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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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schwarzen Soutane und mit einem Buch in der Hand herangeeilt. Als er bei uns war, sprach er jedem sein Beileid aus und gab uns die Hand. Nun legte ich den Strauß Rosen, den Salem in der Hand hatte, auf den Sarg. Ich hatte auf einmal ganz weiche Knie und dachte, ich müßte jeden Moment zusammenbrechen. Ich blieb einen Augenblick am Sarg stehen, und als ich mich wieder wohler fühlte, ging ich zu den anderen zurück. Die Mutter von Jeanette verfluchte ich, denn sie hätte wenigstens zur Beerdigung ihrer Tochter kommen können.
    Aber was will man von einer Hure schon erwarten? Die lag bestimmt mit einem Kunden im Bett oder weiß Gott was. Diese Huren sind doch das Letzte, dachte ich mir, als auf einmal der Pfarrer anfing zu sprechen. Er sprach über Jeanette, und mir kullerten die Tränen herunter. Am liebsten wäre ich weggelaufen und hätte mich vor der ganzen Welt versteckt. Als der Pfarrer fertig war, wurde der Sarg hinuntergelassen. Dies war für mich der schlimmste Moment der ganzen Beerdigung.
    Ich hielt mich an Salems Schulter fest, da es mir schwindelig wurde und glaubte, daß jemand mein Herz abdrückte. Dies ging aber nur einen Augenblick, dann war es wieder vorüber.
    Als der Sarg unten war, sprach der Pfarrer noch ein Gebet.
    Dann warf jeder noch eine Schaufel Sand auf den Sarg.
    Danach sagte ich zu den anderen:
    »Geht ihr ruhig schon. Ich bleibe noch ein bißchen. Ich möchte jetzt alleine sein.«
    Die anderen verstanden mich und gingen. Die Männer fingen an, das Grab zuzuschaufeln. Jede Schaufel voll Erde, die auf den Sarg fiel, tat meinem Herzen weh, denn sie warfen sie auf Jeanette. Als das Grab fertig hergerichtet war, legte ich die Rosen, die ich noch in der Hand hatte, auf das Grab von Jeanette nieder. Dann stellte ich mich davor und verabschiedete mich von ihr. Ich versprach ihr, daß ich immer an sie denken und sie ewig lieb haben werde.
    Ich weiß nicht, wie lange ich mich mit ihr unterhielt. Aber als ich gehen wollte, kam mir Salem entgegen. Ich fühlte mich hundeelend und war froh, daß er gekommen war.
9
    Am Abend, als ich wieder im Hotel war, schloß ich mich ein, denn ich wollte alleine sein. Ich hatte keinen Tropfen Alkohol getrunken, da ich sonst bestimmt Blödsinn gemacht hätte, und so hatte ich einen klaren Kopf.
    Im Hotel legte ich mich auf das Bett und überlegte. In der Luft hing noch das Parfüm von Jeanette, alles im Zimmer erinnerte mich an sie. Ich versuchte an etwas anderes zu denken. Aber es ging nicht, denn die Erinnerungen im Zimmer fraßen mich bald auf. Ich beschloß, am nächsten Tag auszuziehen und in ein anderes Hotel zu gehen. Dann nahm ich mir vor, in den nächsten Tagen noch eine Fahrt mit dem Zug zu machen und an Jeanette zu denken. Dies sollte eine Art letzter Abschied sein. Deshalb nahm ich mir auch vor, kein Ticket zu kaufen. So verrückt sich das auch anhören mag, aber es ist nun einmal so.
    Da ich nicht einschlafen konnte, ging ich zum Portier hinunter und holte mir zwei starke Schlaftabletten.
    Die Dinger waren wirklich stark, denn schon nach wenigen Minuten schlief ich ein.
    Am nächsten Morgen war ich schon früh wach. Ich stand auf, zog mich an, nachdem ich geduscht hatte, und machte einen ausgedehnten Spaziergang. Am Hafen ging ich in ein Café, das schon auf hatte, und danach wieder ins Hotel zurück. Als Ted und Vallerie aufgestanden waren, gingen wir zusammen früh-stücken. Keiner von beiden erwähnte Jeanette, und ich war ihnen dankbar dafür. Ich sagte ihnen auch, daß ich die nächsten Tage verreisen und aus dem Hotel ausziehen würde. Ted meinte, daß sie auch ausziehen würden, da zu viele Erinnerungen in diesem Hotel wären. Sie fragten mich nicht, warum und weshalb ich in den nächsten Tagen nicht da sein werde. Das war auch gut so, denn ich hätte ihnen keine Antwort gegeben.
    Nach dem Frühstück gingen wir wieder ins Hotel. Ich packte meine Sachen und bezahlte die Miete, die noch offen war. Als der Portier hörte, daß ich abreisen wollte, war er sichtlich traurig. Er meinte, daß ich ein guter und anständiger Gast gewesen wäre und er mich sehr ungern verlieren würde. Dann bestellte ich ein Taxi und verabschiedete mich von Ted und Vallerie. Ich versprach, ihnen mitzuteilen, in welches Hotel ich ziehen würde, sobald ich von meiner Reise zurück sei. Mit dem Taxi fuhr ich zu Salem. Der schaute mich ganz verdutzt an, als er mich mit meinem Gepäck sah. Ich fragte ihn, ob ich meine Sachen bei ihm unterstellen könnte. Ich erklärte ihm,

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