Attila - Die Welt in Flammen
der Reiteroffizier ja doch noch eine Möglichkeit, mit seinen Männern zu den Onagern vorzudringen und sie unschädlich zu machen, ehe sie selbst vernichtet wurden.
Mit seinen Männern, die er in einer vorbildlich geschlossenen Kolonne zusammenhielt – ganz wichtig, wenn man sich einer solchen Überzahl gegenübersah –, vollführte Andronicus einen scharfen Schwenk nach links und pflügte mitten in die Scharen der fliehenden Hunnen hinein. Es gab zwar kein festes Ziel, das zertrümmert werden konnte, aber diese halbnackten Reiter, denen die Pfeile ausgegangen waren, konnten ohne Weiteres grüppchenweise niedergemacht werden. Und da sie mitten in sie hineinritten, mussten sich die übrigen Hunnen mit Pfeilbeschuss zurückhalten, um im Getümmel nicht ihre eigenen Leute zu treffen. Es war ein guter Zug.
Sabinus nickte zufrieden. Mit einem solchen Gegenangriff dürfte der Kriegsherr mit dem schroffen, harten Gesicht wohl kaum gerechnet haben. Verschätzt. Jetzt würden diese Reiterkrieger zu spüren bekommen, wie es sich anfühlte, wenn die Ofenjungs in ihre Flanke einbrachen.
Ritt ein Lanzenreiter in seiner schweren Rüstung von der Seite gegen ein Hunnenpferdchen an, endete das meist damit, dass er mitten über das hinstürzende, wild ausschlagende Steppenpony hinwegsetzte. Entweder war der Reiter dann unter seinem Tier gefangen und wurde zu Tode getrampelt, oder er wurde, falls er sich wieder aufzurichten versuchte, vom nächsten Lanzenreiter erledigt. Andronicus selbst führte seine Lanze sehr tief und rammte sie einem gedrungenen Pony direkt in den Leib, das schrill aufwiehernd zu Boden stürzte und dabei seine Lanze mit sich riss. Andronicus bremste umgehend ab und zog sein Langschwert, das
spatha
. Der hunnische Reiter rollte sich ab und stand im Nu wieder aufrecht da, wirbelte vom Staub geblendet herum, während er zugleich seinen Krummsäbel zog. Der Lanzenreiter hinter Andronicus kam auf der anderen Seite vorbei, senkte seinen Schild, zielte mit dem schweren Bronzebuckel auf den Kopf des Hunnen und überließ alles Weitere seinem Pferd. Bei der Geschwindigkeit wurde der Krieger von dem Schwertbuckel glatt enthauptet. Zurück blieb ein kopfloser Körper, aus dessen Halsstumpf das Blut spritzte.
Die Lanzenreiter wüteten entsetzlich in den Reihen der fliehenden Steppenkrieger, die sich nicht mehr mit Pfeilen wehren konnten, und rückten dabei unaufhaltsam auf die Onager zu. Dort angelangt, würden ein paar wohlplatzierte Schwertstreiche viel Schaden anrichten und ihnen wertvolle Zeit verschaffen können. Im aufwirbelnden Staub schenkten die Kavalleristen jedoch dem Hügelkamm zu wenig Beachtung, von dem inzwischen weitere Hunnen mit vollen Pfeilköchern herabgesprengt kamen.
Unvermittelt verlor die römische Kolonne den Anschluss an die Fliehenden, auf ihren schweren Rössern konnte sie mit den flinken Ponys nicht mithalten. Die Onager waren noch immer ein ganzes Stück entfernt. Und dann sprengten die anderen, neuen Hunnen heran, in fliegendem Galopp, blitzschnell wie herabstoßende Falken, umringten die Kolonne von beiden Seiten und feuerten Pfeile in tödlich flachem Direktschuss auf die römischen Reiter ab. Aus gerade einmal hundert oder fünfzig Metern Entfernung zischten unablässig Pfeile von den Sehnen der kompakten kleinen Bogen, die die Krieger nahezu waagerecht neben sich hielten, bohrten sich in schwere Holzschilde, bis jeder Lanzenreiter acht bis zehn Pfeile in dem Schild an seinem linken Arm stecken hatte. Unter diesem zusätzlichen Gewicht sanken bald auch den Stärksten die Arme unmerklich hinab, sodass Hälse und Schultern weniger gut geschützt waren. Die Lanzenreiter schwitzten heftig in ihren dicken Kettenhemden und mussten immer wieder heftig blinzeln, um überhaupt noch etwas sehen zu können.
Die Hunnenponys schienen sich vor den großen römischen Schlachtrössern mit den unheimlichen silbernen Masken kein bisschen zu fürchten – vielleicht ließen ihre Reiter das auch einfach nicht zu. Pfeile prasselten auf Schulterpanzer und Spangenhelme ein und prallten mitunter in einem solchen Winkel ab, dass sie in weiches Fleisch eindrangen. Die Wucht, mit der sie heransausten, war unbeschreiblich. Andere trafen direkt ins Ziel, durchschlugen selbst Metallpanzer und Kettengewebe und bohrten sich tief in Fleisch und Knochen. Blut schimmerte auf glänzenden Rüstungen oder sickerte an Körpern hinab, wo es sich mit dem herabrinnenden Schweiß vermischte.
Zwei Bussarde, ein Männchen
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