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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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fragte uns nach den Tickets.
    Jeanette kicherte wieder und kniff mich kurz in den Arm. Ich mußte dem Kontrolleur sagen, daß wir keine Fahrkarten hatten, und da meinte er:
    »Geben Sie mir bitte ihre Ausweise.«
     
    Wir zückten unsere Ausweise und gaben sie ihm. Jeanette kicherte ununterbrochen. Ich wußte nicht warum. Vielleicht machte ich so ein dummes Gesicht. Der Kontrolleur holte aus seiner Tasche einen Block und fing an zu schreiben. Als er merkte, daß Jeanette immer mehr kicherte, sagte er zu uns:
    »Daß ihr jungen Leute immer schwarzfahren müßt. Davon habt ihr doch gar nichts, außer daß euch die Sache Geld kostet.
    Und mir macht ihr immer eine ganze Menge Arbeit damit und findet das auch noch lustig.«
    Jeanette sagte nichts, sondern kicherte einfach weiter.
    Als der Kontrolleur fertig war, legte er uns die Blätter, auf denen er unsere Daten und Namen eingetragen hatte, zum Unterschreiben hin. Wir unterschrieben und bekamen einen Durchschlag von diesem komischen Strafzettel.
    Dann sagte der Kontrolleur:
    »An der nächsten Station steigt ihr aus, und wenn ihr das nächstemal schwarzfahrt, setzt euch nicht gleich in ein ›Erste-Klasse-Abteik Dann wird es auch nicht so teuer.«
    Kaum war er aus der Türe, als Jeanette laut anfing zu lachen.
    Sie lachte sich fast kaputt, denn so lustig fand sie die Sache.
    Als sie sich wieder beruhigt hatte, sagte sie zu mir:
    »Du Liebling, du mußt mir etwas versprechen!«
    »Was denn?«
    »Daß du ab heute immer schwarzfahren wirst.«
    »Was soll denn das heißen? Ich kann doch nicht immer schwarzfahren.«
    »Bitte, Fritz. Fahre mir zu Liebe immer schwarz und denke dabei an mich.«
    Die Idee war wirklich verrückt, und ich wußte nicht, was ich darauf sagen sollte. So etwas hatte ich in meinem Leben noch nie gehört.
    »Also gut, mein Liebling. Ich werde dir zuliebe immer schwarzfahren und dabei an dich denken.«
     
    Sie freute sich darüber und hätte mich am liebsten im Abteil vergewaltigt, denn so stürmisch umarmte sie mich. Ich hätte Jeanette niemals einen Wunsch abschlagen können, denn dazu war sie zu lieb. An der nächsten Station stiegen wir aus und trafen den Kontrolleur im Bahnhofsgebäude. Der sprach uns an und meinte:
    »Ihr seid mir ein verrücktes Paar.«
    Darauf lud ich den Mann zu einem Kaffee ein, denn ich mußte ihm erklären, daß wir nicht verrückt waren, sondern nur verliebt. Wir setzten uns in das Bahnhofscafé, und der Kontrolleur erzählte uns, daß an diesem Bahnhof für ihn Endstation sei, denn er hätte Feierabend. Auf einmal sagte er zu uns:
    »Ich habe vorhin gehört, was ihr besprochen habt, mit eurer Schwarzfahrerei. So etwas wie euch zwei habe ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nie erlebt. Wie kann man sich nur so etwas Verrücktes ausdenken?«
    »Das ist ganz einfach. Dieses Mädchen liebt mich und ich sie. Und die Liebe ist doch das Schönste, was es überhaupt gibt. Das müssen sie als Franzose doch wissen.«
    »In Ordnung. Wenn ich euch das nächstemal erwische, bekommt ihr keinen Strafzettel, weil ich weiß, daß ihr es wegen der Liebe macht und nicht wegen der Geldsparerei.«
    »Ach nein, ich will aber einen Strafzettel haben und ihn über mein Bett hängen«, sagte Jeanette.
    Der Kontrolleur wußte nicht mehr, was er dazu sagen sollte, und so ließen wir das Thema Strafzettel fallen. Es war ein richtig netter Mann, aber er wollte nun zu seiner Frau nach Hause, und deshalb verabschiedete er sich.
    Wir bezahlten die Rechnung und gingen aus dem Café.
    Langsam liefen wir durch die Stadt und schauten uns alles genau an. Manche Leute sahen uns nach, da wir Hand in Hand liefen, ab und zu auf der Straße stehenblieben und uns zärtlich küßten. Andere wieder fanden dies normal, schauten nur kurz hin und gingen gleich wieder weiter. Wir kamen an einem Kino vorbei, und Jeanette wollte unbedingt hineingehen, denn es lief ein Liebesfilm. Also kauften wir uns jeder eine Eintrittskarte. Sie bestand darauf, ihre Karte selber zu zahlen.
    Es war ein sehr guter Film, und Jeanette kullerten die Tränen runter. Als ich sie fragte, warum sie denn weine, sagte sie:
    »Ich heule doch gar nicht, aber bei solchen Filmen kommen mir automatisch die Tränen. Da kann ich nichts dagegen machen.«
    Aber der Film hatte dafür ein Happy-End, so wie es die meisten haben, und Jeanette freute sich wieder.
    Nach dem Kino gingen wir noch essen und machten dann einen ausgedehnten Spaziergang. Später fuhren wir nach Marseille zurück. Eine Fahrkarte kauften

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