Auf Bewährung
herum.
Mace deutete geradeaus. »Schauen Sie, man kann die Scharfschützen auf dem Dach des Weißen Hauses sehen.« Sie schaute auf die Straße. »Und da unten steht ein Streifenwagen. Vermutlich nur eine Schlägerei in einer Bar.«
»Könnte auch eine Schießerei sein.«
»Wenn Schüsse fallen, kommen mindestens zwei Streifenwagen. Dann hätten wir auch Sirenen gehört. Kann natürlich auch ein Einbruchalarm sein, und das ist ja nichts.«
»Das ist nichts?«
»Geht so ein Alarm los, wird reagiert, und man macht sich auf die Suche nach der Fehlfunktion – das ist es nämlich meistens. Wenn Sie Schießereien und PCP-Zombies wollen, müssen Sie in den Sechsten oder Siebenten Bezirk fahren.«
»Sie sind ja eine wandelnde Enzyklopädie des hiesigen Verbrechens.«
»Leider ist das alles, was ich noch bin«, seufzte Mace.
»Probleme?«
»Natürlich nicht, Roy. Mein Leben ist einfach wunderbar.«
»Hm«, sagte Roy, »warum bezweifle ich das nur?«
»Ach, so komme ich bei Männern immer rüber.« Mace stand auf, beugte sich über die Brüstung und deutete nach links. »Genau da drüben habe ich meine erste Verhaftung vorgenommen. Ich durfte gerade erst allein auf die Straße. Ich habe gesehen, wie so ein Schlipsträger Koks von einem Punk gekauft hat. Wie sich herausstellte, war das ein Kongressabgeordneter, der auch noch im Drogenausschuss saß. Das war ein Schock, kann ich Ihnen sagen.«
Als sie sich wieder umdrehte, schaute Roy rasch von ihrem Hintern weg. Da war ein Tattoo, ein Kreuz, das man teilweise sehen konnte, wo Mace’ Sweater hochgerutscht war, und das ihr mit Sicherheit bis auf den Hintern reichte.
Bei dem Ding hat der Tätowierer sicher Spaß gehabt , dachte Roy.
Mace nippte an ihrem Bier und aß ein paar Nüsse. »Und? Wollen Sie nichts zu meinem Hintern sagen? Schließlich haben Sie ja lange genug draufgestarrt.«
Roy lief rot an. »Ich ... äh ... Er hat mich ziemlich sprachlos gemacht, wissen Sie?«
»Es gab da einen Gefängniswärter, der sich auch darin verguckt hat. Und ach ja ... Ein ›Du‹ reicht.«
Roy schaute ihr in die Augen. »Hat der Ihnen ... ich meine, hat der dir je was getan?«
»Sagen wir einfach, er hat die Hose anbehalten. Belassen wir es dabei.«
»Warum hast du dir ausgerechnet ein Kreuz tätowieren lassen?«, fragte Roy neugierig.
»Haben nicht alle braven, katholischen Mädchen ein Kreuz auf dem Arsch?«
»Ich weiß nicht. Ich bin noch nie mit einem braven, katholischen Mädchen ausgegangen. Vermutlich habe ich da was verpasst.«
»Ja, das hast du.«
»Weißt du«, wechselte Roy das Thema, »nach dem College habe ich mal darüber nachgedacht, auch zur Polizei zu gehen.«
»Um schnelle Autos zu fahren und wild herumzuballern?«
Roy grinste. »Woher weißt du das?«
»So ist das bei den meisten Jungs. Es gab einundvierzig Kadetten in meiner Klasse. Der Kurs dauerte sechzehn Wochen. Die Hälfte hat es nicht bis zum Schluss geschafft. Ehemalige Sportler mit Bierbäuchen haben noch nicht einmal einen Liegestütz geschafft. Aber die Akademie war ganz okay. Wir haben das Telefonbuch auswendig und unsere Stiefel zu putzen gelernt und auch ein paar Übungsszenarien gemacht. Aber wir haben nicht viel darüber gelernt, was es wirklich heißt, ein Cop zu sein.«
»Das Telefonbuch?«
»Vorschriften, Verfahren und Verhaltensregeln für Polizeibeamte. Papierkram. Dazu kam die körperliche Ausbildung. Zum Schluss durfte ich dann in Georgetown ohne Waffe und ohne konkrete Befehle zur Adventszeit auf der Einkaufsstraße patrouillieren.«
»Und was hast du da gemacht?«
»Ich bin einfach rumgelaufen. Ich habe ein paar Falschparker aufgeschrieben und Zigaretten geraucht.«
»Auf der juristischen Fakultät war es auch langweilig.«
»Ich habe am Nordende der Georgia Avenue begonnen. Die nannte man die ›Goldküste‹, weil es da ziemlich sicher war.«
»Und?«
»Und ich habe es gehasst. Ich wollte Dienstmarke und Waffe nicht, um mich sicher zu fühlen. Ich wollte sie nicht nur spazieren tragen. Ich wollte zur Crime Patrol. Die sind in der ganzen Stadt unterwegs und nicht nur in einem Radius von lausigen fünf Blocks. Die Jungs kümmern sich um die guten Sachen.«
»Also keine kleinen Drogenhändler, ja?«
»Wenn man Straßendealer einsperrt, tut man nur was für die Statistik. Crime Patrol ist hinter Einbrecherbanden her, kümmert sich um bewaffnete Raubüberfälle, um Mord und um andere richtig schwere Jungs. Da war die Action.« Sie hielt kurz inne. »Und jetzt bin
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