Attentat auf Georgia
ich die Wohnung. Toni spielte auf dem Hi-Fi Sinatra. Sie hatte einen
weißen Leinenrock und ein blutrotes Seidenhemd an.
An der Tür blieb ich stehen und
sah mich nach ihr um.
»Waren Sie schon mal in New
Orleans?« fragte ich.
Sie schüttelte langsam den
Kopf. »Nein — warum?«
»Nur so... Dann war es ein
Zufall, daß die Endstation Sehnsucht heißt.«
Sie runzelte die Marmorstirn.
»Ach, Leutnant, manchmal verstehe ich gar nicht, was Sie sagen.«
»Zugegeben! Haben Sie nicht die
leiseste Ahnung, wo Fargo sich verkrochen haben könnte?«
»Armer Kent«, sagte sie. »Er
hat es nicht leicht. Er macht sich Sorgen um die Firma. Ohne ihn wird es bergab
gehen. Er ist ein sehr tüchtiger Generaldirektor.«
Ich seufzte. »Na ja — meine
Schuld... Warum muß ich so dumme Fragen stellen...? Also — um vier sind Sie
nicht mehr hier!«
»Al Wheeler!«
»Was wollen Sie denn schon
wieder?«
»Nennt man das einen zärtlichen
Abschied?«
»Nicht unbedingt. Der
Rosenstrauß fehlt.«
Ich fuhr ins Amt und diktierte
meine Aussage über Mandy Morgan alias Janice Jorgens. Ich wartete, bis man sie
abgetippt hatte, und unterzeichnete sie dann mit meinem Namen. Wie ich hörte,
befand Kent Fargo sich noch immer auf freiem Fuß. Gegen Mittag verließ ich das Amt
und fuhr zum Sheriff.
Annabelle Jackson hob den Kopf
und sah mich über den Wagen ihrer Schreibmaschine weg an.
»Schau, schau!« sagte sie ins
Leere. »Wer kommt denn da? Der triefäugige Bluthund! Kommen Sie Ihren Knochen
holen, Leutnant Wheeler, oder um mit dem Schweif zu wedeln, während der Sheriff
Ihren Kopf tätschelt?«
»Habe nur eben reingeschaut«,
sagte ich ins Leere. »Und kein Wort gesagt!«
»Nein, wie man sich amüsieren
kann. Mit Fernsehstars und Filmstars und Gangsterbräuten in Bikinis von solidem
Gold!«
»Wie können Sie bloß so
aufrecht dasitzen, Annabelle, wenn Sie immerzu durchs Schlüsselloch gucken«,
sagte ich ein wenig atemlos.
»Der Sheriff ist auf seinem
Zimmer, Leutnant«, erwiderte sie in eisigem Ton. »Wenn Sie beim Hineingehen
stolpern und sich den Hals brechen, verspreche ich, nicht zu schreien,
höchstens zu lachen.«
»Wie schnell heuer die
Magnolien verwelken! So schnell wie der Charme des Südens.«
Ich klopfte an Lavers’ Tür und
trat ein.
»Fein, daß Sie kommen, Wheeler!
Setzen Sie sich und nehmen Sie sich eine Zigarre.«
»Das klingt mir sehr verdächtig
und kommt mir wie ein Judaskuß vor«, sagte ich argwöhnisch, während ich mich
setzte. »Sie wissen doch, daß ich keine Zigarren rauche.«
»Glauben Sie, ich würde Ihnen
sonst eine angeboten haben?« erwiderte er.
Ich atmete auf. Das war der
Lavers, wie ich ihn kannte.
»Haben Sie die Morgenblätter
gelesen?« fragte er.
»Ich bin noch nicht lange genug
auf.«
»Es hat alles gut geklappt,
eigentlich sehr gut«, sagte er mit einem selbstgefälligen Lächeln. »Das Lob
wurde fifty-fifty auf das Büro des Sheriffs und die Mordabteilung verteilt.«
»Gratuliere, Sheriff.«
»Es wurde auch ein gewisser,
vorübergehend dem Büro des Sheriffs zugeteilter Leutnant namens Wheeler
erwähnt, der an den Ermittlungen beteiligt war«, sagte Lavers. »Zumindest stand
es in der ersten Ausgabe...«
»Ich bin froh, daß man es
nachher weggelassen hat. Noch mehr Zeitungsausschnitte — und ich muß mir eine
zweite Wohnung nehmen. Es wird sonst bei mir zu eng.«
»Jetzt brauchen wir nur noch
Kent Fargo zu schnappen«, sagte der Sheriff. »Vielleicht ist er bereits in
Florida.«
»Vielleicht. Darf ich zur
Mordabteilung zurück? Dort gefällt es mir besser — dort gibt es nette,
unkomplizierte Fälle, wie die Frau, die ihren Mann erdolcht und dann anruft und
mitteilt, wo man sie beide abholen kann.«
»Ich habe mich für Sie
verwendet«, entgegnete Sheriff Lavers. »Sie sind übers Wochenende dienstfrei.
Sie brauchen sich erst wieder Montag bei mir zu melden.«
»Danke schön«, sagte ich
verdutzt.
»Auf jeden Fall«, fuhr er mit
seltsam boshaftem Lächeln fort, »werden Sie die Zeit bis morgen abend dringend
brauchen, um zu proben.«
»Proben?« wiederholte ich
verständnislos.
»Oder auch nicht. Sie haben
schon jetzt sehr viel von einem Schmierenkomödianten an sich.«
»Ich möchte nicht unhöflich
sein«, sagte ich, »aber darf ich bescheiden fragen, wovon die Rede ist?«
»Sie wissen es nicht?«
»Ich bemühe mich sehr,
dahinterzukommen — aber ich spreche leider nur englisch.«
Er lehnte sich zurück und fing
zu lachen an. Das Lachen wurde zu einem
Weitere Kostenlose Bücher