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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Wickmann
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dicker. Sie hat selbst während Bernds Geburt gegessen. Ihr Mann rannte im Krankenhaus zwischen Snack-Automat und Kreißsaal hin und her, um sie mit Schokoriegeln zu versorgen. Diese Frau schrie nicht vor Schmerzen, sondern vor Hunger! Seit Bernds viertem Geburtstag ist sie auf keinem Foto mehr ganz zu sehen. Wenn man das Familienalbum durchblättert, findet man nur Teilaufnahmen von ihr, je nachdem, wie weit der Fotograf weg stand, mal eine Hand, mal ein Bein … Wenn Sie jetzt denken: »Oh, wie furchtbar, die arme Frau, ihr armer Mann«, denken Sie völlig falsch. Ich verwette mein letztes Hemd darauf: Sie kennen kein Paar, das so liebevoll miteinander umgeht. Wenn es wahre Liebe gibt, dann zwischen Helga und Hartmut Breitschnabel. Bernds Vater würde seine Frau gegen keine andere eintauschen, nie und nimmer. Er lebt nur für sie und sie für ihn. Wenn einer von den beiden mal nicht mehr ist, wird der andere ihm folgen, noch bevor die Kränze auf dem Grab vertrocknet sind.

    »Wie dem auch sei. Der Verkehr hielt sich in Grenzen. Wir kamen gut durch und konnten ein bisschen von der verlorenen Zeit wettmachen. Bernds Ärger flaute ab und schaffte Platz für Traurigkeit und Sorge. Er fragte uns ständig, ob wir alles hätten. Geld? Pässe? Ob wir wissen, wo wir hinmüssen? Und ob wir sicher seien, dass wir fliegen möchten? Ja, ja, ja und noch mal ja. Was, verdammt, verstand er an diesen zwei Buchstaben nicht? Er machte mich total irre. Ich spulte im Geiste immer wieder meine Know-how-Checkliste und den Inhalt meines Koffers ab. Nach dem x-ten Mal wusste ich weder, ob ich meinen Personalausweis noch Unterwäsche zum Wechseln eingepackt hatte. Ich hatte vergessen, wie ich heiße, wo ich war und wo ich hinwollte.«
    »Er meinte es doch nur gut.«
    »Natürlich. Der gute Bernd. Im Gegensatz zu dir bin ich eben keine Fürsorge gewohnt. Mir juckte der Kopf. Ich kratzte mich so ausgiebig, dass meine Spange herausfiel. Meine Frisur war dahin. Dein Blick bestätigte es, als du dich umdrehtest. Bernd hielt direkt vor dem Eingang des Flughafens an. Er durfte da eigentlich nicht parken, deshalb ließ er den Motor laufen. Sehr schlau. Das Geratter lenkte erst recht alle Aufmerksamkeit auf uns. Du weißt ja, was die Karre für einen Krach macht. Die Leute starrten uns an. Einige zeigten mit dem Finger auf den Wagen: ›Was ist das denn?‹ Ich streckte einem Lästerer die Zunge heraus und drehte mich weg, bevor er reagieren konnte. Bernd fragte, ob er mit reinkommen solle. Es schwang so ein komischer Unterton in seiner Stimme mit. Für den Bruchteil einer Sekunde rechnete ich damit, dass er ein Ticket aus der Brusttasche zog und uns mit seiner Begleitung überraschte. Aber es war mein Traum, unsere Couchtour, und ich hatte ihm weltweites Flughafen- und Flugzeugverbot auferlegt. Also nein.
    Unser Publikum beinhaltete alle Generationen, und je länger die Kiste knatterte, desto mehr Leute gesellten sich dazu. Ich beschwor euch, es kurz zu machen, und massierte mir unterdessen wieder Leben in die Beine. Küsschen hier, Küsschen da und zum Schluss eine innige Umarmung, die mich ausschloss. Du bist ausgestiegen und hast draußen deine Hosenbeine glatt gestrichen. Ich wollte auch raus, aber Bernd hielt mich fest und rang mir das Versprechen ab, gut auf dich aufzupassen.«
    »Oh je, da hatte er sich ja genau die Richtige gepackt.
Wenn der wüsste … und wie bist du aus der Nummer rausgekommen? «
    »Na, wie schon? Ich hab gelogen und ihm dabei in die Augen geschaut. Ich werde immer besser. Es war eine Notlüge. Ich habe ihm gegeben, was er brauchte, um sich zu beruhigen. Dafür sind Engel da. Ich hab es für dich getan, sonst wären wir ihn nie losgeworden.«
    »Du wirst eines Tages deinen Meister finden, hoffentlich, bevor du dich um Kopf und Kragen schwindelst!«
    »Vielleicht. Aber nicht heute Abend.«

Nichts wie weg
    »Bernd lud unser Gepäck aus. Jemand rief ihm zu, er dürfe hier nicht parken, was Bernd lediglich mit einem stoischen Nicken zur Kenntnis nahm. Als endlich der letzte Koffer auf dem Bürgersteig stand, spitzte er schon wieder die Lippen. Oh Mann! Ihr hattet euch doch bereits verabschiedet, wie oft denn noch? Ich verdrehte die Augen und wollte mich gerade abwenden, da drückte er den Schmatzer tatsächlich mir auf die Wange. Stell dir das vor! ›Danke‹, hauchte er mir ins Ohr und quetschte meine Hand, damit es mir im Gedächtnis blieb. Jetzt fühlte ich mich mies. Zufrieden?«
    »Ja.« Charline prostet mir zu und

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