Auch Du stirbst einsamer Wolf
ein Soldat überwachte die Arbeit, die wir verrichten mußten. Wenn dieser nicht gewesen wäre, hätten wir bestimmt vier bis fünf Stunden für diese Arbeit gebraucht, aber so schafften wir es in knapp zwei. Einer von uns nahm die Reste von den Tellern, der andere zog das Geschirr schnell durch das Wasser, damit die groben Teile nicht in die Spülmaschine kamen, einer stellte es in die Körbe, wieder einer bediente die Maschine. Ich hatte einen der schlausten Jobs, denn ich stapelte das saubere Geschirr auf einen fahrbaren Tisch. Nachdem wir dies erledigt hatten, mußten wir wieder auf den Hof zurück. Dort standen die anderen, rauchten eine Zigarette und unterhielten sich. Da wir nichts mehr machen mußten, gesellten wir uns zu ihnen.
Kaum waren wir zehn Minuten dort, als auch schon wieder der Pfiff zum Appell erklang. Diesmal glaubte ich, mich laust ein Affe, als ich hörte, was dieser zu bedeuten hätte. Wir mußten uns in einer langen Reihe quer über den Hof aufstellen und vorwärts laufen. Wenn man vor sich eine weggeworfene Zigarettenkippe sah, mußte man sich bücken und diese aufheben. Das Spiel war mir wirklich zu dumm, und so machte ich es ganz schlau. Immer wenn ich eine Kippe sah, bückte ich mich leicht, stand auf sie drauf und marschierte weiter. Der Caporal, der diese Aktion beaufsichtigte, merkte von meiner Supertaktik nicht das geringste. Da mein Kamerad, der neben mir lief, sah, daß ich nicht eine einzige Kippe aufhob, schaute er mir meine Taktik ab und machte es genauso. Als wir über den ganzen Hof waren, mußten wir unsere gesammelten Kippen in einen Container werfen. Als der Caporal auf mich schaute, ging ich zum Container hin und tat so, als würde ich etwas hineinwerfen. Er schaute wieder weg und schien mit mir zufrieden zu sein. Wenn man diesen Job ein paar Wochen machen würde, wäre man zum Schluß staatlich geprüfter und ausgebildeter Kippensammler, und das wollte ich nicht werden.
Als diese Kippenaktion beendet war, durften wir wieder im Hof rumstehen. Hinsetzen durfte man sich nicht, das war verboten. Warum, weiß ich auch nicht, aber es war nun einmal so. Eine halbe Stunde später kamen ein paar Typen von Soldaten, die uns das Exerzieren beibringen wollten. Man lernte uns, wie man richtig strammstand, sich umdrehte, wenn man in der Reihe stand und die einzelnen Wörter dazu auf französisch. Die Sache war an und für sich ein Kinderspiel und Französisch konnte ich auch schon, da ich es in der Hotelfachschule gelernt hatte. Andere wiederum schienen die Sache nie zu beherrschen, denn sie wollten und wollten nichts kapieren. Entweder waren sie so dumm, oder sie taten nur so.
Zum Schluß sollten wir noch ein Legionslied singen. Jeder von uns kriegte einen Zettel, auf dem der Text des Liedes war.
Da der Text ziemlich einfach war und die Melodie ebenfalls, war für mich die Sache ein Kinderspiel. Aber die anderen Deutschen hatten einen Heidenärger, die Wörter überhaupt aussprechen zu können. Die Engländer und Amerikaner brummten nur vor sich hin, ihnen erging es nicht besser als meinen Landsleuten. Der Caporal war nach einer halben Stunde schon am Rande der Verzweiflung. Ich fand die Angelegenheit wirklich interessant, denn ich hatte noch niemanden gesehen, der in ein paar Minuten ein Lied in einer ausländischen Sprache beherrschen konnte, noch dazu ein so langes. Die Jungs hatten ja noch nie in ihrem Leben französisch gesprochen. Er probierte immer wieder dieses eine Lied mit uns zu singen, und als er merkte, daß dies nichts wurde, versuchte er es mit einem anderen. Aber da hatte er genausowenig Glück. Er bekam einen Wutanfall, warf das Blatt mit dem Text auf den Boden, trampelte wie ein Irrer darauf herum, schrie ein paar Schimpfwörter und verschwand in das Haus.
Wir alle standen da und mußten lachen wie die Verrückten, denn diese Szene hätte gut in einen Komikerfilm gepaßt. Nach ein paar Minuten kam ein anderer Caporal aus dem Haus und meinte zu uns, daß wir den Text der beiden Lieder bis zum morgigen Tag auswendig lernen und dann perfekt aufsagen müßten. Wir wußten, daß er sich nur aufspielen wollte, und so mußten wir uns ein Grinsen verklemmen. Als er uns dies mitgeteilt hatte, verschwand er wieder, und ein Wahnsinns-gelächter ging los. Wir hatten uns kaum erholt, als auch schon wieder ein Pfiff ertönte, der dem Abendessen galt. Wir traten an und marschierten wieder wie die Idioten zur Kantine.
Nach dem Abendessen mußten wir wieder antreten, und danach
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