Auch Du stirbst einsamer Wolf
die Fische aus und bereiteten sie über dem offenen Feuer zu. Es war der beste Fisch, den ich je gegessen hatte. Nach unserem selbstgejagten Mahl gingen wir wieder auf das Schiff zurück und stachen sofort in See. Wir fuhren einfach die Küste Richtung Westen entlang, in der Hoffnung, einmal auf eine Siedlung zu stoßen. Aber wir sahen nur ein kleines Steinhaus, das ich mit dem Feldstecher in einer kleinen Bucht ausgemacht hatte. Da dort auch ein kleines Fischerboot stand, fuhren wir in diese Bucht hinein, gingen an Land und schauten uns ein wenig um. Auf einmal kam ein Mann auf uns zu, der die ganze Zeit winkte. Wir liefen ihm ein Stück entgegen, und er sprach uns auf französisch an. Es war ein Fischer, der mit seiner Familie dort lebte und uns gleich zum Essen einlud. Als wir uns bekannt gemacht hatten, gingen wir mit ihm zu der Steinhütte.
Wir befanden uns in Tunesien, das immer in den Reisebüros groß angeboten wurde. Als wir auf dem kleinen Hügel waren, auf dem das Steinhaus gebaut war, sahen wir, daß dahinter noch eine weitere Hütte stand, aus Stroh und Holz. Dort kamen auf einmal ein paar Leute und Kinder heraus, die uns entgegenkamen.
Ich war wirklich sprachlos, als ich das sah, denn zwei Männer, ein Kind sowie eine Frau sahen nicht aus wie der Fischer und die anderen, sie hatten eine hellere Hautfarbe und strohblondes Haar.
Als wir alle an der Steinhütte waren, gab es ein großes Händeschütteln. Dann stellten sich die Leute vor, die nicht aussahen wie Afrikaner. Sie waren alle aus Frankreich, und einer von ihnen war sogar ein Doktor. Dann waren da noch die Frau des Fischers sowie seine Kinder und wer weiß was noch alles. Auf jedenfall waren sie alle miteinander verwandt, außer den Franzosen, die dort nur Urlaub machten. Da wir den Leuten anscheinend sehr sympathisch waren, boten sie uns echten französischen Kognak an, den sie bei sich hatten. Wir setzten uns in Liege-und zusammenklappbare Gartenstühle vor die Steinhütte, wo der Fischer gerade dabei war, ein Feuer zu entfachen. Man erklärte uns, daß dort das Essen gekocht würde, und mir fiel auf, daß es bei dem Fischer so war, wie man früher gelebt hatte. Der Fischer und seine Frau bereiteten das Essen zu, und wir saßen da und unterhielten uns. Es war wirklich sehr toll und ich hatte noch nie so etwas mitgemacht.
Man brauchte nicht immer in einer Disco zu sitzen oder in einer Bar, um sich dort den Rachen vollaufen zu lassen, dachte ich. Es ging auch so. Es machte mir wirklich Freude. Jeder sollte einmal so etwas mitmachen, denn dann würde man sehen, daß man mit der Hälfte von dem auskam, was man besaß und trotzdem glücklich ist. In Deutschland schaffen sie nur für die Miete, das Auto und ein bißchen etwas zum Essen.
Aber richtig leben tun sie nicht. Denn jeder hat Angst, schlechter dran zu sein als der andere. Man muß dort mindestens das haben, was der Nachbar hat.
Dies war aber nicht der Fall bei dem Fischer, denn er schien zufrieden zu sein mit dem, was er hatte. Ich hätte nicht geglaubt, daß es noch so etwas auf der Welt gibt.
Das Essen, das man zubereitet hatte, war einfach köstlich. Es war eine Art von Fischsteak mit einer Suppe. Dazu gab es selbstgemachtes Brot, das aussah wie ein dicker Pfannkuchen.
Den ganzen Abend saßen wir am Feuer und unterhielten uns.
Die Franzosen hatten einen Wagen da, mit dem sie per Schiff zu diesem Fischer gekommen waren.
Da saßen ein Doktor, dessen Frau und Kind sowie ein Freund von ihnen mit zwei Verbrechern, die Schiffe klauten, bei einer Fischerfamilie in Afrika am Feuer, tranken französischen Kognak und unterhielten sich. Wenn das nicht verrückt ist, weiß ich auch nicht weiter. Wenn ich in diesem Moment einen Fotoapparat zur Hand gehabt hätte, dann hätte ich bestimmt ein paar Bilder geschossen. Leider hatte ich ihn auf dem Schiff und war zu faul, ihn zu holen, denn ich saß so gemütlich in dem Liegestuhl. Die Leute waren sehr nett, und der Fischer schaute immer, daß es uns gut ging. Seine Frau verduftete nach dem Essen, genauso wie die Kinder.
Später spielten wir Karten, und ich fand, daß die Sache immer lustiger wurde. So einen seltsamen, aber schönen Abend hatte ich selten erlebt, und ich hatte in diesem Moment alles vergessen, was mich seit Monaten bedrückte. Dies hatte ich einem Fischer aus Tunesien zu verdanken, der nicht einmal wußte, ob ich ein guter oder schlechter Mensch war. Dort war das Gegenteil von dem, was ich mein ganzes Leben mitgemacht hatte. Erst
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