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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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dort die Polizei sucht, und hier ernähre ich mich von der Klauerei, weil ich zum Betteln nicht das Zeug habe, so wie die da drüben.«
    »Darf ich dich zu einem Drink einladen?«
    »Das dürfen Sie immer.«
    »Und tue mir bitte einen Gefallen. Laß das dämliche Sie weg, denn ich kann es nicht ausstehen. Sag einfach Fritz zu mir, das ist mir lieber.«
    »Okay, dann sag ich ›Du‹ zu dir. Ich heiße übrigens Rudolf, aber du kannst Rudi zu mir sagen.«
    »So, und jetzt laß uns irgendwo etwas trinken gehen. Ich habe einen Wahnsinnsbrand. Dort können wir uns weiter unterhalten.«
    In einer Cafébar machten wir es uns gemütlich, und ich fragte den Kleinen aus. Er war älter als ich, was ich anfangs nicht glaubte, sondern erst, als er mir seinen Personalausweis zeigte.
    Ich hatte gemeint ich spinne, denn er war sogar drei Jahre älter als ich und sah dabei um einiges jünger aus als ich. Dann erzählte er mir, was er in Deutschland angestellt hatte und warum er abgehauen ist. Er hatte ein paar Autodiebstähle gemacht, sogar einen LKW. Als die Polizei ihm auf die Schliche gekommen war, haute er nach Frankreich ab, denn er hatte bereits ein paar Monate Strafe auf Bewährung auf dem Buckel, und wenn sie ihn erwischt hätten, wäre er auf jeden Fall im Knast gelandet. Ich konnte ihn gut verstehen, denn ich war ebenfalls abgehauen, weil ich nicht in die Kiste wollte. Als er in Marseille war, beschloß er, soweit wie möglich in den Süden zu gehen; bis nach Südafrika hinunter wollte er gehen.
    Ich sagte ihm aber nicht, daß ich ebenfalls auf dem Weg nach Afrika war. Da Rudi noch genug Geld für eine Schiffspassage hatte, kaufte er sich ein Ticket nach Korsika. Nun saß er seit ein paar Wochen auf der Insel herum und hatte noch keinen großen Fisch erwischt, der ihm seine Reise weiter finanziert hätte. Bisher hatte es immer nur für das Essen gelangt, was er erbeutete, aber nie für ein weiteres Ticket. Er tat mir irgendwie leid, und ich wunderte mich, daß er mir dies alles erzählte. Auf einmal sagte er:
    »Du scheinst auch nicht gerade freiwillig von Deutschland verschwunden zu sein.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Wenn du einer von den Urlaubern gewesen wärst, hättest du mir bestimmt nicht zugehört, denn die Urlauber wollen mit solchen Leuten wie ich es bin, nichts zu tun haben.«
    »Aber deswegen muß ich nicht gleich auf der Flucht sein.«
     
    »Du hast auch nicht nach der Polizei geschrien, als ich dir deinen Geldbeutel zurückgab. Und das ist für mich ein Beweis, daß du nicht gerade ein Engel bist.«
    »Also gut, du hast recht. Ich bin auf der Flucht.«
    »So etwas hatte ich mir schon gedacht. Aber wie bist du nach Korsika gekommen, hast du dir auch ein Ticket gekauft?«
    Nun wußte ich nicht, was ich sagen sollte, und deshalb sagte ich ganz einfach zu ihm:
    »Das kann ich dir nicht sagen und anlügen will ich dich nicht.«
    Ich spielte mit dem Gedanken, ihn mitzunehmen, da ich wußte, daß er auch nach Afrika wollte, aber ich war mißtrauisch, und deshalb sagte ich nichts von meinem Schiff.
    Zuerst wollte ich ihn noch ein bißchen kennenlernen, bevor ich ihm dies anbieten würde. Es wäre ganz gut gewesen, wenn ich nicht alleine gewesen wäre, dann hätte ich nicht immer die ganze Nacht am Steuer sitzen müssen. Von Korsika bis Afrika war es noch ein ganz netter Fetzen, wie ich aus einem Atlas sehen konnte.
    Wir saßen noch eine ganze Weile im Café, und ich lud dann Rudi zum Abendessen ein. Er freute sich riesig darüber und ich stellte fest, wie dreckig es ihm in der letzten Zeit ergangen sein mußte, denn nur, wer einmal gehungert hatte, konnte sich so über eine Einladung zum Essen freuen. Am späten Nachmittag gingen wir in ein Restaurant zum Abendessen. Ich selbst hatte den ganzen Tag noch nichts zu mir genommen und hatte deshalb einen Hunger, daß ich einen Ochsen hätte fressen können. Rudi schien sich ein wenig zu genieren, und deshalb sagte ich zu ihm:
    »Du kannst dir bestellen, was du willst, denn ich habe wirklich genug Geld dabei. Also hau rein, wenn du Kohldampf hast.«
    Er schaute mich komisch an und sagte:
     
    »Wenn ich dich aber armfresse, will ich keine Beschwerden hören.«
    Dann kam der Kellner und Rudi bestellte. Ich hatte wirklich schon eine ganze Menge Bestellungen gehört, aber die von Rudi übertraf alle. Man konnte meinen, daß er gleich für vier Personen bestellte. Das schönste an der Sache war, daß er das ganze Zeug verschlang und nicht die kleinste Kleinigkeit auf dem

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