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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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regelrecht darüber, und dabei hatte ich nur das getan, was jeder normale Mensch an meiner Stelle tun würde, wenn man ihn nicht schlagen dürfte, so wie mich, da ich Ausländer war. Aber dies war auch das einzige, was ich tun konnte, und das sagte ich auch den Leuten.
    So vergingen noch ein paar weitere Tage, als auf einmal Rudi und ich in das Büro gerufen wurden, denn es war Besuch für uns da. Ich konnte mir nicht vorstellen, wer uns besuchte, und so marschierten wir neugierig ins Büro hinein. Dort saß ein Mann, der aufstand, als wir eintraten und sich mit seinem Namen vorstellte. Dann sagte er, daß er vor zwei Tagen einen Brief von uns erhalten hätte und er von der deutschen Botschaft sei. Ich vergewisserte mich noch einmal, ob ich das mit dem Brief richtig verstanden hatte. Ich wollte den Typen eigentlich zusammenscheißen, aber das konnte ich nun nicht mehr machen, da der Brief zu spät ankam und ihn keine Schuld traf.
    Ich erklärte ihm unsere Lage, und er versprach, sofort etwas zu tun, damit die Verhandlung so schnell wie möglich sein würde.
    Dann unterhielten wir uns noch ein wenig, und er verschwand wieder. Er hatte mir versprochen, bei der nächsten Verhandlung anwesend zu sein und sich beim Richter zu informieren, wann diese genau sein würde. Darauf gingen wir wieder in unsere Zelle zurück, und ich war froh, daß dieser Mann gekommen war.
    Über drei Wochen waren wir in diesem Knast, und ich wurde immer komischer. Ich hielt es bald nicht mehr aus und wurde langsam aber sicher verrückt. Nur noch ein Gedanke war in mir, nämlich raus, raus, raus und nochmals raus. In mir staute sich alles an, und ich hätte mich am liebsten einmal mit jemandem geschlagen, damit ich es wieder abbauen konnte. Es schien eine Wut zu sein und Aggressionen, die fast nicht mehr zu halten waren, und ich merkte, wie ich mich manchmal selbst nicht mehr kontrollieren konnte. Irgendwann würde ich durchdrehen und mich vergessen, das wußte ich schon im voraus. Aber ich konnte doch nicht jemanden niedermachen, der nichts dafür konnte, daß wir in diesem Scheißknast waren.
    Ich saß nur noch herum und dachte an die Freiheit und ab und zu an Rita. Rudi schien es genauso zu gehen, denn er wollte ebenfalls mit aller Gewalt raus, da man dort regelrecht zu einem Idioten gemacht wurde. Wir aßen fast nichts und saßen nur noch rum. Man konnte uns zusehen, wie wir immer weniger wurden und in uns zusammenfielen. Man konnte in diesem Knast fast nichts machen, denn alles war verboten.
    Täglich warteten wir darauf, daß ein Beamter zu uns kommen würde und uns sagte, wann unsere Revisionsverhandlung stattfände. Aber es kam und kam keiner, und der Mann von der Botschaft ließ sich auch nicht blicken.
    Eines Morgens kam der Beamte zu mir und sagte mir den Termin für unsere Revisionsverhandlung. Ich machte Freudensprünge, genauso wie Rudi, als ich es ihm mitgeteilt hatte. Fast vier volle Wochen hatten wir in diesem Loch gesessen und mußten nun noch weitere fünf Tage, bis endlich unsere Verhandlung stieg. Nun würden wir bald draußen sein, und ich dachte nur noch an den Prozeß. Die nächsten fünf Tage wurden zur Qual, denn wir machten uns bald selbst verrückt und konnten es nicht erwarten, endlich aus diesem Schlamassel heraus zu sein.
    Dann war endlich der Tag der Revisionsverhandlung, und wir wurden in das Büro gerufen, in dem schon zwei Bullen auf uns warteten. Dem einen sagte ich gleich meine Meinung, und der andere schaute mich nur dumm an, denn er wußte nicht, um was es ging.
    Im Saal spielte sich wieder genau dasselbe ab wie beim letzten Mal. Als wir an die Reihe kamen, machte der Richter nicht viel Worte, sondern fällte gleich das Urteil, ohne daß wir etwas sagten. Wir sollten nach Algier gebracht und dort in ein Flugzeug gesetzt werden, das direkt nach Deutschland flog.
    Den Typ von der Botschaft verfluchte ich, denn er war nicht auf der Verhandlung, obwohl er mir es versprochen hatte. Er wollte uns gleich mitnehmen nach Algier, damit wir nicht wieder in den Knast mußten. Aber dieser Misthund hatte uns angelogen und war nicht da. Wenn man sich auf die Deutschen verließ, dann war man verlassen.
    Nach der Verhandlung wurden wir zurück in den Knast gefahren, und es hatte geheißen, daß uns am Nachmittag ein Bullenwagen abholen und uns nach Algier bringen würde. Wir hatten es also geschafft. Ich hätte einen Freudentanz machen können, so froh war ich, daß wir endlich aus diesem Bunker herauskamen. Auch Rudi war

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