Auf Befehl des Königs
ihren Tränen freien Lauf ließ. Um keine unwillkommene Aufmerksamkeit zu erregen, zog er sie hinter den Vorhang des Alkovens, setzte sich auf die schmale Steinbank und nahm sie auf seinen Schoß. Nach einer Weile versiegten ihre Tränen, und sie barg das Gesicht an seiner Brust.
"Ich will nicht zu ihm gehen, Orrick. Ich will mit dir nach Hause und nur noch deine Frau sein", flüsterte sie stockend und begann wieder zu weinen.
"Marguerite", raunte er und küsste ihr die Stirn. "Alles wird gut. Sei unbesorgt."
"Aber ich muss seinem Ruf folgen, Orrick. Er wird dich bestrafen, wenn er den Verdacht hat, du hast mich daran gehindert. Ich kenne ihn und weiß, wozu er in seiner verletzten Eitelkeit fähig ist."
Orrick wischte ihr mit den Daumen die nassen Wangen und küsste sie auf den Mund. "Ich bin an deiner Seite. Trockne deine Tränen und lass dir deine Ängste nicht anmerken. Wenn er deine Schwäche spürt, wird er sie gegen dich ausspielen."
Orrick stellte sie auf die Füße, sie tupfte sich mit dem Ärmel ihres Gewandes die Augen ab, er schlug den Vorhang beiseite, und sie traten in den Flur.
"Und wenn er … wenn er …"
"Er ist der König und kann tun, was ihm beliebt, Marguerite. Aber ich werde alles daransetzen, was in meiner Macht steht, um ihn daran zu hindern, seinen Willen durchzusetzen, wenn es um deine Person geht." Er bot ihr die Hand, die sie ohne Zögern ergriff. "Komm Liebste, wir dürfen Seine Königliche Hoheit nicht warten lassen."
25. Kapitel
"Ihr kommt in Begleitung, Mylady."
Bei den Begrüßungsworten des Königs lief Marguerite ein kalter Schauer über den Rücken. Doch dann spürte sie Orricks Händedruck, der ihr den Mut gab, den sie brauchte. Sie ließ seine Hand los, trat einen Schritt vor, fühlte sich aber in seiner Nähe geborgen.
"Mein Gemahl fand es angemessen, mich zu begleiten, Königliche Hoheit."
Der Monarch musterte das Paar aus leicht zusammengekniffenen Augen. "Ihr habt Euch verändert, meine Liebe. Nicht nur im Aussehen, auch etwas in Eurer Ausstrahlung verwirrt mich. Ich weiß allerdings noch nicht, was es ist."
"Ich bin nicht mehr die Frau, die Euer Bett geteilt hat, Hoheit. Die Liebesdienerin des Königs gibt es nicht mehr."
Henry zischte durch die Zähne. "So war es nie zwischen uns, Marguerite. Ich habe Euch nie unfreundlich oder schlecht behandelt. Habe ich Euch etwa das Gefühl gegeben, eine Hure zu sein?"
"Nein, Euer Gnaden. Aber als ich mehr von Euch forderte, als Ihr mir zu geben bereit gewesen seid, habt Ihr mich verstoßen wie eine, die sich ihre Dienste zu teuer bezahlen lässt. Nennt Ihr das eine ritterliche Geste?"
Henry wanderte steifbeinig im Gemach hin und her, dann ließ er sich auf eine Couch sinken. "Das war eine unbedachte Handlung meinerseits. Was verlangt Ihr, um in mein Bett zurückzukehren?"
"Ich will eine Ehefrau sein."
Er richtete sich auf und starrte beide finster an. Orrick, der seitlich von ihr stand, trat von einem Fuß auf den anderen.
"Ich habe eine Gemahlin und habe nicht die Absicht, mir eine andere zu nehmen."
"Auch ich habe einen Gemahl und wünsche mir keinen anderen."
Henry erhob sich wieder und trat auf die beiden zu. "Nach Euren Schilderungen hatte ich allerdings einen völlig anderen Eindruck. Mit jedem Brief wurden Eure Klagen schlimmer. Ich glaubte zunächst, Euch mit dieser Eheschließung einen Gefallen getan zu haben, doch nach Euren Schreiben zweifelte ich an meiner Entscheidung."
"Königliche Hoheit", begann Marguerite wieder nach einem flüchtigen Blick zu Orrick, "als ich diese Zeilen schrieb, war ich tief unglücklich und wütend darüber, dass Ihr mich verstoßen und bestraft habt. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als zu Euch zurückzukehren, da ich nicht wusste, was in meiner Abwesenheit vor einem Jahr geschehen war."
"Ihr wisst von Eurer Schwester?" Über die geröteten Gesichtszüge des Königs huschte ein Anflug von Schuldbewusstsein. Mit einem Kopfnicken zu Orrick fuhr er fort. "Ist er über diese Zeit im Bilde?"
"Er weiß, dass ich im Sommer vor einem Jahr eine Tochter zur Welt gebracht habe."
"Was sagt Ihr dazu, Lord Orrick?", fragte Henry mit erhobenem Kinn.
"Nun, Sire, es ist eine Tatsache, an der nichts zu ändern ist", antwortete Orrick gelassen. "Ich bin informiert über dieses Kind, und ich weiß, welche Arrangements für seine Erziehung getroffen wurden. Mit Gottes Hilfe werden wir bald ein eigenes Baby haben, das die Leere im Herzen und im Leben meiner Gemahlin ausfüllt, die
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