Auf Befehl des Königs
und mich zur Einsicht gebracht, wie töricht, verbohrt und uneinsichtig ich gewesen bin."
"Nun reicht es aber mit Selbstanklagen", sagte Orrick zärtlich, küsste sie auf die Stirn und flüsterte: "Wie geht es nun weiter? Hat der König dich zu sich rufen lassen?
Nach kurzem Zögern nickte sie. "Ja, die Botschaft wurde mir beim Bankett überbracht."
"Ich begleite dich. Du bist meine Ehefrau. Mein Platz ist an deiner Seite."
"Ich werde nicht mit ihm schlafen, Orrick. Bitte vertrau mir."
"Wann gehst du zu ihm?"
Wieder zögerte sie. "Um Mitternacht. Allein."
Er löste sich von ihr, fixierte sie und wartete, bis sie seinem Blick begegnete. Tränen füllten ihre Augen und liefen ihr die Wangen herab. "Ich vertraue dir, Liebste. Aber der König ist unberechenbar. Deshalb werde ich an deiner Seite sein."
Ein Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. Orrick öffnete. François stand im Flur und überbrachte die Bitte von Abt Godfrey um eine möglichst umgehende Unterredung. Orrick zögerte, Marguerite allein zu lassen.
"Godfrey verlangt nach mir, er will jetzt mit mir sprechen, aber ich kann ihn bis morgen vertrösten. Was meinst du?"
"Ich bin müde und würde mich gerne ein halbes Stündchen ausruhen, Orrick. Ich habe ihn heute kurz getroffen und hatte den Eindruck, er will dir etwas Dringendes mitteilen. Geh zu ihm."
Orrick trat zu ihr und küsste sie. "Ich bin bald zurück. Warte auf mich."
Ermattet nickte Marguerite. Orrick wies François an, vor der Tür Wache zu halten. Danach suchte er den Abt auf, fürchtete aber, dass Marguerite ihn auch diesmal belogen hatte.
Nach einem langen Gespräch mit Godfrey machte er sich auf den Weg durch mehrere Korridore zu den Privatgemächern des Königs. Kurz bevor er in den letzten Seitenflur abbog, entdeckte er eine Nische in der dicken Mauer, die sich hervorragend für seinen Plan eignete. Jeder der den Monarchen aufsuchte, musste dort vorbei.
Orrick hatte Marguerites Absicht durchschaut. Sie wollte den König ohne die Begleitung ihres Gemahls aufsuchen in der Annahme, Henry von seinem Vorhaben abzubringen. Orrick wusste, dass sie nicht den Wunsch hatte, sich dem Herrscher hinzugeben, aber ihm war klar, dass sie alles daransetzen würde, um die Liebe und das Leben zu schützen, welche sie durch ihn, Orrick, kennen gelernt hatte. Wenn es bedeutete, den Werbungen des Königs nachzugeben, wäre sie sogar dazu bereit.
Dies wollte und musste Orrick verhindern.
Das Warten erschien ihm wie eine Ewigkeit. Irgendwann versiegte der Strom der Besucher, die dem König ihre Aufwartung machten. Dann huschten nur noch eifrige Diener durch den Flur in diesem Flügel des Palastes. Anscheinend wollte Henry Marguerite in aller Diskretion empfangen.
Endlich vernahm Orrick leichte Schritte und spähte vorsichtig aus seinem Versteck. Sie hielt den Kopf gesenkt und trug den schlichten Umhang einer Dienerin. Aber Orrick hätte ihre Gestalt auch erkannt, wenn sie sich einen Sack über den Kopf gestülpt hätte. Marguerite huschte eilig an dem Vorhang der Nische vorbei und bog in den Seitenflur ein, der zu den königlichen Privatzimmern führte.
Orrick hielt den Atem an, sein Herz krampfte sich zusammen. Er hatte richtig vermutet – sie hatte ihm nicht die Wahrheit gesagt. Marguerite wollte das Treffen mit dem König allein bestehen. Aber für Selbstmitleid blieb ihm später Zeit. Nun musste er sich beherrschen, ihr Zeit und Gelegenheit geben, auch noch diesen Fehler zu begehen. Orricks einzige Hoffnung klammerte sich daran, dass sie wusste, sie konnte zu ihm zurückkehren, falls Henry erneut ihre Schwäche ausnutzte.
Er trat aus dem Versteck im gleichen Moment, als Marguerite wieder um die Ecke bog und ihn entdeckte. Was war geschehen? Erst wenige Augenblicke zuvor wollte sie zielstrebig die Räume des Königs aufsuchen, und nun machte sie kehrt? Orrick stutzte, und Marguerite erschrak.
"Was machst du hier, Orrick?"
"Ich ahnte, dass du mir die falsche Zeit genannt hast und du allein und schutzlos zu ihm gehen willst", sagte er. "Ich wollte da sein, falls du mich brauchst." Nach einer Pause fragte er: "Warum kommst du jetzt schon zurück?" Er wartete mit angehaltenem Atem auf ihre Antwort.
"Ich habe meine Meinung geändert. Ich will ihm nicht allein begegnen."
Ihre Blicke trafen einander, beide schwiegen. Die Liebe, welche er in ihren Augen las, schnürte ihm die Kehle zu. Sie warf sich schluchzend in seine Arme. Orrick hielt sie umschlungen, wiegte sie tröstend, während sie
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