Auf Befehl des Königs
Schaulustigen, starr vor Entsetzen über die Grausamkeit des Burgherrn. Keiner wusste, was zu tun sei. Orrick war an einem Punkt angelangt, wo er sich nicht mehr darum kümmerte.
Ungerührt trat er den Rückweg an, drängte sich durch die Schaulustigen. Marguerite hatte immer noch Mühe, auf die Beine zu kommen, rutschte auf dem glitschigen Matsch aus, verhedderte sich in ihren mit Kot und Lehm beschmutzten Röcken, fiel wieder auf die Knie, bis sie sich endlich an einem Pfahl festhalten und aufrichten konnte. Als das Hohngelächter hinter Orrick lauter wurde, beschlich ihn ein unbehagliches Gefühl. Es war abscheulich, sie in dieser beschämenden Weise in aller Öffentlichkeit bloßzustellen, aber er hatte ihre Launen, ihren Eigensinn und ihre Boshaftigkeit zu lange geduldet und musste ihr endlich Einhalt gebieten.
Er hätte das Recht gehabt, sie körperlich zu züchtigen, um sie zum Gehorsam zu zwingen. Sogar ins Burgverlies hätte er sie stecken dürfen, bis sie zur Vernunft gekommen wäre. Ihm stand zu, jedes Mittel anzuwenden, um sie gefügig zu machen. Wahrscheinlich hätte er mit einem Bruchteil der grausamen Strafen, die sie im Haus ihres Vaters zu erdulden gehabt hatte, sein Ziel erreicht, ihren Willen zu brechen. Doch Gewalt lag Orrick fern.
Ihm lag nicht an ihrer Unterwerfung. Er wollte ihre Bereitschaft, ihre Zuneigung, und zum Teufel mit seiner Nachsicht, er wünschte, dass sie ihm den Vorzug vor Henry Plantagenet gab.
Während er zu seiner Burg stapfte, hörte er, wie Norwyn den Umherstehenden mit strenger Stimme befahl, zurück an ihre Arbeit zu gehen. Orrick weigerte sich hartnäckig, sich umzudrehen. Dann sah er zu seiner Verblüffung Ardys mit dem Jungen an der Tür ihrer Hütte. Ihr missbilligender Blick machte ihn betroffen. Er verharrte kurz und wollte sie ansprechen, doch Ardys runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
In diesem Moment hatte Marguerite ihn eingeholt und stürmte an ihm vorbei. Von allen Reaktionen, die er an ihr in der Vergangenheit kennen gelernt hatte und die er nach dieser Schmähung von ihr erwartete, war der Ausdruck tiefen Kummers in ihrem Gesicht derjenige, den er am wenigsten erwartet hatte. Die Qual ihrer Schmach zerrte an ihm, er lief ihr nach, wollte ihr helfen. Sie aber wich ihm aus, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und stapfte mit energischen Schritten weiter.
Orrick wusste, der Zeitpunkt war gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Er nahm sich vor, den König mit Godfreys Unterstützung zu ersuchen, ihn aus dieser Hölle zu entlassen. Kein Mensch hatte es verdient, so unglücklich in einer Ehe zu sein – nicht er und gewiss nicht Marguerite.
Um die Ungeheuerlichkeit der ihr zugefügten Erniedrigung irgendwie zu ertragen, hastete Marguerite halb blind durch den Burghof und suchte Zuflucht in ihrem Gemach. Die anfängliche Schadenfreude der Dorfbewohner, die beobachtet hatten, wie Orrick sie in den Schweinemist warf, legte sich rasch, und Marguerite spürte, dass alle Menschen, die Zeugen ihrer Schande waren, ahnten, dass eine Grenze überschritten worden war.
Marguerite stand wie gelähmt am Fenster und starrte ins Leere, während Edmee schweigend ein Bad für sie vorbereiten ließ. Orrick war noch nicht aus dem Dorf zurückgekehrt, und Marguerite fragte sich, ob die rothaarige Frau vor der Hütte am Dorfrand der Grund dafür war. Dass eine Beziehung zwischen der Frau und Orrick bestand, ahnte Marguerite, da ihr der Augenkontakt zwischen den beiden nicht entgangen war.
War sie Ardys, deren Name im Korridor geflüstert worden war?
Die bewusste Ardys, die vermutlich Orricks Geliebte war?
Seit jener Nacht vor Wochen hatte er keinen weiteren Versuch gemacht, sich Marguerite zärtlich zu nähern. Deshalb argwöhnte sie, dass er sich mit dieser anderen Frau vergnügte. Der blonde grünäugige Junge an ihrer Seite war vermutlich Orricks unehelicher Sohn.
Nun wusste sie wenigstens, wo er seine Zeit verbrachte, wenn sein Zimmer leer war. Würde sie diese zusätzliche Demütigung ertragen? Ihre Mutter hatte unter der Untreue ihres Gemahls gelitten und hatte die Schmach erduldet. Aber würde sie es aushalten? Nach Dominiques Brief zweifelte sie daran.
Edmee trat hinter ihre Herrin und begann, die Bänder der Tunika und des Gewandes zu lösen. Marguerite ließ es geschehen. Wie eine starre Puppe wurde sie von Edmee zum Holzzuber geführt und fand sich bald im dampfenden Wasser wieder. Die Tür wurde leise geschlossen, und sie war endlich allein.
Es
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