Auch Du stirbst einsamer Wolf
konnten wir auf unsere Zimmer gehen. Wir sollten dort warten, bis das Foyer aufgemacht wurde, in das wir dann gehen konnten, um ein wenig die Zeit totzuschlagen. Im Foyer stand ein Billardtisch und eine Tischtennisplatte. An einer kleinen Theke konnte man sich ein paar Getränke kaufen. Das einzige alkoholische Getränk war dieses komische sogenannte Panasch, das eine Mischung aus halb Bier und halb süßer Limonade war. Dann gab es noch Kaffee, Limo und andere Sachen zum Trinken.
Aber nichts Hartes, was mir ein wenig stank. Wir durften fast keinen Alkohol trinken, da wir uns in der ärztlichen Untersuchung befanden. Zigaretten und Hygieneartikel bekam man auch noch, aber dieses Zeug war teuer.
Während ich so gemütlich am Billardtisch stand, wurde auf einmal wieder zum Appell gepfiffen, obwohl eigentlich keiner sein sollte. Wir traten an, und dabei erfuhr ich, daß jemand abgehauen ist. Ich wußte, daß dieser nun ein Deserteur war, und ich wünschte ihm ganz fest, daß er durchkam und nicht erwischt wurde. Es kam öfters vor, daß Leute desertierten, so wie ich erfuhr. Aber deswegen regten sich die Chefs nicht auf, sondern ließen nur antreten und die Leute zählen. Danach durften wir wieder abtreten und konnten in das Foyer zurückgehen.
Als das Foyer schloß, wurde noch einmal zum Appell gepfiffen, das war dann der letzte für diesen Tag. Danach mußten wir in unsere Bude hoch und uns waschen. Wir konnten uns noch ein bißchen unterhalten und dann ins Bett, denn das Licht wurde sehr früh ausgemacht. Die Klamotten legten wir so hin, daß wir am nächsten Morgen wieder schnell reinschlüpfen konnten. Das hatte ich von den anderen abgeschaut, und einer hatte mir gesagt, daß dies nur von Vorteil wäre. Als ich im Bett lag und das Licht aus war, hörte ich noch ein klein wenig dem Gespräch der Engländer zu. Als diese auch ruhig waren, lag ich da und dachte wieder einmal an Rita. Auf einmal sagte ich mir: »Scheißweiber!«, drehte mich um und versuchte einzuschlafen, was mir auch gelang.
Am nächsten Morgen weckte uns ein Caporal mit einem lauten Schrei, so daß man wach werden mußte. Schnell sprang ich aus meinem Bett, schnappte mein Waschzeug und verschwand noch vor den anderen im Waschraum. Der füllte sich sehr schnell, und ich war froh, daß ich mich nicht zuerst angezogen hatte, denn sonst wäre ich bestimmt eine Ewigkeit angestanden, bis ich mich hätte waschen können. Als ich fertig war, ging ich langsam in die Bude zurück und zog mich an.
Kaum hatte ich den letzten Knopf meiner Uniform geschlossen, als auch schon der Pfiff für den Appell durch das Haus schrillte. Ich ging hinunter in den Hof und stellte mich gleich auf. Ein Caporal stand schon dort, und man sah ihm an, daß ihm das Antreten zu lange ging, da er von einem Bein auf das andere trat und vor sich hinfluchte. Als alle da waren, tat er so, als wenn er eine Stunde auf uns gewartet hätte. Er ließ alle Mann abtreten und noch mal anrücken. Da dies schneller ging, war er zufrieden, und wir konnten wieder auf unsere Buden gehen.
Später wurde wieder gepfiffen, und wir gingen zum Frühstück. Die Stuben hatten wir gereinigt und die Betten genau nach Vorschrift gemacht, denn es wurden immer Kontrollen gemacht. Es mußte alles so sein, wie man es bei einem Soldaten sehen will und besonders bei einem Legionär.
Nach dem Frühstück mußten wir wieder antreten. Zusammen mit andern wurde ich herausgerufen, um zum Arzt zu gehen.
Wir marschierten wieder in dasselbe Gebäude, in dem mir schon das Blut abgenommen worden war.
Dort saßen wir alle im Vorzimmer, und diesmal mußten wir uns bis auf die Unterhose ausziehen. Obwohl ich nach dem Alphabet einer der letzten war, mußte ich mich gleich am Anfang ausziehen. Ich setzte mich auf eine Bank und wartete mich dumm und dappig.
Endlich wurde ich aufgerufen, und ich ging in das Arztzimmer, in dem aber nicht der Arzt von gestern saß, der nicht einmal Blut abzapfen konnte. Ich war stinksauer, denn ich hatte durch die Warterei arschkalte Füße bekommen und fror wie ein Schloßhund, denn im Vorzimmer war es kalt.
Nun stand ich vor dem Arzt, den ich nicht kannte. Der schaute kurz von seinem Schreibtisch auf, musterte mich ein wenig, senkte wieder den Blick auf die Akte, die er vor sich liegen hatte und sagte richtig provozierend:
»Schon wieder so ein fettes, deutsches Schwein!«
Ich dachte, mir fallen gleich die Haare aus, als ich das gehört hatte, vor allem auch deshalb, weil er dies noch auf
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