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Auch Santiago hatte einen Hund

Auch Santiago hatte einen Hund

Titel: Auch Santiago hatte einen Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Lindenthal
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besseren Stimmung noch nicht angepasst, bei strömendem Regen verlasse ich das - nun doch - gastliche Haus der Franziskanerinnen von AMAILLOUX. Kurze, wirklich ganz kurze, sonnige Phasen verleiten mich rettungslos optimistischen Menschen dazu, den Regenumhang herunterzunehmen, weil ich darunter gottserbärmlich schwitze. Ich werde aber sehr schnell eines Besseren belehrt, denn es gießt in Strömen, als ich am späten Vormittag über den Pont Saint-Jacques das Jakobsviertel von PARTHENAY betrete. Der scharfe, kalte Wind peitscht mir die Tropfen ins Gesicht, gebückt und tief vermummt strebe ich über das Kopfsteinpflaster der Rue Saint-Jacques dem Zentrum der Stadt zu, die im Mittelalter eine wichtige Kreuzung mehrerer Jakobswege war. Gerade überlege ich, wo ich bei diesem Hundewetter (Verzeihung, ihr braven Hunde!) Mittagsrast halten soll (hat jemand vielleicht wieder eine Kirche für mich geöffnet?), als ich höre, wie hinter mir ein Mann „Salut, le pélèrin!“ ruft. Ich grüße zurück, erfreut, dass ich als Pilger erkannt und begrüßt werde, und gehe weiter. Doch der Mann ruft noch einmal. Als ich mich umdrehe, um zu sehen, was er von mir will, fragt er, ob ich Zeit und Lust hätte hereinzukommen. Erst da bemerke ich, dass wir genau vor dem Sitz des Vereins zur Rettung des Jakobsviertels stehen. Der Verein, der im Stadtviertel in erster Linie kulturelle und soziale Aktivitäten setzt, interessiert sich natürlich auch für die Pilgertradition und ist, wie ich später erfahren sollte, bemüht, eine Pilgerherberge einzurichten. Ob ich Zeit und Lust habe? Ich suche ja gerade verzweifelt einen trockenen Platz, welche Frage! Aus dem „Hereinkommen“ werden vier (!) Stunden, die ich mit Philippe, seinem Bruder Christophe, der später zu uns stößt, und Raymond, einem freundlichen, pensionierten Arbeiter, verbringe. Wir essen gemeinsam zu Mittag (vorher noch ein Apéro), trinken Rotwein und Kaffee, unterhalten uns prächtig und diskutieren über Gott und die Welt - vor allem über die Welt. Sie sind begeistert, dass ihre Stadt so prominent in meinem Buch erwähnt wird, und wollen versuchen, in PARTHENAY einen Verleger für eine eventuelle französische Auflage zu finden. Erst um fünf Uhr Nachmittag mache ich mich wieder auf den Weg, aber ich muss mich wirklich losreißen, mit Philippe, Christophe und Raymond hätte ich es noch viel länger ausgehalten.
     

    Jakobsbrücke und Jakobsturm in Parthenay
     
    Bis CHAPELLE-BERTRAND sind es noch ca. acht Kilometer, die lege ich -beflügelt von dieser wunderbaren Begegnung - flotten Schritts zurück, Gott sei Dank ohne Regen (in der langen Mittagspause hat sich der Himmel ausgeweint), und auch die Achillessehne spielt wieder mit - Halleluja I Meine Gastgeber erwarten mich schon, sie haben im Bügelzimmer ein Bett für mich hergerichtet. Draußen ist es kalt, es kann jederzeit wieder zu regnen beginnen, da wollen sie mir eine Nacht im Zelt nicht zumuten. Beim Abendessen im Wintergarten fällt die Tagesbilanz trotz des absolut grässlichen Wetters positiv aus. Ich glaube, der Tiefpunkt ist überwunden. So knapp am Aufgeben wie heute früh beim Aufstehen war ich noch nie. Doch jetzt sieht alles wieder besser, heller aus. Übermorgen bin ich in POITIERS, bis dorthin komme ich auf jeden Fall, Ute werde ich ganz sicher nicht sitzen lassen. Rückblickend denke ich mir, dass mich auch der feste Wille, die Verabredung mit ihr einzuhalten, am Aufgeben gehindert hat. Sonst hätte ich diese schon vom Start weg schwierige Pilgerreise - Hitze, Kälte, Regen, Wind, Durst, Einsamkeit, keine Herbergen, Blasen, Achillessehne -, hin und wieder unterbrochen von tollen Höhepunkten, vielleicht nicht durchgehalten. Zwei Tage bis POITIERS, vier Tage mit Ute (alles Gute, heute hat sie Geburtstag!) bis ANGOULÈME, das ist ein überschaubares Programm. Und nachher? Vamos a ver!
     
    Das „Murmele“ und der Jäger
     
    Mir war immer bewusst, dass Ajiz ein Jäger war und das Gehen ohne Leine mit ihm stets ein Risiko darstellte. Vielleicht haben sich schon manche gefragt, ob ich nicht verantwortungslos handelte, wenn ich so konsequent auf die Leine verzichtete. Dazu ist zu sagen, dass ich erstens die Leine immer mithatte und Ajiz selbstredend in bestimmten Situationen (nicht nur in der Stadt oder auf der Straße) anleinte, und zweitens, dass er tatsächlich nie Wild gerissen hat. Verfolgt und verbellt ja (am liebsten Eichkätzchen), gerissen nein. In ihrer Heimat, in Finnland, werden die

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