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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Restaurant essen. Gegen halb zwei waren wir wieder im Hotel.
    Von Ted und Vallerie war noch nichts zu sehen. Kurz vor zwei kam Salem. Wir machten uns gleich auf den Weg. Die Geldübergabe sollte im Bahnhofscafé abgewickelt werden. Als wir dort waren, setzten wir uns in das Café und warteten. Bald darauf setzte sich ein Herr zu uns, der einen sehr seriösen Eindruck machte. Es war ebenfalls ein Araber. Doch Salem und dieser Herr sprachen so gut wie gar nichts miteinander.
    Das einzige, was Salem sagte, war:
    »Ist Ihnen die Uhr so wenig wert? Man könnte doch den Preis um neuntausend erhöhen.«
    Der Mann nickte nur, zog ein Scheckheft aus der Tasche, schrieb ihn über neuntausend Francs aus, gab ihn Salem und sagte: »Mit dem haben mein Boß und ich schon gerechnet, aber mehr als das gibt es nicht. Wo ist die Uhr?«
    Salem griff in die Jackentasche und sagte:
    »Hier.«
    Salem schob das kleine Etui über den Tisch und der andere die Zeitung, die er mitgebracht hatte. Dann schlug Salem die Zeitung auf, entnahm ihr einen Briefumschlag, der darin lag und gab ihn mir. Dabei sagte er:
    »Okay, komm, wir können gehen.«
    Wir standen auf und verließen das Café. Im Auto sagte er zu mir: »So, und jetzt zähl das Geld nach, und nimm dir noch sechstausend raus. Die sind noch für dich und Ted.«
    Das Geld stimmte, und ich nahm die sechstausend heraus.
    Salem hatte uns also nicht beschissen, und ich nahm mir vor, ihm in Zukunft zu vertrauen. Wir sprachen noch ein paar Worte miteinander, und Salem setzte mich dann beim Hotel ab.
    Er wollte sich melden, sobald er wieder einen Job für uns hätte, sagte er. Dann brauste er davon, und ich ging zu Jeanette, die auf mich wartete.
    Jeanette und ich wollten einmal aus Marseille heraus. Wohin, das wußten wir nicht. So gingen wir einfach zum Bahnhof, denn wir wollten mit dem Zug wegfahren. Am Bahnhof standen aber eine Menge Züge und jeder fuhr woanders hin.
    Welchen sollte man da nehmen? Jeanette löste dies Problem, indem sie blind mit dem Finger auf eine der Anzeigentafeln tippte.
    Dann machte sie die Augen wieder auf und schaute, auf was sie getippt hatte. Ich kannte die Stadt nicht, weder vom Sehen noch vom Hören. Aber Jeanette schien sie zu kennen, denn sie meinte, dort wäre es wunderschön.
    Ich wollte nun zum Fahrkartenschalter gehen und für uns beide ein Ticket lösen. Aber Jeanette hielt mich zurück und meinte:
    »Wir brauchen kein Ticket.«
    »Wieso denn das?«
    »Weil wir schwarzfahren. Das ist in Frankreich ganz normal.
    Alle Jungen, besonders die Verliebten, fahren schwarz, und wenn wir erwischt werden, dann bekommen wir einen Strafzettel. Aber den kannst du gleich in den Mülleimer werfen.«
    »Und was ist, wenn die die Polizei holen?«
    »Ach was, da kommt keine Polizei. Das macht der Kontrolleur, und der schreibt am Tag eine ganze Menge von diesen Zetteln.«
    »Aber wenn wir Karten haben, dann brauchen wir nicht auf den Kontrolleur zu achten.«
     
    »Das ist doch gerade das Schöne am Zugfahren, wenn wir auf den Kontrolleur achten und vielleicht sogar flüchten müssen. Sonst macht es doch keinen Spaß.«
    »Was kann, außer daß man einen Strafzettel kriegt, noch passieren?«
    »Naja, bei der nächsten Haltestelle müssen wir aussteigen.«
    »Und wenn wir nicht aussteigen?«
    »Oh, da brauchst du keine Angst zu haben, die passen schon auf.«
    »Und wenn wir rausgeflogen sind, was machen wir dann?«
    »Ganz einfach, den nächsten Zug nehmen und das Spiel geht wieder von vorne los.«
    So etwas hatte ich noch nie gehört, denn ich bin noch nie in meinem Leben schwarzgefahren. Das war wirklich verrückt.
    Da hat man Geld in der Tasche und will schwarz mit der Bahn fahren. Wir suchten das Bahngleis und stiegen in den Zug. In einem Abteil machten wir es uns gemütlich. Da wir alleine im Abteil waren, knutschten wir ein wenig rum. Dann fuhr der Zug an, und Jeanette kicherte wieder, denn ihr schien die ganze Sache Spaß zu machen. Ich hatte sie nur einmal traurig gesehen, und das war in der Nacht, als wir das erstemal miteinander geschlafen hatten. Es war ein komisches Gefühl, zu wissen, daß man keine Fahrkarte hatte und einem der Kontrolleur erwischen könnte. Noch dazu, wenn man die ganze Sache absichtlich machte. Fast eine Dreiviertelstunde fuhren wir. An der nächsten Station hätten wir aussteigen müssen, denn dort war unser Ziel. Genau vor dieser Station kam der Kontrolleur. Es war ein alter Mann, und er sah sehr gutmütig aus. Er schaute uns kurz an und

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