Auch Du stirbst einsamer Wolf
Arztzimmer. Da mein Name mit »W« anfing, war ich einer der letzten.
Mein Name wurde aufgerufen. Ich marschierte in das Arztzimmer, und ich mußte mich dort auf einen Stuhl setzen.
Der Arzt kam mit einer Nadel, an der ein kleines Schläuchchen hing, und einem Reagenzglas auf mich zu. Ich mußte ein paarmal meine Faust auf-und zumachen, und dann suchte der Arzt nach einer Vene, wo er mich anzapfen konnte. Als er meinte, eine gefunden zu haben, stieß er die Nadel in den Arm.
Auf einmal fing er an zu fluchen und zog sie wieder heraus. Er hatte anscheinend die Vene verfehlt. Beim zweitenmal klappte es, dann zapfte er mir ein ganzes Reagenzglas voll Blut ab, zog die Nadel wieder aus meinem Arm, tupfte die Einstichstelle ab und schickte mich wieder hinaus. Für mich persönlich war dieser Arzt ein besserer Metzger, denn er hatte die Nadel in den Arm gehauen, so wie unsereins mit Wurfpfeilen wirft. Draußen stellte ich mich wieder zu den anderen. Als alle fertig waren, führte uns ein Soldat in den Speisesaal. Ich hatte einen Kohldampf wie ein Pferd und freute mich auf das Frühstück.
Als wir in den Speisesaal kamen, war ich erst einmal baff. Es waren zwei riesige Räume. Wir setzten uns an die Tische, die für uns gedeckt waren. Es standen Konfitüre, Brot, Kaffee und ein paar andere Kleinigkeiten darauf, die man zu einem Frühstück brauchte. Wir hauten kräftig rein, und als alle fertig waren, rauchten wir noch gemütlich eine Zigarette. Danach wurde uns aufgetragen, die Tische abzuräumen und sauber zu machen. Ich war richtig vollgefressen und fühlte mich ein bißchen wohler. Aber dennoch war der Tag für mich versaut.
Wir wurden von einem Caporal zurückgeführt und durften dann auf unsere Zimmer verschwinden. Da in jedem der Zimmer achtzehn Betten waren, hatte man keine Ruhe. Die, die schon da waren, quatschten einen dauernd an. So unterhielt ich mich eben mit den Jungs, anstatt mich in meine Falle zu hauen.
Es waren alle Nationalitäten vertreten, vom Amerikaner bis zum Asiaten.
Plötzlich zerriß ein schriller Pfiff die Stille. Fast alle sprangen auf, außer uns Neuen, da wir nicht wußten, was dieser Pfiff bedeutete. Einer erklärte uns, daß dieser Pfiff das Zeichen zum Appell wäre und wir alle unten im Hof antreten müßten. Also standen auch wir auf und gingen in den Hof hinunter. Dort mußten wir in einer Viererreihe antanzen, und jetzt erst konnte man sehen, wie viele Leute eigentlich da waren. Es müssen über hundert Stück gewesen sein, die da bolzengerade in Reih und Glied standen. Ich stellte mich mitten in die Menge, damit man nicht sehen konnte, wenn ich etwas Falsches machte. Ein kleiner häßlicher Soldat, mit drei goldenen Streifen, stand auf einmal vor uns. Ich erfuhr später, daß dieser Schnulli über einem Sergeanten stand und in diesem Gebäude der Chef war. Dieser rief ein paar Namen von einer Liste auf, und die Aufgerufenen stellten sich separat in Reih und Glied auf. Diese Leute sollten in das Krankenhaus zum Röntgen gebracht werden. Danach durften wir wieder abtreten und auf unsere Zimmer verschwinden. Dort saßen wir wieder und laberten wie die Weltmeister.
Später wurden wir Neuen nach unten gerufen. Dort bekamen wir von einem Soldaten ein grünes Stückchen Stoff, das wir an unserer Schulterklappe befestigen mußten. Er erklärte uns auch, was dies bedeuten sollte. Wenn jemand das grüne Stoffstück an der Schulter hatte, so befand er sich noch in der ärztlichen Untersuchung. Hatte jemand ein gelbes, dann waren bei diesem die Untersuchungen abgeschlossen, mußten aber noch auf die Auswertung warten. Bekam er ein rotes Stoffstück, so war er tauglich und konnte das Lager am darauffolgenden Freitag verlassen. Kaum waren wir wieder in unseren Zimmern, als auch schon wieder zum Appell gepfiffen wurde. Ich erfuhr, daß dieser Appell dem Mittagessen galt und wir gleich etwas zwischen die Kiemen bekommen würden.
In einer Viererreihe mußten wir wieder strammstehen und dann im Dauerlauf zur Kantine rennen. An der Theke konnten wir uns etwas zu trinken holen und uns dann an die Tische setzen. Ein Koch verteilte das Essen. Das ging sehr schnell.
Das Essen war immer hervorragend, man konnte nur darüber staunen. Nach dem Essen wurden bestimmte Tische zum Küchendienst eingeteilt, wobei es mich wieder einmal erwischen mußte. Küchendienst hieß nämlich nicht kochen, sondern das ganze Geschirr aus dem Speisesaal abwaschen.
Die Spülküche war am anderen Ende des Speisesaales, und
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