auf den er vorbereitet wird. Nichts ist Zufall, sondern alles ist Bestimmung.
    Auch die Koranstunden werden

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