Auf Befehl des Königs
gekommen war, mich von Euch zu trennen. Aber ich wollte Euch nicht der Willkür Eures Vaters überlassen und holte mir Rat bei Menschen, denen ich vertraue. Dadurch erfuhr ich von jenem Lord of Silloth, der mir als angemessener Heiratskandidat für Euch empfohlen wurde."
Orrick wechselte einen verblüfften Blick mit ihr.
"Ich wollte Euch nicht wehtun. Daher traf ich ohne Euer Wissen Vorbereitungen für Eure Eheschließung. Als Ihr nach der Geburt zum Hof zurückgekehrt seid, waren die Verträge bereits unter Dach und Fach." Marguerite sah ihn fassungslos an, und der König lachte. "Damit habt Ihr nicht gerechnet, wie?"
"Nein, Majestät, das habe ich nicht erwartet", erwiderte sie kopfschüttelnd.
"Aber Marguerite, lasst doch die Förmlichkeiten nach allem, was wir miteinander geteilt haben, und nennt mich Henry."
"Ihr versetzt mich in Erstaunen … Henry."
"Nachdem ich Marguerites Briefe gelesen hatte, fürchtete ich, Euch falsch eingeschätzt zu haben, Orrick. Ich ließ Euch beide an meinen Hof kommen, um zu entscheiden, ob ich sie Euch wieder wegnehmen soll, da Ihr das Geschenk, das ich Euch gemacht habe, offenbar nicht zu würdigen wisst."
Orrick blickte dem König direkt in die Augen, als liege hinter seinen Worten eine tiefere Bedeutung. Die beiden Männer schienen eine stumme Botschaft auszutauschen. Marguerite wollte Orrick später danach fragen.
"Und nun, Henry? Was geschieht jetzt?", fragte sie und wappnete sich gegen seine Antwort. Er war der König, und was er befahl, würde geschehen, auch wenn sie ihre Meinung geändert hatte oder ihr Gemahl dagegen protestieren würde.
"Diese neue Marguerite erscheint mir noch reizvoller als die frühere. Ich gestehe, dass mein Verlangen nach Euch nicht erloschen ist. Andererseits steht mir der Sinn nicht danach, mich Eurem Gemahl im Schwertkampf zu stellen, worauf er vermutlich als Preis für Eure Ehre bestehen würde."
Bei diesen Worten erhob der König sich und füllte zwei weitere Kelche mit Wein. "Erst vor kurzem wurde ich gewarnt, dass meiner Seele ewige Verdammnis im Höllenfeuer droht, wenn ich erneut gegen das Gebot Gottes verstoße, das da lautet, du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib." Er reichte den beiden je einen Becher. "Ich werde Euch nicht, wie ich vorgesehen hatte, in mein Bett nehmen, sondern wünsche Euch Glück für Euer erstgeborenes Kind und befehle Euch, Lord Orrick, mit Eurer Gemahlin umgehend nach Silloth zu reisen, wo sie sich in Ruhe auf die Geburt eines Sohnes oder einer Tochter vorbereiten kann."
Marguerite und Orrick starrten den Monarchen verständnislos über ihre Kelche hinweg an. "Was wollt Ihr damit sagen?", erkundigte sich Marguerite schließlich verwundert, da sie bislang nicht gewagt hatte, über ihren Verdacht zu sprechen. Auf der Reise nach Carlisle hätte ihre Regelblutung einsetzen müssen, doch bisher hatte sich noch nichts dergleichen angekündigt.
Henry trat zu ihr und strich mit dem Zeigefinger die Linie über dem Ausschnitt ihres Kleides entlang. "Die zarte Haut über Euren Brüsten schimmert rosig, nachdem Ihr empfangen habt, mein schönes Kind. Das war beim ersten Mal so, und nun stelle ich es wieder fest. Es fiel mir schon im Festsaal bei Eurem tiefen Hofknicks auf."
Marguerites Hände flogen an ihren Busen, ihre Brustspitzen richteten sich prickelnd auf. War es möglich, dass sie Orricks Kind trug? Sie suchte bang den Blick ihres Gemahls, der erst jetzt den Sinn der Worte des Königs zu begreifen schien. Dann hellte sich sein Gesicht zu einem breiten Lächeln auf, und alles war gut.
Mit einem glucksenden Laut der Freude und des Glücks schlang sie die Arme um seinen Hals. Orrick zog sie an sich und gab ihr einen langen Kuss voller Leidenschaft, der ihr den Atem verschlug, bis der König die Geduld verlor.
"Es wäre empfehlenswert, wenn Ihr nun Eure Privatgemächer aufsucht."
"Ja, Königliche Hoheit", sagte Marguerite atemlos, löste sich hastig von Orrick und machte eine tiefe Verbeugung.
Henry zog sie an den Schultern hoch und küsste sie auf den Mund, allerdings keusch und flüchtig. Das Funkeln in seinen Augen ließ Marguerite vermuten, dass er sie damit ein letztes Mal auf die Probe stellen wollte.
Orrick verneigte sich vor seinem König, nahm seine Gemahlin bei der Hand und wollte den Raum verlassen. An der Tür rief Henry ihn noch einmal zu sich. Marguerite wartete, während die Herren leise miteinander redeten. Das Lachen des Königs, mit dem das kurze Gespräch endete, versetzte
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