Auf Bewährung
akklimatisieren.«
Langsam schob Mace sich die Half-Smoke-Wurst in den Mund, kaute genüsslich und leckte sich über die Lippen. Dann tunkte sie eine Handvoll Chili-Cheese-Pommes in den Ketchup und stopfte sie sich in den Mund.
Ihr schier unglaublich zufriedener Gesichtsausdruck ließ Roy grinsen. »Wollen Sie eine Zigarette?«
»Vielleicht.«
»Knastfutter ist wirklich mies, nicht wahr?«
»Oh ja«, bestätigte Mace.
»Ich habe noch immer keine Idee, wer ein Motiv hätte haben können, Diane umzubringen«, sagte Roy.
»Haben Sie sie denn so gut gekannt?«
»Ich habe gut zwei Jahre lang mit ihr zusammengearbeitet.«
»Deshalb müssen Sie sie aber nicht wirklich gekannt haben. Waren Sie je bei ihr daheim?«
»Zweimal. Einmal im Rahmen einer Kanzleiparty vor drei Monaten, und das andere Mal kurz bevor sie in die Kanzlei eingetreten ist. Sie war für die Rekrutierung neuer Anwälte verantwortlich.«
»War das ein harter Job?«
»Nicht wirklich. Außerdem hat sie wesentlich mehr Geld gemacht als ich.«
»Sie werden doch nach Stunden bezahlt, oder?«
»Nein, so funktioniert das nicht.«
»Was meinen Sie damit?«
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich arbeite Vollzeit. Aber bei Shilling & Murdoch müssen wir die Stunden nicht aufschreiben.«
»Ich dachte, so würden Anwälte ihr Geld verdienen ... wie in den Grisham-Romanen.«
Roy schüttelte den Kopf. »Wir arbeiten auf Pauschalbasis. Unsere Mandanten sind ziemlich vermögend, und sie ziehen es so vor. Wir wissen, wie viel Arbeit auf uns zukommt, und sie wissen, was das kostet, und das zahlen sie auch. Und die Kanzlei wiederum bezahlt ihre Leute nach geleisteter Arbeit und verteilt Prämien für die Akquise neuer Mandanten. Keinerlei Überraschungen also. Und diese Pauschalen sind wesentlich effektiver, als den Mandanten das Blut auszusaugen.«
»Aber was, wenn plötzlich eine ungewöhnliche Situation eintritt?«
»Solchen Eventualitäten tragen wir in unseren Verträgen Rechnung. Dann wird einfach mehr bezahlt.«
»Prozessieren Sie auch, oder machen Sie nur Vergleiche?«
»Vergleiche. Wenn ein Fall vor Gericht geht, übergeben wir ihn an andere Kanzleien, behalten aber die Oberaufsicht.«
»Und wie viel machen Sie persönlich so?«
»Das ist privat.«
»Nun ja, wäre es öffentlich, würde ich Sie auch nicht fragen müssen.«
»Wie gesagt ... mehr, als ich wert bin.«
»Mein Vater hat immer gesagt, das Recht sei eine noble Profession.«
»Das kann es zumindest sein«, erwiderte Roy, »aber nicht für jeden.«
»Ja, ich habe ihm das auch nicht geglaubt.«
Mace aß den letzten Rest ihres Half-Smokes.
Als sie später hinausgingen, fragte Roy: »Und was werden Sie jetzt tun?«
»Heute Abend habe ich ein Vorstellungsgespräch für einen Job.«
»Und was ist das für ein Job?«
»Forschungsassistentin.«
»Sie in einem Labor mit weißem Kittel und dicker Brille? Das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.«
»Es ist nicht die Art von Forschung. Der Professor untersucht urbane Probleme, und das offenbar in Teilen der Stadt, die ich kenne ... oder zumindest habe ich sie einmal ziemlich gut gekannt.«
»Die mit Verbrechen verseuchten Teile?«
»Bingo.«
»Und wer ist dieser Professor?«
»Abraham Altman.«
»Bill Altmans Vater?«
Mace schaute ihn verwirrt an. »Wer ist denn Bill Altman?«
»Er hat als Pflichtverteidiger gearbeitet, als ich noch im Referendariat war«, antwortete Roy. »Er ist älter als ich, ungefähr fünfundvierzig. Ein guter Anwalt. Auf ihn trifft das mit der ›noblen Profession‹ wirklich zu.«
»Ich weiß nicht, ob die beiden verwandt sind«, sagte Mace.
»Abe ist ein Professor in Georgetown und von Hause aus stinkreich.«
»Dann reden wir doch vom selben Kerl. Meine Schwester hat mir erzählt, er sei Multimillionär, habe aber nicht dafür gearbeitet.«
»Das stimmt. Sie kennen ihn also?«
»Ich habe ihm mal ausgeholfen.«
»Aber Sie haben nicht gewusst, dass er reich ist?«
»Das hatte keinerlei Einfluss auf das, wobei ich ihm geholfen habe. Aber wie ist er denn nun an sein Geld gekommen?«
»Abes Eltern haben in Omaha gegenüber einem jungen Kerl gewohnt, der seine eigene Investmentfirma aufgebaut hat. Sie haben all ihr Geld bei dem Mann angelegt.«
»Omaha? Damit meinen Sie doch nicht ... oder?«
»Doch genau. Das Orakel von Omaha, Warren Buffett. Offenbar haben Abes Eltern immer mehr Geld in ihn gesteckt, bis sie die größten Anteilseigner von Berkshire Hathaway waren. Ich glaube, als sie
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