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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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dabei erwischen sollte, dann werde ich ihn erschießen. Eine andere soll ihn nicht mehr haben. Und wenn ein Mädchen schöner ist als ich, dann ist sie hundertprozentig geschminkt.«
    Solche Antworten gab sie ihm, und er lachte sich immer über sie kaputt, denn sie machte immer so, als wenn sie es total ernst meinte. Ich saß meistens nur da und amüsierte mich köstlich darüber. Salem war schon ein komischer Kerl, und vielleicht hatte ich ihn deshalb gerne.
    Beim Frühstück beschlossen wir, aus einer spontanen Überlegung heraus, ins Kino zu gehen. Jeanette wollte gleich wieder in einen Liebesfilm gehen, und wir mußten ihr das versprechen. Da war sie total begeistert und konnte es kaum noch erwarten, aus dem Café zu kommen. Aber um sie wieder ein bißchen aufzuziehen, bestellte Salem noch eine Tasse Mocca. Sie konnte es nicht verstehen, daß er sie immer ärgern mußte, aber andersrum fand sie es toll, wenn er sie ärgerte. Als wir fertig waren, bezahlten wir und gingen. Hand in Hand liefen Jeanette und ich auf dem Gehsteig. Salem lief vor uns, da er das Kino kannte, in das wir gehen wollten. Es lag an der Hauptstraße von Marseille und hatte immer eine große Filmauswahl. So schlenderten wir gemütlich in die Richtung des Kinos. Aber wir befanden uns auf der falschen Straßenseite. Jeanette hatte sich mittlerweile von mir losgemacht und lief ein Stück vor mir her. Sie wußte auch, wo das Kino war.
    Salem schlenderte neben mir her, und wir unterhielten uns über die Bonzen von Marseille und wie man an ihr Geld herankommen könnte. Aber eine Lösung hatten wir noch nicht gefunden, obwohl wir schon ein paar Tage darüber nach-dachten. Jeanette war nun schon einige Meter vor uns, und ich betrachtete ihre Figur und den wiegenden Hintern. Auf der anderen Straßenseite war nun das Kino. Jeanette stand schon an der Straße und wollte sie überqueren. Ich achtete nicht mehr auf sie, da ich mich mit Salem unterhielt.
    Auf einmal hörte ich einen Aufschrei, der von der Straße kam. Ich schaute auf die Hauptstraße, um zu sehen, was dort passiert war. Da blieb mir mein Herz fast stehen.
    Jeanette lag auf der Straße und nur ein paar Meter von ihr entfernt stand eine dicke Limousine. Sofort rannte ich zu Jeanette, die am Boden lag und sich nicht mehr bewegte. Es standen schon ein paar Menschen rum, die dumm gafften und der Fahrer der Limousine schaute sich seinen Wagen an. Das bekam ich aber nur nebenbei mit. Ich kniete mich neben Jeanette nieder, die mit dem Gesicht zur Erde auf dem Boden lag. Behutsam drehte ich sie um und sagte: »Jeanette, Jeanette…«
    Als ich in ihre Augen sah, wußte ich, daß sie nicht mehr lebte. Alles Fröhliche, Lustige und der liebevolle Blick waren aus ihnen verschwunden. Salem kniete nun neben mir, und er wußte sofort, was los war, denn er hatte lange genug im Krankenhaus gearbeitet, bis man ihn rauswarf, weil er einen Arzt geschlagen hatte.
    Ich starrte auf Jeanettes Gesicht, und in mir brach alles zusammen. Ich hielt ihren Oberkörper in meinen Armen, der eine Arm hing ihr schlaff an der Seite herunter. Langsam hörte ich auf, ihren Namen zu sagen, denn sie konnte mich ja nicht mehr hören. Alles war zerstört, was Jeanette aufgebaut und mir gegeben hatte. Am liebsten wäre ich sofort neben ihr gestorben, aber niemand erbarmte sich und überfuhr mich, wie sie dieses arme Mädchen überfahren hatten. Immer noch kniete ich bewegungslos, mit Jeanette in den Armen auf der Straße, als Salem sie mir aus den Armen nahm und ihr die Augen schloß. Dann legte er sie behutsam auf die Straße, holte seine Sachen aus seinem Mantel, zog ihn aus und deckte Jeanette damit zu. Dann zog er mich vom Boden hoch und hinter sich her. Ich war total willenlos, denn mit Jeanette hatte ich alles verloren, was ich hatte und liebte. Ich weinte leise in mich hinein und merkte nicht einmal, wohin mich Salem führte. Erst als ich in seinem Wagen saß, nahm ich die Umwelt wieder wahr. Ich war innerlich total zerrissen und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Vor mir spielte sich alles nochmals ab, was ich mit Jeanette erlebt hatte. Sie war mein Ein und Alles, und so ein Mistkerl hatte sie mit seiner dicken Limousine einfach totgefahren. Dieses Schwein mußte ich töten, kam mir auf einmal in den Sinn. Indem er mir Jeanette getötet hatte, hatte er gleichzeitig auch mich umgebracht. Ich nahm mir vor, Jeanette zu rächen. Man hätte mir alles nehmen können, aber niemals dieses Mädchen, das für mich die Welt

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