Auch Du stirbst einsamer Wolf
Zigarette an. Als Salem den Kaffee fertig hatte, stellte er mir eine Tasse unter die Nase und meinte:
»Das ist jetzt im Augenblick besser für dich, und iß auch etwas, denn wir haben heute noch viel zu erledigen.«
Ich trank den Kaffee und aß sogar etwas, wenn es auch nicht viel war. Salem selber trank nur eine Tasse Kaffee und las nebenher »Le Monde«. Ab und zu beim Umblättern schaute er mich an, als wenn er sich vergewissern wollte, daß ich nicht ein Glas Whisky trank. Als er fertig war, sagte er zu mir:
»Die Beerdigung ist übermorgen, um zehn Uhr morgens. Wir haben noch einige Vorbereitungen zu treffen. Sie soll einen schönen Sarg bekommen und eine Beerdigung mit allem Drum und Dran.«
»Ja, mit allem Drum und Dran«, sagte ich leise, mit hängendem Kopf und Tränen in den Augen.
Immer wenn wir über Jeanette sprachen, war es mir, als wenn mir jemand das Herz zusammendrücken würde.
»Junge, laß den Kopf nicht hängen, das Leben geht immer weiter. Du bist doch kein kleines Kind mehr, und jetzt benimm dich wie ein Mann! Reiß dich zusammen, denn jeder verliert einmal etwas, was er sehr gerne hatte. Du bist da nicht der einzige auf der Welt. Ich habe meine Frau und mein Kind verloren und habe mich auch nicht hängen lassen. Also Kopf hoch.«
Ich schaute zu ihm auf und nickte nur, da ich zum Sprechen nicht fähig war. Dann stand Salem auf und sagte:
»Ich gehe jetzt zur Reinigung und bin in ein paar Minuten wieder da. Und laß die Finger von der Flasche!«
Ich schaute ihn wieder an und nickte nur. Salem drehte sich um und verschwand aus der Küche. Er hatte recht, ich muß mich am Riemen reißen, sonst kann ich gleich den Löffel wegwerfen. Salem hatte es auch tun müssen, und ich werde es auch. Er hatte sogar zwei Menschen verloren, und ich will bei einem aufgeben. Seine Frau starb bei der Geburt des ersten Kindes. Das Kind selber starb einige Wochen später. Es waren die beiden einzigen Menschen, die Salem geliebt hatte, und er hatte sie beide verloren.
Ich hatte wieder Mut, stand auf und ging mit einer Tasse Kaffee ins Wohnzimmer. Dort setzte ich mich in einen Sessel, zündete mir eine Zigarette an und dachte über die Beerdigung nach.
Sie soll einen Sarg haben, der schön ist, so wie sie es war.
Dann viele rote Rosen, denn sie hatte sie gerne und sagte immer, daß diese die Boten der Liebe seien. Ein Pfarrer sollte ebenfalls sprechen, denn sie glaubte an Gott, auch wenn sie nicht zur Kirche ging. Ich will ihr einen Abschied geben, wie sie ihn verdient hat. Salem sollte mir dabei helfen, damit alles klappen würde. Dann kam auch schon Salem wieder und meinte:
»In einer Stunde kann ich deine Klamotten wieder abholen.«
»In Ordnung.«
»Um den Rest der Beerdigung kümmere ich mich heute mittag. Das meiste habe ich schon gestern arrangiert, als du in deinem Vollrausch hier gelegen hattest.«
»Salem. Ich möchte aber noch ein paar Extrasachen für die Beerdigung haben.«
»Was denn?«
»Viele rote Rosen und einen Pfarrer.«
»Einem Pfarrer habe ich schon Bescheid gesagt. Ihn brauche ich nur noch anzurufen, um ihm zu sagen, wann die Beerdigung ist. Aber Rosen habe ich noch keine bestellt.«
»Dann gehen wir heute mittag in ein Blumengeschäft und bestellen Rosen für die Beerdigung.«
Er schaute mich ungläubig an, und ich sagte ihm: »Sie hatte rote Rosen sehr gerne, und ich will ihr welche auf den Sarg und das Grab legen.«
»In Ordnung, das machen wir heute mittag.« Der Morgen ging schnell vorbei, und am Nachmittag erledigten wir die Sachen, die noch wichtig waren. Geld für die Beerdigung hatte ich noch genug. Salem wollte auch einen Teil bezahlen, denn er wollte ebenfalls etwas für Jeanette tun.
Die Beerdigung war eine einzige Qual für mich. Der Sarg wurde aus der Halle getragen und auf einen Wagen gesetzt, der ihn zum Grab fahren sollte. Salem, Ted, Vallerie, die Träger und ich waren die einzigen, die anwesend waren. Der Pfarrer hatte sich verspätet. Der Sarg war schön, aber wenn ich daran dachte, daß Jeanette darin lag, verspürte ich einen Kloß im Hals und hätte heulen können. Salem und ich hatten einen Rosenstrauß in der Hand. »Die Boten der Liebe«, wie sie immer gesagt hatte. Der Morgen war trübe, kalt, und es nieselte leicht. Mir kam es vor, als wenn die ganze Welt, in diesem Moment, um Jeanette trauerte. Vor dem ausgehobenen Grab blieben wir stehen. Die Träger stellten den Sarg über die ausgehobene Grube. Dann kam auch der Pfarrer in einer
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