Auch Du stirbst einsamer Wolf
und sie wären nicht mehr so mächtig wie die Götter. Man muß diese Geldmafia doch irgendwie zu packen kriegen.
Das waren so meine Gedanken, die ich in mir herumwälzte, als ich mit Salem schweigend dasaß. Dann fragte ich Salem:
»Wann ist die Beerdigung von Jeanette?«
»Das weiß ich noch nicht, aber ich werde mich erkundigen.«
»Ich will zu ihrer Beerdigung gehen, denn das bin ich ihr schuldig.«
»Ich werde auch mitgehen. Sie war wirklich ein liebes Mädchen, ich habe sie auch sehr gern gehabt.«
»Wenn alle Menschen so wären wie sie, dann wäre die Welt ein Paradies. So ist sie aber nur ein Schlachtfeld, und jeder kämpft gegen jeden. Und die Bonzen sind die Feldherren.«
»Du hast zwar recht, aber keiner von uns kann daran etwas ändern.«
Salem war sehr klug, und das schätzte ich an ihm. Er verlor nie den Kopf, wenn etwas passierte. Er war gerecht und ehrlich. Dieser Mann sollte an die Regierung kommen, dann gäbe es weniger Ungerechtigkeiten auf der Welt, dachte ich.
Aber solche Leute kommen nicht an die Regierung, und deswegen wird es immer schlimmer, und niemand unternimmt etwas dagegen.
Ich setzte nur noch die Flasche an, denn ich fand, daß der Whisky für mich die beste Medizin war. Man konnte vergessen, was passiert war und wenn es auch nur für Stunden war. Irgendwann muß ich in meinem Vollrausch umgekippt sein. Ich brauchte diesen Rausch, sonst hätte ich den Tag bestimmt nicht überstanden, ohne eine große Dummheit zu machen. Aber so war es unmöglich, etwas anzustellen, denn ich war zu blau. Ich lag auf dem Sofa und schlief.
Am nächsten Morgen, als ich aufwachte, war ich mit einer Wolldecke zugedeckt. Ich wußte erst nicht, wo ich mich befand und schaute, wo Jeanette war. Sie lag aber nicht neben mir. Da kam mir der grauenhafte gestrige Tag wieder in den Sinn. Ich fühlte mich elend und mit meinem Kater, den ich hatte, ging es mir noch dreckiger. An die Decke starrend lag ich da, und die ganzen gestrigen Ereignisse spielten sich noch einmal vor meinen Augen ab. In mir staute sich ein Druck an, und ich hätte schreien können. Aber ich schrie nicht, sondern lag nur da und wünschte mir, auf der Stelle zu sterben, um bei Jeanette zu sein. Aber wenn man den Wunsch zu sterben hat, dann stirbt man nicht. Jeanette wollte auch nicht sterben, und auf einmal war sie tot. Sie war noch so jung und hätte noch ein ganzes Leben vor sich gehabt.
Ich merkte nicht, wie Salem ins Zimmer kam und sich neben mich stellte. Erst als er mich an der Schulter berührte, fuhr ich aus meinen Gedanken auf. Er hielt in der Hand ein Glas, das er mir hinstreckte und sagte:
»Trink das! Es ist gegen den Kater, den du heute morgen bestimmt hast.«
Ich nahm das Glas, und ich wünschte mir, daß es Gift wäre.
Dem Geschmack nach war es Gift, aber da ich am Leben blieb, war es keines.
»Willst du etwas essen?«
»Nein, ich habe keinen Hunger.«
»Du wirst aber etwas essen, sonst bekommst du Ärger mit mir!«
Wenn Salem sagte, ich müßte etwas essen, dann kam ich nicht darum herum. Und außerdem wollte ich ihn nicht kränken, denn er meinte es nur gut mit mir. Zum Aufstehen hatte ich eigentlich keinen Bock, aber Salem meinte, daß das Bad frei sei und ich duschen könnte. Er warf mir noch ein frisches Handtuch auf das Sofa und verschwand in die Küche.
Ich rappelte mich auf und machte mich auf den Weg ins Bad.
Meine Kleider waren total zerknautscht. Damit konnte ich nicht mehr auf die Straße gehen. Ich stellte mich unter die Dusche, und wieder fehlte mir Jeanette, denn wir hatten meistens zusammen geduscht. Damit ich nicht ausflippte, beeilte ich mich und war so schnell wie möglich fertig. Dann schnappte ich mir den Bademantel von Salem, nahm meine Kleider, die Salem in die Expressreinigung bringen sollte und ging aus dem Bad. Im Wohnzimmer warf ich die Kleider in den Sessel und ging in die Küche. Dort duftete es schon nach frischem Kaffee, den Salem gerade aufgoß. Ich sagte zu ihm:
»Bringst du bitte meine Klamotten in die Expressreinigung?«
»Ja, das mache ich gleich nach dem Frühstück.«
Auf dem Küchenschrank stand eine halbe Flasche Whisky, und ich wollte danach greifen, als Salem auf einmal sagte:
»Laß die Finger davon! Du hast gestern einen Rausch gehabt und der langt. Wenn du nur noch im Delirium herumrennst, kannst du auch niemanden helfen und am allerwenigsten dir.«
Er hatte recht, und so ließ ich die Finger von der Flasche. Ich setzte mich an den Tisch und zündete mir eine
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