Auf Befehl des Königs
Moment aus dem Konzept gebracht zu sein. Marguerite weitere Avancen zu machen im Beisein seines gesamten Hofstaats, würde möglicherweise das Missfallen des Hochadels und der Würdenträger der Kirche herausfordern. Niemand hätte es gewagt, Einwände dagegen zu erheben, die unverheiratete Tochter eines treuen Verbündeten zur Geliebten zu nehmen, zumal mit dem Einverständnis des Vaters. Aber die Gemahlin eines treuen Vasallen in dessen Anwesenheit und ohne dessen Erlaubnis zu becircen, würde auf Kritik stoßen. Orricks unerwartetes Erscheinen drohte die Pläne des Königs schwierig zu gestalten.
Henry nahm Orricks Entschuldigung mit einem hoheitsvollen Nicken entgegen, gab Marguerites Hand frei und schritt zu seinem Thronsessel in der Mitte der langen Tafel. Sobald der König Platz genommen hatte, setzten sich auch die Gäste. Lakaien begannen, Silberschalen mit Wasser zu reichen und Tücher zu verteilen. Während Marguerite die Finger in eine Silberschale tauchte und sie anschließend trocknete, entspannte sie sich allmählich.
"Obwohl ich mit Gavins Bewertung unserer Situation nicht ganz einverstanden bin", nahm Orrick den Faden wieder auf, während er sich die Hände trocknete, "sind seine Vorschläge nicht völlig von der Hand zu weisen." Er reichte ihr einen silbernen Weinkelch. "Wie dem auch sei, es war ein großer Fehler, dich nicht nach Carlisle zu begleiten, und dafür bitte ich dich um Vergebung und für vieles mehr. Ich tue Buße, wenn wir Zeit für uns haben."
Bei seinen Worten wurde Marguerite warm ums Herz. Orrick war bei ihr und vermittelte ihr das Gefühl, zu ihr zu stehen, was auch kommen würde, darüber glaubte sie nun Gewissheit zu haben. Im Verlauf des Festbanketts wuchs ihre Sehnsucht, sich endlich mit ihrem Gemahl in ihre Gemächer zurückzuziehen und jede Unstimmigkeit zwischen ihnen zu bereinigen. Sie war so glücklich, dass sie völlig vergaß, was ihr noch bevorstand.
Einer der Diener gemahnte sie an diese Verpflichtung, ehe das Festmahl beendet war. Er trat von hinten an ihren Stuhl, um ihrem Tischnachbarn zur Rechten Wein nachzuschenken, dabei flüsterte er ihr hastig etwas ins Ohr.
"Elf Uhr, Mylady. Allein. Ein Zeichen der Wertschätzung seiner Majestät."
Marguerite bewahrte Haltung, als sie seine Hand an ihrem Schenkel spürte, dann lag ein Päckchen in ihrem Schoß. Das war die übliche Form der Aufforderung. Sie wusste, ohne es zu öffnen, was es enthielt – ein kleines Bestechungsgeschenk, ein Ring oder Armband, um sie zu beeindrucken.
Sollte Orrick etwas mitbekommen haben, ließ er sich nichts anmerken. Die endlosen Speisefolgen des Banketts wurden aufgetragen, doch Marguerite war der Appetit vergangen. Sie hatte Mühe, Orrick ihre Befürchtungen nicht zu zeigen. Schließlich sprang der König auf und verließ eilig die Tafel, eine Eigenart von ihm, worüber nur ein paar Gäste erschraken, die nicht regelmäßig mit ihm speisten.
Nachdem der Monarch die Runde so abrupt aufgehoben hatte, lockerte sich die Stimmung. Jedem Gast stand es frei, seinen eigenen Vergnügungen für den Rest des angebrochenen Abends nachzugehen. Manche blieben im Palast, widmeten sich dem Würfelspiel und anderen Zerstreuungen, andere machten einen Verdauungsspaziergang im Schlossgarten, wieder andere begaben sich in die Stadt, um dort gewissen Vergnügungen zu frönen. Carlisle hatte nicht nur eine mächtige Kathedrale, die Stadt war auch ein wichtiges Handelszentrum, und nicht wenige der vornehmen Herren zogen es vor, in zwielichtigen Spelunken galante Unterhaltung zu suchen. Selbst der König war dafür bekannt, gelegentlich ein Hurenhaus in der Stadt zu besuchen, wenn ihm danach zumute war.
Doch in dieser Nacht hatte Seine Majestät die Liebesdienerin zu sich bestellt, das war Marguerite deutlich zu verstehen gegeben worden.
24. Kapitel
"Du hattest Recht, Marguerite. Ich habe nicht an dich geglaubt."
Orrick wartete, bis sie auf dem Polsterschemel Platz genommen hatte. Dann ging er vor ihr in die Knie, nahm ihre Hand und streichelte sie zärtlich. Sie war bleich und zitterte. Er wusste, dass sie eine Botschaft erhalten hatte. "Aber nun will ich mich bemühen, dir mein Vertrauen zu beweisen. Du hast mich gebeten, dich zu begleiten. Ich bin hier."
Er setzte sich auf den Rand der Bettstatt neben sie. Sie hatte ihm so sehr gefehlt in dieser letzten qualvollen Woche. Er bedauerte zutiefst, ihr wehgetan zu haben, aber nun war er um Worte verlegen, wusste nicht, wo er anfangen sollte.
"Du
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